FANWORK > Fanfiction > Anne Azel - Egyptain Encounter Teil 4

Disclaimer: Die Charaktere von Xena und Gabrielle sind Eigentum von Universal und Renaissance Pictures. Es sind keine Copyrightverletzungen beabsichtigt.
Dank: Ich bin erfreut, dass so vielen von euch die Serie zu gefallen scheint. Eure Kommentare sind sehr freundlich und sehr willkommen. Besonderen Dank an Lisa und Inga, meine geduldigen und hart arbeitenden Betareaderinnen. So, wie die Geschichten angelegt sind, ist es am besten, man liest sie in der richtigen Reihenfolge.
Warnung: Diese Geschichten gehört zu den 'alternativen' FF. Bitte lest sie nicht, wenn ihr nicht das entsprechende Alter habt oder wenn solches Material an eurem Ende der Welt nicht legal ist.
Besondere Warnung: Die Einleitung der Geschichte basiert auf den Ereignissen vom November 1997 in Deir el-Bahari, Ägypten, wo 58 Ägypter und Touristen bei einem grausamen Terroranschlag ums Leben kamen. Einige der Leser könnten die Einleitung beunruhigend finden und möchten sie vielleicht lieber überspringen.

Anmerkung von jany_: Folgende Geschichte ist geistiges Eigentum von Anne Azel. Copyright zur Übersetzung liegt bei jany_. Kopien zur privaten Lektüre stehen frei, solange sämtliche Disclaimer erhalten bleiben. Veröffentlichung jeglicher Art, wie z.B. im Netz, erfordern jedoch die Zustimmung der Übersetzerin.
Feedback: ist jederzeit unter jany_@online.de willkommen.
Copyright © 2008 jany_

Egyptain Encounter

By
Anne Azel

a_azel@hotmail.com

Übersetzung von jany_

Teil 4
Will lag auf dem schlammigen Uferstreifen und versuchte nicht zu sehr darüber nachzudenken, was sie gerade getan hatte. Indem sie Cheops wieder einmal geholfen hatte, hatte sie den letzten Faden durchtrennt, welcher das Stück Stoff, das ihre Wunden so vorsichtig bedeckte, an seinem Platz hielt. Sie fragte sich, was nun ihren Ärger und ihre Gewalttätigkeit davon abhalten sollte, nach außen zu dringen.
Sie lag für kurze Zeit ruhig da und versuchte ihre verbliebene Kraft zu bündeln. Unsicher wankend, richtete sie sich schließlich, an dem steilen Nilufer auf. Nachdem sich das Schwindelgefühl gelegt hatte, beugte sie sich hinunter, um der halb bewusslosen Archäologin auf zu helfen. "Komm Malone. Wir müssen los."
"In Ordnung, ich komme", stöhnte Cheops, die sich zur Unterstützung schwer gegen Will lehnte. Gemeinsam taumelten sie die Böschung hinauf. Dann folgten sie dem Weg, der am Flussufer entlang zu einem kleinen Gehöft führte, hinter welchem sich armselige Getreidefelder erstreckten.
"Warum?", fragte Cheops und blickte dabei in das schlanke, harte Gesicht, welches vom Mondlicht in helle und dunkle Flächen unterteilt wurde.
"Warum was?", entgegnete Will gleichgültig, während sie sich nach Lichtern umsah, welche auf bewohnte Behausungen hindeuten würden. In einiger Entfernung konnte sie das Flackern eines Feuers durch die Büsche erkennen.
"Warum hast du mich nicht ertrinken lassen?" fragte Cheops, sich bewusst, dass diese Antwort den Unterschied in ihrer und Wills Zukunft ausmachen konnte. Sie hielt den Atem an und wartete auf die Antwort, die ihr verraten würde, was in Wills Gehirn vorging.
"Also, hör zu. Wir müssen dort hinunter", sagte Will und deutete auf das Licht in der Ferne. "Ich werde dich Huckepack nehmen, aber du musst mich auf dem Weg halten, da es sein könnte, dass ich den Kurs verliere."
Ihr seit Tagen durch die ganzen Spannungen geladenes Temperament schoss in Cheops hoch. "Verdammt noch mal Will! Warum?", schrie sie, während sie die erschöpfte Soldatin am Arm packte, um sie zu sich herum zu drehen.
"Weil ich es nicht konnte! Das ist der Grund!", schrie Willy ihr ins Gesicht. Dann fügte sie sanft hinzu: "Weil ich nicht konnte. Ich... ich... liebe dich immer noch." Cheops stöhnte erleichtert auf und wickelte sich in Wills Arme. Will küsste die kleinere Frau sanft auf den Kopf.
Nach einigen Minuten schob sie Cheops behutsam von sich. Mit Mühe beugte sie ihre schmerzenden Knie und erlaubte Cheops sich um sie zu wickeln. Dann wand sie ihre langen Arme um Cheops Beine und stand auf. "Halt dich gut fest, falls ich los lasse", warnte die Kriegerin.
"Will?"
"Hmmm", kam die grummelige Antwort.
"Ich liebe dich auch immer noch", gestand Cheops, sanft in das schwarze Haar weinend, in das sie ihr Gesicht vergraben hatte.
Will ging den Pfad hinauf, ihr Kiefer vor Anstrengung gespannt. Cheops versuchte sich so wenig wie möglich zu bewegen. Sie realisierte, dass dieser Gang der Kriegerin physisch und mental alles abverlangte.
"Erzähl mir etwas historisches", kam nach einigen Minuten der Stille überraschend die Aufforderung.
"Was?!", fragte Cheops und blickte auf.
"Du weißt schon... dein Zeug. Ahh... ich mag es irgendwie. Es wird mich von dem Marsch ablenken... und von anderen Dingen."
"Du magst es?", fragte Cheops sanft, während sie ihren Kopf erneut gegen Willys nasses Haar lehnte.
"Ja."
"Also gut. Königin Cleopatra wollte sich mit dem römischen General Mark Anton treffen, welcher Alexandria erobert hatte. Sie hat ihm mehrere Einladungen für eine Unterredung geschickt, aber er hat sie alle ignoriert. Sie war eine sehr intelligente und fähige Frau. Daher wusste sie, dass sie sich mit Mark Anton verbünden musste, um Ägypten zu retten. Sie war zwar als Ägypterin geboren, gehörte aber einer anderen Rasse an. Ihre Familie kam eigentlich aus Mazedonien."
"Eine Landsmännin! Unglaublich."
"Sie war auch keine dunkle, exotische Schönheit. Sie war klein, dick und blond!"
"Hey ich dachte, sie soll wie Elizabeth Taylor ausgesehen haben!"
"Ich fürchte, dem war nicht so", antwortete Cheops lachend, erfreut darüber, dass das alte, vertraute Geplänkel seinen Weg in ihre Unterhaltung zurück gefunden hatte.
"Nun, das ist betrüblich!"
"Hey! Du liebst kleine Blonde!", knurrte Cheops zum Spaß, während sie Will anstieß.
Wills augenblickliche Reaktion war Ärger. Dann nahm sie sich zurück. Sie hatte Cheops aus Liebe nicht getötet. Cheops schien ihr durch die Stichelei eine weitere Möglichkeit zu bieten, ihre Liebe auszudrücken. Würde sie sich trauen diese zu nutzen? Wollte sie versuchen ihr Leben mit Cheops wieder aufzubauen? Ja, sie wollte. "Oh ja, jetzt erinnere ich mich!"
"Und dass du es ja nicht vergisst, Kyrtsakas!", befahl Cheops mit mehr Vertrauen in der Stimme, als sie eigentlich fühlte. Für eine Sekunde, hatte sie geglaubt, dass Will sie fallen lassen würde. "Wo war ich? Ah ja, sie entschloss sich dann, ihm einen teuren persischen Teppich als Geschenk überbringen zu lassen. Der Teppich wurde bei ihm abgeliefert, ausgerollt und heraus kam Cleopatra!"
"Ein echtes Teppichluder", murrte Will.
"Willy", rief Cheops entsetzt.
"Was denn?", verteidigte sich die Kriegerin schwach. Okay Will, benimm dich, Cheops mag dieses schmutzige Gerede nicht. Heb dir das für die Baracken auf.
"Was denn?", wiederholte Cheops entrüstet, bevor sie lachte. "Nun, sie hatte eine heiße Affäre mit Cäsar gehabt, aus der mehrere Kinder hervor gegangen waren. Das war bevor sie sich buchstäblich vor Mark Antons Füße geworfen hat. Und davor war sie mit ihrem Bruder, dem König von Ägypten, verheiratet, aber dieser war verstorben.
"Hmm, hat Mark Anton ihr Angebot denn angenommen?"
"Oh ja, es war eine heiße Affäre! Sie war charmant, reich, mächtig und nicht zu vergessen sehr, sehr schlau."
"Ah eine Zweckgemeinschaft!"
"Genau. Als sie bei der Seeschlacht um Actium gesehen hat, dass Mark Anton verlieren würde, hat sie ihn abserviert und ist mit ihren Schiffen nach Hause zurückgekehrt."
"Nicht nett!"
"In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt", verkündete Cheops fröhlich.
"Das werde ich mir merken", bemerkte Will trocken, wobei sich ihre Unsicherheit erneut zeigte. Flirtete Cheops nur mit ihr, um ihr Leben zu retten, oder fühlte sie wirklich noch etwas für Will? Cheops erkannte die Unsicherheit in Wills Ton und beeilte sich ihr zu versichern: "Nicht. Das war damals, wir sind jetzt. Keine Spiele Will, nur Liebe."
Stille, dann kam leise: "Ich bin erleichtert... Also hat sie aus Reue Selbstmord begangen?"
Cheops lachte. "Das hättest du wohl gern! Sie hat nur einfach mitgekriegt, dass sie zu alt und zu müde war, um einen weiteren Römer zu verführen. Sie wusste, dass sie ihren Thron verlieren würde, also ist sie auf diese Weise zurückgetreten. Sie hat sich von einer Giftschlange beißen lassen."
"Hmm, dann war also Mark Antons Herz gebrochen, nachdem er es heraus fand und er beschloss, es Romeo gleich zu tun."
"Will du bist so naiv! Er war wütend, dass Cleo ihn im Stich gelassen hat und ist ihr gefolgt, nur um heraus zu finden, dass sie ihm zuvor gekommen war. Ohne Ägyptens Unterstützung konnte er einpacken. Er wusste, dass ihm die Römer furchtbares antun würden. Also ist er auf sein Schwert gefallen."
"Nur Politik", lallte Will, während sie ein wenig stolperte.
"Ich fürchte ja. ...Liebling du steuerst aufs Gebüsch zu, geh nach rechts", dirigierte Cheops, während sie Will liebevoll umarmte. "Wäre es dir lieber, wenn ich laufe? Ich schaffe das."
"Nein, es geht mir gut."
Will war erstaunlich, dachte Cheops, während sie sich ihren Weg die dreckige Straße hinunter bahnten. All das, was sie emotional durchgemacht hatte und die Folter die sie ertragen hatte und dennoch zeigte sie diese erstaunliche Selbstbeherrschung, welche es ihr ermöglichte Cheops zu vergeben und zu helfen. Ja, auch Cheops hatte eine Menge durchgestanden, aber sie hatte Freunde, die sie unterstützten und sie war in der Lage über ihren Schmerz zu reden. Will hatte alles in sich hinein gefressen und hatte allein mit den verletzten Gefühlen und der Bitterkeit klar kommen müssen.
"Ok. Wir sind fast an dem Bauernhof", keuchte Willy.
"Dann lass mich jetzt runter, Liebling."
"Genau. - Wie hast du mich genannt?"
"Liebling", antwortete Cheops verlegen.
"Ich habe versucht dich zu töten."
"Nein. Hast du nicht. Hättest du es versucht, hättest du es geschafft. Du hast darüber nachgedacht, aber du hast deine Meinung geändert."
Cheops zögerte, bevor sie schuldbewusst hinzufügte: "Ich habe dich verhaften lassen."
Will stand leicht schwankend auf. "Du hast das richtige getan. Du hättest es früher tun sollen. Dennoch", fuhr sie mit einem Lächeln fort, "werde ich es dich niemals vergessen lassen, Malone!"
"Na gut. - Wie hast du mich eben genannt?"
"Malone. Das ist ein Kosename", antwortete Will über den schwarzen Nil hinaus blickend.
Cheops reichte hinauf und ergriff ihr Kinn, so dass sie Wills Gesicht zu sich hin drehen konnte. "Gut", flüsterte sie sanft.
Will nahm die schmutzige, nasse Frau in den Arm und spürte die Welle der Erleichterung und Liebe durch sich hindurch strömen. Sie kämpfte, um ihr müdes Gehirn dazu zu bewegen, ihre Gefühle auszudrücken. "Du riechst."
"Du auch. Siehst du. Schon finden wir wieder Gemeinsamkeiten."
Will lachte schwach und legte einen unterstützenden Arm um Cheops. "Komm, lass uns losgehen und einem Bauern eine Geschichte liefern, die er seinen Nachbarn erzählen kann."
Sie hatten tatsächlich einem armen, ortsansässigen Farmer Material für viele abendliche Geschichten geliefert. Will war durch die Eingangstür gestürzt, nachdem diese von einer ängstlichen Frau geöffnet worden war. Die erschrockene Frau hatte geschrien, zweifellos der Meinung, dass ein Baum auf sie herunter fallen würde. Cheops Ankunft war nicht wesentlich besser. Sie stolperte gegen die panische Frau, als sie versuchte mit ihrer durchnässten Prothese um Wills Körper herum zu manövrieren.
"Wir brauchen Hilfe", erklärte Cheops auf Englisch, da sie in ihrer Sorge um Will vergaß, ägyptisch zu reden. Sie kniete sich ungeschickt neben Will. "Wir müssen zu einem Arzt. Wir sind von einem Touristenboot gefallen und meine Freundin ist sehr krank. Können sie uns zu einem Arzt bringen?"
Die Frau blickte ihren Mann mit weiten Augen an und dieser nickte. "Ich werde meinen Wagen holen. Ihr braucht euch keine Sorgen machen. Ich bin Mohammed Hassan und ich werde euch zur Klinik fahren", kam die Antwort in gebrochenem Englisch.
"Danke Mohammed Hassan, wir sind wirklich dankbar. Möge Allah euer Haus segnen", antwortete Cheops weiterhin in englischer Sprache, um ihm zu zeigen, dass sie seine Sprachkenntnisse achtete. Sie benutzte allerdings die korrekten ägyptischen Sprachgebräuche auf die angebotene Freundlichkeit.
Sanft strich sie das nasskalte Haar aus Wills Gesicht. Träge blaue Augen versuchten sich auf sie zu fokussieren. "Ich werde dich töten", lallte Will.
Cheops berührte mit ihren Fingerspitzen Wills Lippen. "Nein, wirst du nicht. Erinnere dich. Du hast mich aus der Höhle und dem Fluss gerettet."
Wills Augen schlossen sich für einen Moment, nachdem sie realisierte, was sie gerade gesagt hatte. Dann öffneten sie sich erneut. "Es tut mir Leid, Malone."
"Es ist schon ok."
"Es geht mir nicht gut. Sei vorsichtig", murmelte Will.
"Bin ich", versicherte Cheops ihr, obwohl ihre Angst vor Will verschwunden war. Sie wusste nun, dass die Liebe in Wills Seele zurückgekehrt war und dass diese sie nie wieder vorsätzlich verletzen würde. Sie barg Wills Kopf in ihrem Schoß und legte ihre kleine Hand um Wills große, warme Handfläche. 'Ich liebe dich Will', dachte sie.
Die Wagenfahrt war holprig und die Nacht kalt. Der Bauer hatte etwas Heu auf den Wagen gestreut, was aber nur wenig gegen die Kälte und die unbequeme Sitzfläche ausrichten konnte. Im Vergleich dazu, Will erst einmal auf den Wagen zu bekommen, war die Fahrt selbst jedoch problemlos verlaufen. Die Frau verfiel langsam ins Delirium. Sie hatte ein Paar Mal ziellos nach Cheops und dem Ägypter geschlagen und Hassans ziemlich hervorstehender Nase einen linken Haken verpasst! Sie hatten es letztendlich geschafft Will zu überzeugen, dass sie in Ruhe würde schlafen können, wenn sie auf den Wagen kletterte.
Es waren fast zwei Stunden vergangen, bevor der Wagen endlich vor der Klinik hielt.
Cheops bekam dies nur am Rande mit. Erschöpfung trübte ihre Wahrnehmung und sie fühlte langsam starke Bauchschmerzen. Sie hatte in ihrer Panik Nilwasser geschluckt. Nachdem in den letzten viertausend Jahren sämtliche Abfälle in den Nil gekippt worden waren, enthielt dieser nun gefährlich viele Bakterien!
Der Ägypter hielt den Esel an und sprang von seinem Wagen. Er ging zur Tür, klopfte laut und schrie in seinem gebrochenen Englisch, um all jene zu beeindrucken, die ihn hören und verstehen konnten: "Doktor, Doktor sie aufwachen bitte! Touristen sind diese Nacht vom Touristenschiff gefallen und fast ertrunken! Doktor kommen sie schnell. Dies sind englische Touristen, welche von Allah in ihre Obhut gegeben wurden. Wenn sie sterben wird die Regierung sehr böse auf sie sein!"
Hätte Cheops noch etwas Energie übrig gehabt, hätte sie über die Theatralik des Farmers gelacht. Überall in dem kleinen Dorf gingen Lichter an und tauchten Köpfe in den Fenstern auf.
Der Farmer appellierte nun an die Menge: "Sie sind englische Touristen, die von dem großen Touristenboot gefallen sind. Ich denke die eine da ist tot!", verkündete er, während er auf Wills schlafenden Körper deutete.
"Sei still, Mohammed Hassan!", schalt der müde Doktor, der sein Hemd zuknöpfte, während er heraus kam, um in den Wagen zu sehen. "Du könntest mit deinem Geschrei die Toten wecken. Besorge ein Paar Männer. Ich werde sie brauchen, um diese da herein zu tragen", befahl der Arzt, während er sich ein Bild von der Situation machte. "Können sie laufen?", fragte er, während er sich zu Cheops umdrehte.
"Ja, aber nicht gut. Ich habe eine Beinprothese, die sehr stark gerieben hat. Wir haben sehr viel Nilwasser geschluckt und beginnen die Auswirkungen zu spüren. Meine... Meine Freundin hat noch andere Probleme, von denen ich ihnen drinnen erzählen werde. Gehen sie vorsichtig mit ihr um. Sie kann gewalttätig werden."
"Allah beschütze uns. Ja, die große englische Frau denkt, sie sei Lawrence von Arabien!", rief Hassan, welcher den Schlag, den Will ihm versetzt hatte, noch in Erinnerung hatte. Mittlerweile war die Luft mit ägyptischen Stimmen gefüllt. Lange dünne Arme halfen Cheops hinunter und in die Klinik. Flüche und Schwüre drangen an ihr Ohr, während die Männer damit kämpften, die halluzinierende Will auf die Trage und in die Klinik zu bekommen.
"Allah hat uns eine englische Teufelin geschickt, um unseren Glauben zu prüfen!", ertönte Hassans Stimme über den anderen, woraufhin Cheops ein schwaches Lachen gelang. Junge, wie Recht er hatte!
Mit großem Geschrei und Durcheinander wurde die nun ohnmächtige Kriegerin herein gebracht und auf den Untersuchungstisch gelegt. Nachdem er sich bedankt hatte, scheuchte der Arzt die Menge hinaus. Dann drehte er sich um und kehrte zu Cheops zurück. "Können Sie mir erklären, was geschehen ist?", fragte er, bevor er nach seinem Stethoskop griff, um Will zu untersuchen.
"Ja. Wir sind vom offenen Rückdeck des Touristenschiffes gestoßen worden. Meine Freundin hat mir das Leben gerettet, indem sie mich an Land gezogen hat. Aber sie ist krank. Sie hat eine Terrorzelle infiltriert, wobei sie erwischt und für lange Zeit gefangen gehalten wurde. Sie haben sie mit Drogen betäubt und gefoltert, um sie dazu zu bringen, die Namen der anderen Agenten zu verraten. Sie hat sie nicht verraten, aber einen schrecklichen Preis für ihr Schweigen gezahlt. Wenn sie ausgeruht ist, geht es ihr gut, aber wenn sie müde oder aufgebracht ist, kann sie gewalttätig werden."
Der Doktor nickte und drehte sich zu Cheops herum, um sie anzulächeln. "Das habe ich gesehen", sagte er lächelnd. "Ich bin Doktor Hamada Khaled. Ihre Freundin hat einen erstaunlich starken und gleichmäßigen Herzschlag. Wie fühlen Sie sich?"
"Ich habe Bauchschmerzen", beklagte sich Cheops.
"Ich werde Sie beide Impfen und Ihnen etwas gegen die Bauchschmerzen geben. Dennoch denke ich, dass es Ihnen morgen sehr schlecht gehen wird. Übermorgen werden Sie sich aber besser fühlen. "Das Beste wird sein", fuhr der Arzt fort, während er zu Wills reglosem Körper hinüber blickte, "wenn wir diese Frau festbinden bevor sie wieder erwacht."
Cheops biss sich auf die Lippe. Sie war sich nicht sicher, wie Will damit klar kommen würde, festgebunden zu sein. Andererseits hatte Will sie selbst gewarnt vorsichtig zu sein. "In Ordnung, aber ich muss bei ihr bleiben, so dass sie weiß, dass alles in Ordnung ist."
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Cheops war so krank, dass sie dachte, sie würde sterben. Dann ging es ihr noch schlechter und sie hoffte, dass sie sterben würde, nur um von ihrem Elend befreit zu sein. Zwischen den Anfällen ihres Unwohlseins war sie in der Lage, ihre Reiseagentur und Inge anzurufen, um diese wissen zu lassen, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchten. Sie bat die Agentur das Schiff zu kontaktieren, wenn es in Edfu vor Anker ging. Die meiste Zeit blieb sie bei Will.
Will war nach einigen Stunden erwacht und total ausgeflippt, nachdem sie bemerkte, dass sie fest gebunden war. Cheops hatte alles versucht, um sie zu beruhigen, aber die Frau war nicht ansprechbar. Schließlich, als der Doktor den Raum verließ, um ein Beruhigungsmittel für Will zu holen, hatte Cheops Wills Gesicht fest mit beiden Händen gepackt und sie geküsst. Wills Augen weiteten sich für einen Moment und Erkenntnis flackerte in ihnen auf.
"Hör mir zu Will. Die Drogen sind sehr schlimm. Ich möchte, dass du dich daran erinnerst, dass du mich liebst und dass ich dich auch liebe ok? Halte dich einfach an diesem Gedanken fest. Er wird dich zu mir zurückführen. Ich liebe dich und du liebst mich."
"Ich liebe dich", murmelte Will, als sie endlich ruhig einschlief. Der Doktor kehrte zurück und sah mit großem Erstaunen, wie Cheops die Hand der schlafenden Kriegerin hielt.
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Das Schiff ähnelte am Morgen nach dem Vorfall einer Gerüchteküche. Was war über Nacht mit Cheops geschehen? Gab es eine Verbindung zwischen Cheops Verschwinden und dem von Will? Die Reisegruppe war ziemlich erschüttert, konnte wegen der Sprachbarriere jedoch kaum Informationen aus der Mannschaft herausbekommen.
Aaron Scott sah misstrauisch zu seinem Sohn, welcher an diesem Morgen gut gelaunt seine eigenen Theorien bezüglich des Geschehenen beisteuerte. Keiner seiner Vorschläge war sehr glaubwürdig. Die meisten Gruppenmitglieder neigten dazu ihn zu ignorierten. Aber Aaron tat dies nicht. Er beobachtete mit Entsetzen, wie Bob immer wieder nervös seinen Daumen gegen die Fingerspitzen rieb. Außerdem bemerkte er sein makaberes Grinsen.
Er kannte diese Zeichen. Er hatte sie oft genug gesehen. Als sich die Gelegenheit bot, nahm er Bill zur Seite.
"Kann ich mit Ihnen reden?", fragte Aaron uncharakteristisch zögerlich.
"Natürlich", antwortete Bill, welcher Aarons Ton bemerkte und automatisch zu einer professionellen Haltung wechselte, während sich sein Blick verfinsterte.
Aaron blickte über den Nil hinaus. Sein Kehlkopf arbeitete, aber es dauerte eine Weile bis sich Worte formten. Als er endlich sprach, war es als ob er seine Gedanken mit dem Fluss teilen würde.
"Bob musste schon immer seinen Willen durchsetzen, selbst als Kleinkind. Er wollte immer das, was er nicht haben konnte. Und wenn seine Bemühungen erfolglos blieben, fing er an zu zetern. Es war süß, als er ein Kleinkind war. Später haben seine Mutter und ich alles versucht. Wir haben ihn in Therapie gegeben, als die ersten Vorfälle passierten. Er hat Sachen aus Rache zerstört, erzählte er. E... e... es war erschreckend. Hat mich auch viel Geld gekostet. Sie wissen schon, um die Schäden zu bezahlen. Ich dachte, dass er sich gebessert hätte. Seit dem Tod seiner Mutter im letzten Herbst gab es keine Zwischenfälle. Ich dachte mir, dass wir uns auf dieser Reise vielleicht wieder besser kennen lernen könnten." Tränen rannen ungehindert Aarons Gesicht hinunter, aber er schluckte und fuhr fort. "Diese verrückte Frau, Will, hat gesagt, dass Bob Cheops belästigt hat und dass er sich von ihr fern halten soll. Ich habe ihr nicht geglaubt. Gott! Bill ich glaube er hat Cheops getötet!", heulte Aaron und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Bills Hand zitterte, als er Aaron auf die Schulter klopfte. "Ganz ruhig Aaron. Sie haben das Richtige getan. Ich denke, wir sollten die Polizei von unseren Bedenken in Kenntnis setzen. Dann werden wir sehen, was ihr Sohn der Polizei gegenüber sagt. Sie wissen, dass ich alles tun werde, um ihnen zu helfen."
Der alte Mann ergriff Bills Hand. "Danke, danke sehr. Ich kann ihn nicht weiter sein Unwesen treiben lassen! Mein Gott, was, wenn er sie getötet hat! Er hat etwas getan. Ich erkenne das an seinem Verhalten, seiner Stimmung und seinen Gesten."
"Nun, lassen sie uns nicht gleich das Schlimmste annehmen. Es könnte ein kleineres Vergehen sein, wenn es überhaupt eins ist. Wir können das hoffentlich klären, ohne dass jemand verletzt wird", versicherte Bill.
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Der Kommissar war nicht sehr glücklich. Zuerst hatte er einen Anruf erhalten, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass zwei Touristen von einem Boot gestoßen worden waren und sich nun in einer örtlichen Klinik befanden. Danach war ein weiter Anruf eingegangen, bei dem er erfuhr, dass die bekannte Archäologin Cheops Malone während ihrer Tour verschwunden war. Und zuletzt wollte ein amerikanischer Anwalt mit ihm über eine delikate Angelegenheit bezüglich dieses Verschwindens reden. Er fürchtete, dass es kein angenehmer Tag werden würde.
Er rutschte vom Sitz der Kutsche herunter, welche ihn zum Hafen von Edfu gebracht hatte. Pferd und Wagen waren in dieser Stadt immer noch das bevorzugte Fortbewegungsmittel. Die Touristen liebten diese Attraktion, die Kutscher konnten ihre feinen arabischen Pferde züchten und trainieren, wie sie es seit Jahrhunderten taten und die Einwohner hatten ein günstiges Transportmittel. Normalerweise hätte er eine Fahrt am Nil entlang genossen, aber diese ganze Angelegenheit hinterließ einen schlechten Geschmack in seinem Mund.
Das letzte was Ägypten brauchte, war ein negativer Zwischenfall mit Touristen! Er wusste, dass ihm der Minister für Tourismus noch vor Tagesende im Nacken sitzen würde! Immerhin schien es diesmal kein Mord zu sein. Dennoch hatte er heute Morgen zu Allah gebetet, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit nicht um einen missglückten Terroranschlag handelte.
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Am nächsten Morgen lag eine sehr schwache, bleiche Kriegerin im kühlen Sand unter einem Olivenbaum neben einer ebenso wackeligen Archäologin, die mit ihrem Rücken an einem Baumstamm lehnte. Die Riemen ihres künstlichen Beines hingen auf einer Wäscheleine und Cheops war damit beschäftigt, die Kunststoffteile der Prothese mit einem Lappen zu trocknen. Eine unbehagliche Stille hing zwischen ihnen.
Cheops hatte ihr Hosenbein absichtlich hochgekrempelt, so dass der Stumpf sichtbar war. Sie musste Will zeigen, was sie erwartete, damit diese sich bei dem Versuch, die Beziehung zwischen ihnen wieder aufzubauen, nicht unwohl fühlte. Es war eine Sache, eine leicht humpelnde Geliebte zu haben, aber es war eine andere ein halbes Bein zu sehen, welches sich wie eine sonderbare Lebensform bewegte. Cheops wollte nicht den Ekel in Wills Augen sehen und beschäftigte sich daher weiter mit der Prothese.
Will für ihren Teil sah Cheops fasziniert zu. Sie wollte hinüber greifen und Cheops auf sich ziehen. Sie wusste, dass sie dies in der Öffentlichkeit nicht tun konnte und war sich auch nicht sicher, ob Cheops ihre Berührung begrüßen würde. Sie hatten geflirtet und von Liebe geredet nachdem sie das Ufer erreicht hatten, aber sie hatten unter Schock gestanden und waren nicht sie selbst gewesen. Zur Hölle, sie waren beinahe ertrunken, da sie Cheops geschlagen und ihren leblosen Körper beinahe in den Nil geworfen hatte!
Will merkte, wie sie errötete. Sie hatte ziemlich seltsame Gedanken gehabt. Sie fühlte sich immer noch nicht gut, aber irgendwie schien diese furchtbare Wut nicht mehr an ihr zu nagen. Sie war durch Schuldgefühle ersetzt worden. Sie hatte Cheops fürchterlich behandelt. Sie als Ziel für ihren Ärger und ihr Gefühl von Nutzlosigkeit benutzt. Sie war der Kopf der Antiterrororganisation und nicht einmal in der Lage, ihren eigenen Sohn zu beschützen. Will schloss ihre Augen und drängte den Schmerz zurück.
"Ahhh Malone, wegen uns", begann Willy, sich bewusst, dass sie Cheops eine Erklärung schuldete und ihren albernen Stolz einfach hinunter schlucken musste.
Cheops Hand erstarrte. Oh Gott! Jetzt kommts! Sie versucht mir auf nette Art zu erklären, dass ich abstoßend bin!
"Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich mir bewusst bin, dass ich dich schlecht behandelt habe. Ahhh, ich... Ich brauchte jemanden, auf den ich die Schuld abwälzen konnte, ich kam einfach nicht damit klar, dass ich nicht fähig war die Kinder zu beschützen... Dann die Drogen und das ganze Zeug... Ich war wirklich total durcheinander... bin es immer noch, denke ich. Ich... Ich... Ahh, vergiss es!"
Cheops blickte über die öden Sanddünen und ängstigte sich immer noch davor Will anzusehen. "Was soll ich vergessen?"
Stille.
"Ich wollte sagen... ich meine... letzte Nacht habe ich erkannt... Ich liebe dich", brachte Willy letztendlich heraus. "Nein sag nichts", fuhr Willy eilig fort, als sich Cheops zu ihr umdrehte, "Ich weiß, dass ich deine Liebe nicht verdiene. Ich verstehe, dass du mich dazu bringen wolltest, an meinem Hass vorbei zu sehen. Ich..."
"Ich liebe dich."
"Ich werde nicht... Was?!", rief Willy, während sie sich umdrehte, um Cheops in die Augen zu sehen.
"Du hast mich manchmal ganz schön verärgert Will. Und ich denke, es wird Zeit brauchen, bis wir das Vertrauen von damals wieder aufgebaut haben, aber ich möchte es versuchen, da ich nie aufgehört habe dich zu lieben."
"Cheops..." Will konnte sich gerade noch beherrschen die andere Frau in den Arm zu nehmen und zu küssen. Sie blickte sich verlegen um bevor sie fortfuhr: "Das freut mich wirklich", endete sie mit einem albernen Lächeln.
Cheops lachte. "Ich habe hier gesessen und mich davor gefürchtet, dass du mich nicht wollen könntest... ich meine... du bist körperlich sehr fit und aktiv... ich dachte, wenn du mein Bein siehst..."
"Nein!! Nein es ändert nichts daran, wer du bist Cheops." Doch als sie Cheops auf den Stumpf hinunter blicken sah, erkannte sie, dass sich für Cheops alles verändert hatte. Sie reichte hinüber und streichelte das verletzte Bein beruhigend. "Wenn das überhaupt möglich ist, ist mein Respekt für dich eher noch gewachsen. Im Gegensatz zu mir hast du dich allem gestellt und weiter gemacht."
Cheops zeichnete mit den Fingern Muster in den Sand. "Ich habe es auch nicht getan. Danach... war ich lange Zeit depressiv. Inge hat mir durch die dunklen Nächte geholfen und meine Arbeit hier für mich gemacht. Sonst hätte ich wahrscheinlich meinen Job verloren."
Will wurde noch blasser. "Du und sie... ihr... ich meine..."
"Nein! -- Will, es kann außer dir niemanden geben. Weißt du das denn nicht!"
"Ich meine ich würde verstehen... Ich... ich... Oh Gott ist mir schlecht."
Cheops reichte hinüber und legte ihre Hand auf Wills. "Nein Inge ist nur eine gute Freundin."
Will lächelte schwach. "Okay."
"Könntest du mir einen Gefallen tun?"
"Sicher."
"Ich glaube, die Riemen sind trocken. Könntest du sie für mich holen, so dass ich das Ding wieder zusammensetzen kann. Wenn du dich dazu in der Lage fühlst, sollten wir nach Edfu fliegen und uns wieder der Touristengruppe anschließen. Ich habe ein ernstes Wort mit Bob Scott zu wechseln!"
Will stand auf und sah zu Cheops hinunter. "Du weißt, dass ich ihn am liebsten töten würde."
"Ja, aber kannst du mich das bitte auf meine Art klären lassen? Ich möchte dich nicht für die nächsten 25 Jahre im Gefängnis besuchen müssen!"
"Sicher. Aber ich werde direkt hinter dir stehen und darauf warten, ihm seinen kleinen Schädel einzuschlagen, falls du es wünscht!", stimmte Will zu, bevor sie zu der Leine hinüber ging, um die Riemen abzunehmen. Cheops sah ihr dabei zu. Verdammt, aber sie liebte diese Frau!
Als Will zurückkehrte, nahm sie der überraschten Cheops das künstliche Bein ab. Es war eine komplexe Konstruktion. Der Kunststoffknöchel war ein echtes Kugelgelenk, welches Flexibilität zuließ und dennoch für Stabilität sorgte. Der obere Teil war extra an Cheops Bein angepasst worden. Sie beugte sich nach vorn und küsste den Stumpf sanft. "Okay erklär mir, wie es zusammen gebaut wird."
Cheops sah unbehaglich und verlegen aus. "Ich kann es selbst tun Will", protestierte sie.
"Nein", antwortete Will scharf. "W... Wenn wir versuchen wollen unsere Beziehung wieder aufzubauen, musst du mich auch mit deiner Behinderung klar kommen lassen. Okay?"
Cheops nickte und zwinkerte, um die Tränen zu vertreiben. "Diese Polsterung führt am oberen Rand entlang, um scheuern zu vermeiden." Will schob das Polster an die richtige Stelle und zog es vorsichtig gerade. Dann blickte sie für die nächste Anweisung zu Cheops auf. "Jetzt müssen diese gepolsterten Lederriemen durch die Schlitze an den beiden flachen Armen, die an den Seiten nach oben gehen, gezogen werden. Sie verringern die seitlichen Bewegungen meines Beines im Schaft und helfen dabei, die Prothese an meinem Bein zu fixieren."
Will brachte die Riemen in Position. Dann wollte Cheops nach der fertigen Prothese greifen. "Nein", sagte Willy bestimmt. Cheops leckte sich fahrig die Lippen, lehnte sich jedoch zurück und erlaubte Will die Prothese an ihrem Stumpf zu befestigen. Nachdem Will damit fertig war, fuhr sie mit den Fingern über den Kunststoff und dann die Innenseite von Cheops Bein entlang bis übers Knie, wofür sie mit einem sanften Schnurren belohnt wurde.
Sie lehnte sich zurück und sah zu Cheops. "Du erregst mich, durch das, was du bist und dem, was du hier drinnen mit mir anstellst", flüsterte Willy, während sie auf ihr Herz klopfte. Sie lächelte. "Ich würde dir ja gerne hier und jetzt beweisen, wie ernst ich das meine, wenn das ginge!"
"Danke Willy", antwortete Cheops mit vor Emotion zitterndem Kinn. "Ich werde dein Versprechen ganz sicher später einfordern."
Will rollte Cheops Hosenbein herunter. "Verlass dich darauf", sagte sie selbstsicher und blickte in Cheops wunderschöne Augen.
**********
Cheops und Will erreichten Edfu am späten Nachmittag. Ein Pferdewagen brachte sie von der kleinen Landebahn zur Anlegestelle. Beide Frauen waren bei der Landung müde gewesen und hatten all ihre Energiereserven verbraucht. Aber die Fahrt durch die alten Straßen, bei der sie heimlich Händchen hielten, hatte sie wieder belebt und ihre Sinne mit der majestätischen Schönheit Ägyptens gefüllt.
Am Dock angekommen, sprang Will herunter und reichte hinauf, um Cheops auf den Boden zu heben. Cheops nahm die unebenen Treppen, welche vom Flussufer zur Schiffsrampe hinunter führten als Anlass, sich weiterhin an Will fest zu halten. Sie waren noch nicht richtig auf dem Schiff angekommen, als sie von den Laytons und Brants umarmt wurden.
"Cheops! Sie haben uns weiß Gott einen ernsthaften Schrecken eingejagt! Schätzchen, tun sie so etwas nie wieder", befahl Betty, während sie Cheops fest umarmte, nachdem Jean sie losgelassen hatte.
Will wurde von Abe umarmt und gleichzeitig von Bill auf den Rücken geklopft. "Verdammt gut Sie zu sehen, Major! Wusste, dass sie zurückkommen würden!", klopfte Bill glücklich.
"Das schreit nach Happy Hour!", schlug Jean vor. "Ich würde vorschlagen, dass wir in die Lounge hinauf gehen und ich bestehe darauf, die Teile der Geschichte zu hören, die wir noch nicht kennen!"
"Dem stimme ich voll zu!", sang Bill.
Cheops blickte zu Will und sagte leise: "Wir müssen vorher mit den Scotts reden." Die Gruppe wurde still und sah zu Bill Brant hinüber, welcher die unangenehme Situation bisher gemanagt hatte. "Es hat hier einige erstaunliche Entwicklungen gegeben, während Sie weg waren, meine Damen. Wenn Sie unsere Einladung annehmen, werden Sie denke ich feststellen, dass wir Ihnen eine ebenso erstaunliche Geschichte erzählen können."
Die Gruppe saß in bequemen Stühlen um einen mit Snacks und Gläsern beladenen Kaffeetisch. Die altmodischen Feluken des Nils zogen während der Unterhaltung am Fenster vorbei. Cheops hatte den gespannten Zuhörern ihre Geschichte erzählt und Will dabei ernsthaft in Verlegenheit gebracht. Danach war Bill an der Reihe gewesen. Der Polizeikommissar war hart aber gerecht mit Bob umgegangen, erzählte er. "Es war ehrlich gesagt nicht sonderlich schwer, den Jungen zum reden zu bringen. Er war ziemlich stolz darauf, wie er sich an Ihnen beiden gerächt hatte, weil Sie ihm solchen Ärger bereitet haben. Am schwersten war es für Aaron. Aber ich denke er hat jetzt endlich akzeptiert, dass sein Sohn schwer gestört ist und ist bereit ihn zur Behandlung einweisen zu lassen."
"Der nächste Schritt liegt bei Ihnen meine Damen. Der Inspektor wird morgen herkommen, um zu sehen, ob Sie Anzeige erstatten wollen. Sollte dies der Fall sein, wird Bob angeklagt und hier eingesperrt. Anderenfalls wird Aaron ihn mit nach Hause nehmen und einweisen lassen."
Cheops blickte in eisblaue Augen auf. "Will ich möchte Aaron nicht noch mehr verletzen, als er ohnehin schon ist. Bob ist für seine Taten nicht verantwortlich."
Will nickte. "Ich stimme dir zu."
Die Gruppe entspannte sich und nach weiteren Drinks begann Cheops Geschichten von Zusammenstößen mit Mumien zu erzählen, woraufhin alle lachen mussten. Will, die nichts trinken durfte, schlürfte ihren Kaffee und freute sich endlich daheim zu sein.
******
Eine blonde Frau stand im Schatten des verflochtenen Blattwerkes und sah zu dem alten, zerbrochenen Grab. Sie war sich nicht sicher, wie sie hierher gelangt war, aber sie wusste, dass dies der richtige Ort war. Die Türkei war weit entfernt von Tallahasse, Florida und dennoch hatte sie das Gefühl nach Hause gekommen zu sein.
"Kann ich Ihnen helfen?", fragte eine tiefe, melodische Stimme mit einem leichten, lyrischen Akzent. Robin schnappte überrascht nach Luft, bevor sie beim Anblick der Frau, die Joanna so ähnlich sah, fast in Ohnmacht fiel.
Die Frau machte einen Schritt nach vorn und ergriff Robins Unterarm. "Geht es Ihnen nicht gut?"
Robins Mund bewegte sich für einige Sekunden, ohne dass ein Ton heraus kam. Die große, ausländische Frau wartete geduldig. "E...es tut mir Leid. Sie haben mich erschreckt! Sie sehen aus, wie eine frühere Bekannte, nur dass Joanne schwarz war", schwafelte Robin, während sie versuchte sich wieder zu sammeln.
Eine Augenbraue wanderte in die Höhe, genau so wie Joanne es getan hatte. "Meinen sie Joanne Tsakiris?"
"Sie kennen Joanne? Sind sie verwandt?", fragte Robin total überrascht.
"Nein ich kenne Joanne Tsakiris nicht. Aber ich vermute, dass wir eine gemeinsame Vorfahrin haben. Ich weiß, dass sie von Schwarzen abstammt, sie haben einen amerikanischen Akzent und haben gesagt, dass ihre Freundin schwarz ist. Daher habe ich angenommen, dass sie von Joanna Tsakiris gesprochen haben. Mir wurde schon oft gesagt, dass wir uns ähnlich sehen. Da sie den Friedensnobelpreis gewonnen hat, ist sie eine sehr berühmte Persönlichkeit. Ihr Bild war in der Zeitung."
"Oh."
"Dies hier ist mein Grundstück. Ich bin General Gunnul Dedemann. Sie sind hier, weil das Grab nach ihnen gerufen hat oder?"
Robin blickte sie überrascht an. "Ja.... Ja das ist der Grund! Es ruft nach mir. Ich... Ich bin irgendwie hier gelandet. Es ist schwer zu erklären."
"Es gibt keinen Grund für Erklärungen, sie sind nicht die Erste, die her gekommen ist. Diejenigen die Anteil an dieser Geschichte haben, scheinen hier her gerufen zu werden. Es gab eine Krise", erklärte Gunnul, während sie das entzweite Grab traurig berührte. "Aber das Schlimmste ist bereits überstanden. Das Grab zerbricht nicht weiter. Bitte kommen Sie mit zu unserem Haus, damit ich Ihnen meine Partnerin Jamie vorstellen kann. Es gibt vieles, über das wir mit Ihnen reden möchten."
Robin nickte stumm und folgte der großen Türkin durch das Unterholz hinaus in einen wunderschön gepflegten Garten. Gemeinsam gingen sie auf ein prächtiges Haus zu, welches von den Torosbergen und dem Mittelmeer umrahmt wurde.
Jamie saß auf der riesigen Steinterrasse und arbeitete an dem Laptop, den ihr Gunnul zum Geburtstag geschenkt hatte. Gunnul verwöhnte sie fürchterlich! Selbst nach all der Zeit, hatte Gunnul immer noch Angst, dass ihre dunkle Seite Jamie vergraulen könnte.
Jamie musste ihrer Geliebten immer wieder versichern, dass sie sich nicht vor ihrer seltsamen Stärke und Befähigungen fürchtete. Tatsächlich faszinierte Jamie der Kontrast zwischen Gunnuls gewalttätiger Seele und ihrem fürsorglichen Wesen.
Jamie zuckte zusammen, als sich von hinten lange Arme um sie legten und Gunnul sich herunter beugte, um sie auf den Kopf zu küssen. "Jamie, ich habe noch eine von uns gefunden", sagte sie ernst. Als Jamie aufblickte, hatte sie beinahe das Gefühl, sie würde in einen Spiegel sehen. "Das ist Robin Bradley aus Tallahassee, Florida. Sie kennt Joanne Tsakiris", erklärte Gunnul.
Jamie stand auf und griff nach ihrer Krücke. "Herzlich willkommen Robin! Ich wette, dass wir eine ziemliche Überraschung für Sie sind! Setzen Sie sich und ich werde Sie angemessen willkommen heißen."
Gunnul sprach mit Robin still über die Türkei bis Jamie mit einer Kristallflasche mit Zitronenwasser zurückkehrte. "Als ich das erste Mal in die Türkei gekommen bin, hat mich Gunnul auf diese traditionelle Weise empfangen. Halten Sie die Hände auf. Dies ist Zitronenöl. Man verreibt es auf Händen und Gesicht, um sich nach der Reise zu erfrischen."
Gunnul saß voller Stolz daneben und schaute mit einem Kloß im Hals zu. Jamie war in den letzten zwei Jahren in jeder Hinsicht zu ihrer Partnerin geworden. Sie teilten eine Tochter, ein Bett und ein riesiges Geschäftsimperium. Aber Jamie hatte in der Vergangenheit nie die Rolle der Gastgeberin übernommen. Wann immer sie Gäste bewirteten, blieb sie ruhig im Hintergrund.
Das hatte Gunnul beunruhigt. Sah Jamie das gemeinsame Zuhause nicht auch als ihr eigenes? Wenn sie sich nicht als Hausherrin sah, würde sie eines Tages vielleicht wieder verschwinden? Auch, wenn es nur eine Kleinigkeit war, hatte es Gunnuls Unsicherheit im Stillen verstärkt. Diese Ängste waren in letzter Zeit durch die Geschehnisse mit dem Grab wieder aufgekommen. Heute war Jamie zum ersten Mal die Gastgeberin und nahm ihre Rolle in Gunnuls Augen mit wunderschönem Anmut und Charme wahr.
Ein Diener hatte einen Wagen heraus gerollt und Jamie hatte Robin davon türkische Köstlichkeiten angeboten, an denen sie ihren Gaumen erfreuen konnte. Jetzt humpelte sie an die Seite ihrer Geliebten und bot ihr ebenfalls eine der süßen Geleeköstlichkeiten an. Sie blickte in die blauen Augen, welche vor Freude und Stolz funkelten. Sie spürte augenblicklich, was Gunnul fühlte.
'Oh Gunnul! Das war sehr wichtig für dich oder? Und ich habe es nie bemerkt! Du musstest sehen, dass auch ich die Gäste in unserem Heim empfange.' Jamie reichte herüber und drückte Gunnuls Arm, bevor sie sich zu dem Wagen drehte, um den kleinen traditionellen Ofen aus Messing anzuheizen, auf dem der türkische Kaffee bereitet wurde. Sie gelobte an diesem Abend mit Gunnul zu reden, während sie in ihren Armen lag.
Aber jetzt musste sie sich auf ihre Aufgabe konzentrieren. Der dickflüssige, gekochte Kaffee musste genau richtig bereitet werden, mit viel Schaum obenauf und einer reichen, süßen Konsistenz. Sie bereitete der Tradition entsprechend jede Tasse einzeln zu und bediente Robin zuerst. Zum Zeichen ihrer Liebe bereitete sie Gunnuls Kaffee besonders süß. Die Geste entging ihrer Geliebten nicht, da sie nachdem sie einen Schluck getrunken hatte erfreut lächelte.
Die drei Frauen saßen auf Sofas und sahen auf das blaue Meer hinaus. "Joanne und du, seid ihr Seelenverwandte?", fragte Gunnul gerade heraus, wie es ihre Art war.
Robins Hände zitterten, während sie die kleine Tasse fest hielt. "Nein. Ich war ein Straßenkind, das sie bei sich aufgenommen hat. Ich war fünfzehn. Joanne war damals zweiundzwanzig und hatte gerade ihre Doktorarbeit geschrieben. Sie ist phänomenal, wissen Sie."
Gunnul wandte sich fragend zu ihrer Partnerin. "Sie meint, dass Joanne Tsakiris eine erstaunliche Person ist", erklärte Jamie. Gunnul neigte dazu alle Aussagen wörtlich zu nehmen. Obwohl ihr Englisch ausgezeichnet war, hatte sie manchmal Schwierigkeiten Redensarten zu durchschauen.
Gunnul nickte verstehend und setzte ihre Befragung fort. "Ihr seid nicht zusammen?"
Robin schnaubte und stellte die Tasse auf den Tisch, bevor sie ihren zitternden Hände entglitt. "Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Ich war ein kriminelles Kind. Ich... ich... habe Drogen genommen und jeden, der sie für mich kaufte... Joanne... Es war Winter... Wir haben damals in Chicago gelebt. Joanne hat mir später erzählt, dass..."
Die Scheibenwischer konnten die schweren Schneeflocken nur schwer vom Fenster fern halten. Joanna hatte bereits zweimal angehalten, um im wirbelnden Wind die Schneeberge zu entfernen. Diese hatten sich am Rand ihrer Windschutzscheibe gebildet, wodurch ihr Sichtfenster immer kleiner geworden war. Es war eine höllische Nacht und sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie so lange in der Universitätsbibliothek gearbeitet hatte.
Sie wollte so schnell wie möglich nach Hause, nicht wegen sich selbst, sondern wegen dem Kind, das im hinteren Teil der Garage ihrer Eltern schlief. Sie wohnte bereits seit einigen Wochen dort. Genau genommen seitdem das Wetter kalt und ungemütlich geworden war. Sie kam nach Einbruch der Dunkelheit und verschwand am frühen Morgen. Sie schlief zusammengerollt unter einigen Kartons, welche Joanne vergessen hatte zu entsorgen. Wären Joannes Eltern da gewesen, hätten sie die Polizei gerufen und die Landstreicherin entfernen lassen. Aber ihre Eltern waren auf einer Kreuzfahrt, weshalb Joanne den Eindringling ignoriert und die Pappkartons in der Garage gelassen hatte. In den letzten Wochen hatte sie einige Äpfel in der hinteren Ecke und einige alte Decken im Regal hinterlassen, welche das kleine Mädchen benutzen konnte. Das blonde, verwahrloste Kind sah halb verhungert aus.
An diesem Abend herrschte eine grausame Kälte und Joanna machte sich sorgen um ihre unauffällige Garagenbewohnerin. Glücklicherweise hatte der Gartenservice die Zufahrt gekehrt, auch wenn sich der Schnee bereits wieder sammelte.
Sie fuhr die lange Gasse hinauf zur Garage, welche sich hinter dem Haus der Tsakiris befand. Die Garage war eigentlich eine große Remise, die den heutigen Standards entsprechend umgebaut worden war. Erst als sie davor anhielt, stellte sie fest, dass der Gartenservice die Garage gewissenhaft abgeschlossen hatte, bevor er gegangen war.
Joanna hatte eine Taschenlampe genommen und überall nachgesehen, aber keines der Fenster war eingeschlagen. Das Straßenkind war nicht da. Joan suchte nach Fußspuren, konnte jedoch keine finden. Wenn das Kind wirklich gekommen war, waren seine Fußspuren schon lange zugeschneit. Erst später, als sie am Küchenfenster stand und ihren Golden Retriever, Nugget, dabei beobachtete, wie er im Neuschnee seine Kreise zog, fand sie das Mädchen. Nugget hatte plötzlich inne gehalten, unter den tief hängenden Zweigen der Blautanne geschnüffelt und dann lautstark angefangen zu bellen.
Joanna war sofort aus der Tür gestürmt. Die plötzliche Beklemmung in ihrem Herzen, hatte ihr versichert, dass es der Teenager sein musste. Sie war bewusstlos und zu einer kleinen Kugel zusammen gerollt, wie ein Wildtierbaby. Joanne hatte sie vorsichtig hochgehoben und ins Haus getragen.

"Ab da hat sie für mich gesorgt. Sie hat mir Kleidung gekauft, ein Zimmer und etwas zu essen gegeben. Sie ist sogar mit mir ins Kino gegangen und so. Sie... sie war eine echte Freundin", beendete Robin, während Tränen ihr Gesicht herunter rannen.
"Was ist passiert?", fragte Jamie, während sie den Arm ihres Ebenbildes berührte.
Robins Kopf sank beschämt nach unten. "Ich hatte ohne Joannes Wissen Drogen in ihrem Auto versteckt. Sie wurde angehalten und verhaftet. Ihre Eltern mussten nach Hause fliegen. Wissen sie, das sind einflussreiche Leute der Gesellschaft. Es war ein furchtbarer Skandal. Ich bin zur Polizei gegangen und habe gestanden, wie ich die Remise genutzt habe... um Geld für Drogen zu besorgen."
"Sie waren eine Prostituierte?", fragte Gunnul unverblümt.
Robin wurde tiefrot und starrte ihre Hände an. "Ich habe, wann immer er es wollte, mit dem Mann geschlafen, der mir Drogen besorgt hat. Joanne war mit im Zimmer, als ich meine Aussage gemacht habe. Es war entsetzlich."
Für einige Minuten saßen sie still da und gaben Robin Zeit sich zu sammeln. Gunnuls Kiefer arbeitete aufgebracht und Jamie blickte ihr in die Augen, um ihre Seelengefährtin still darum zu bitten, nicht ihr Temperament zu verlieren. Gunnul war eine treue Muslima und erwartete auch von anderen Leuten, dass sie nach ihren hohen Standards lebten. Außerdem war es für Gunnul schwer, da sie sich natürlich mit Joanna, ihrer Doppelgängerin, identifizierte.
Gunnuls eisblauen Augen schmolzen ein wenig. "Was ist danach passiert?", fragte sie sanft.
"Ich musste für sechs Monate ins Gefängnis und habe Joanne nie wieder gesehen. Diesen Winter sind es 10 Jahre... Ich habe sie nie vergessen, mir nie vergeben."
"Nehmen sie immer noch Drogen?"
"Nein! Ich habe sie nie wieder angerührt. Das ist das Mindeste, was ich Joanne schulde. Ich bin wieder zur Schule gegangen und habe im Anschluss daran als Journalistin bei einer kleinen Zeitung in Florida angefangen. Vor kurzem habe ich einen Roman veröffentlicht, welcher sich gut verkauft. Ich habe damit genug Geld verdient, um hier her kommen zu können."
"Wie heißt ihr Roman?", fragte Jamie interessiert, während sie versuchte Robin von ihrem Schmerz abzulenken.
"Das Karussell."
"Sie sind R.R. Bradly?! Wir haben diesen ausgezeichneten Roman gelesen. Er war diese Woche auf der Bestsellerliste!"
Robin nickte und sah auf die See hinaus. "Ich bin zu einem Reisebüro gegangen und als ich die Broschüre über die Türkei gesehen habe, wusste ich, dass ich hier eine Antwort finden würde. Also bin ich her gekommen und habe seit meiner Ankunft nach etwas gesucht, bis ich heute Morgen hier gelandet bin. Erzählen sie mir, was hier vor sich geht. Warum kann ich Joanne nicht loslassen?", flehte Robin, während sie die beiden Frauen ansah, dessen Leben diese spezielle Bindung reflektierte, auf welche sie in der Zeit mit Joanne einen kurzen Blick hatte werfen können.
"Wir haben bereits verzweifelt versucht, eine Antwort auf diese Frage zu entdecken", erklärte Gunnul. "Wir haben diskrete Erkundigungen eingeholt, Anzeigen geschaltet, mit allen geredet, die eine Frau die Anderen nannte und die örtliche Geschichte unter die Lupe genommen."
"Das Grab gehört einer Kriegerin und einer Bardin", führte Jamie die Geschichte fort. "Sie sind zusammen gereist und haben für die Gerechtigkeit gekämpft, in der Zeit in der dieses Land zu Griechenland gehörte. Es scheint Nachkommen von diesem erstaunlichen Paar zu geben, welche dieselben eindeutigen Charaktere besitzen. Meine Gunnul und Ihre Joanne kommen nach der Kriegerin. Sie und ich besitzen die Eigenschaften der Bardin. Bis jetzt haben wir 6 Paare und zwei Singles ausgemacht, welche Teil dieses genetischen Netzes zu sein scheinen."
"Aber was bedeutet das?", fragte Robin.
"Wir sind uns nicht sicher. Eine der Frauen, mit denen wir geredet haben, war sich sicher, dass das Ursprungspaar nicht wirklich menschlich war; dass sie mit den griechischen Göttern verwand sein mussten!", lachte Jamie, während die anderen lächelten. "Wir wissen jedoch, dass diese in ihrer Beziehung eine Krise meistern mussten. Zu dieser Zeit hat das Grab begonnen auseinander zu fallen und immer mehr Involvierte wurden von ihm angelockt."
"Wir glauben", sagte Gunnul, "dass das Grab Energie aus unserer Liebe schöpft, um denen in der Vergangenheit irgendwie zu helfen. Das könnte für uns alle sehr bedeutend werden. Können wir existieren, wenn die sonderbare Beziehung des Ursprungspaares nicht fortbesteht? Wir scheinen Teil einer Schleife im Raum-Zeit-Kontinuum zu sein."
Jamie nickte und übernahm die Geschichte erneut. "Zwei bedeutsame Sachen haben sich in den letzten 24 Stunden ereignet. Das Grab hat aufgehört auseinanderzubröckeln und Sie sind hier erschienen."
"Bin ich etwas Besonderes?!"
"Nun. Sie sind nicht gelähmt und haben heute keinen Kontakt zu Drogen. Das macht sie einzigartig. Ich denke, dass sie die Verbindung zu der Zeit nach der Krise sein könnten. Zu dem Teil, in dem das ursprüngliche Paar aufgehört hat sich gegenseitig zu verletzten. Als die Verwirrungen, Lügen und Missverständnisse, die zwischen ihnen existieren, geklärt wurden.
"Alle anderen Paare, mit denen wir in Kontakt getreten sind, setzten sich aus einer gelähmten Bardin und einer Kriegerin, die in irgendeiner Form mit Drogen zu tun hatte, zusammen. Irgendwie muss das, was auch immer in der Vergangenheit mit der Bardin geschah, für die Verletzungen der heutigen Charaktere verantwortlich sein. Ich denke, dass die Bardin großen Schmerz erfahren hat."
Es war Gunnul, die die Erklärung fortführte: "Wir denken, dass die Kriegerin sehr verwirrt war und dass sie unkluge Entscheidungen getroffen hat. Das ist der Grund dafür, dass so viele der Kriegerinnen in Dinge verwickelt waren, die..." Da Jamie wusste, wie sehr es Gunnul schmerzte, im Dienst ihres Landes so viele Leben genommen zu haben, ergriff sie deren Hand.
"....sie bedauern."
"Aber Ihre Geschichte ist anders. Wir denken, dass es sehr wichtig ist, dass sie mit Joanne Kontakt aufnehmen", sagte Jamie, die Unterhaltung erneut aufgreifend. "Das Grab hat Sie gerufen, demnach müssen Sie ein Teil des Geschehens sein, um dem Stammpaar zu helfen. Wissen Sie, wo Sie Joanne finden können?"
Robin nickte und ihre Augen füllten sich mit Erwartung und Schwere, während sie auf das Meer hinausblickte.
"Ja, sie ist als amerikanische Botschafterin in Peru."
***************
Will ging auf und ab, während Cheops in ägyptischer Sprache telefonierte. Cheops sah sehr ernst aus und unterhielt sich nun schon eine ganze Weile. Sie sprach mit der Agentur, welche sich um Amand und Zahi kümmerte. Will ging weiter auf und ab. Endlich legte Cheops auf und sah zu ihr herüber. "Nun, würdest du bei mir bleiben, um mir dabei zu helfen zwei Kinder großzuziehen?", fragte sie.
"Ja!", jubelte Will, wobei sie ihren Kopf zurückwarf und die Augen schloss. Dann blickte sie zu der kleinen, tapferen Frau, die auf der anderen Seite des Raumes stand, bevor sie zu ihr hinüber ging und sie sanft umarmte.
"Du bist wundervoll. Ich weiß gar nicht, womit ich diese zweite Chance verdient habe. Ich bin wirklich gesegnet."
Die beiden Frauen küssten sich zärtlich und standen für lange Zeit eng umschlungen da. Dann gingen sie auf die Suche nach der Touristengruppe.
Am späten Nachmittag setzten sie die Tour fort. Cheops fuhr mit ihnen zu dem imposanten Horustempel, in dem die grübelnde, schwarze Steinstatue des Falkengottes zu sehen war. Die riesigen Steindecken des Gebäudes waren immer noch in gutem Zustand und sein kühler, schattiger Innenraum beherbergte gewaltige Wandgemälde und Steinsäulen.
Als sie wieder auf dem Schiff ankamen, wartete eine Nachricht auf Cheops, in der stand, dass sie das Weisenhaus wegen Amand und Zahi anrufen sollte.
Bill und Abe saßen an der Bar und tranken Bier, während sie über Baseball redeten. Die beiden Frauen hatten sich ans andere Ende des Schiffes begeben, um sich den Sonnenuntergang über dem Nil anzusehen, während sie darauf warteten, dass Cheops ihnen Neuigkeiten über die Kinder brachte.
"Ähm Betty, wir in Salt Lake City sind ziemlich konservativ und ich höre mich jetzt wahrscheinlich ziemlich töricht an, aber Bill meinte, dass er Cheops und Will... nun ähm... für lesbisch hält", brachte Jean holprig heraus.
Betty lachte laut auf. "Ich denke, dass sie zwei Frauen sind, die sich sehr innig lieben!
In New York sieht man so was sehr oft."
Jean errötete und sah weg. "Ich habe noch nie welche getroffen. Sie sind beide sehr nett. Ich wurde in dem Glauben erzogen, es sei Sünde und pervers, aber ich denke nicht, dass es an mir ist, das zu beurteilen. Sie scheinen glücklich zu sein und ich würde sie gerne jederzeit als Gäste empfangen. Obwohl ich weiß Gott keine Ahnung habe, was die Nachbarn darüber sagen würden!"
Betty gluckste zufrieden und tätschelte die Hand der verwirrten Frau. "Leben und leben lassen, sage ich immer. Ich finde es immer bedauerlich, dass Homosexuelle aufgrund ihrer Gepflogenheiten im Bett abgestempelt werden. Ich meine, mich hat noch keiner danach befragt, was ich und Abe in unserem Schlafzimmer machen."
"Betty!"
"Na ist doch wahr! Jean, ich empfehle ihnen, nicht über ihr Liebesleben zu spekulieren und einfach ihre Gesellschaft zu genießen, wie sie es mit jedem anderen Paar auch tun würden. Die beiden sind ein außergewöhnliches Paar."
"Aber Betty, was ist mit den Kindern?!"
"Ginge es ihnen halb verhungert im Laderaum eines Schiffes besser?! Welches Kind denkt denn, dass seine Eltern Sex haben?!"
Jean lachte und vergrub ihr gerötetes Gesicht in ihren Händen, bevor sie zu Betty aufschaute. "Betty, Sie rücken die Sache wirklich ins rechte Licht! Ich bin mir sicher, dass meine Eltern niemals Sex hatten!"
"Meine auch nicht, unsere ganze Generation muss adoptiert sein!" Die beiden Frauen lachten, bevor sie Cheops und Will näher kommen sahen. Sie gingen zur Bar hinüber, wo die beiden Frauen mit ihren Männern zusammen standen.
"Ich werde die Kinder adoptieren können", verkündete Cheops glücklich.
Jean trat vor und umarmte Cheops und Will, bevor die anderen es ihr gleich taten.
"Das sind wundervolle Nachrichten!", rief Jean. "Sie beide werden wundervolle Eltern für Amand und Zahi sein."
Über Wills Schulter hinweg, sah Bill überrascht auf seine konservative Frau. Will blickte auf Cheops herunter, bevor sie beschützend ihren Arm um sie legte, wobei auf ihrem Gesicht deutlich erkennbar war, wie sehr sie die Archäologin liebte. Bill sah, wie Röte den Nacken seiner Frau hinaufwanderte und lächelte; neue emanzipierte Gedanken waren eine Sache, aber alte Gewohnheiten waren schwer tot zu kriegen!
Nach einer lauten, lustigen Feier sagten Cheops und Will gute Nacht und gingen Hand in Hand zu ihrer Kabine zurück.
Es war schon komisch, dachte Cheops, während sie versuchte beschäftigt auszusehen, indem sie Ordnung schaffte. Sie waren doch schon Geliebte gewesen und dennoch fühlte sie sich genauso verlegen und unsicher, wie ein Mädchen bei seiner aller ersten Verabredung. Lange Arme legten sich um sie und Will flüsterte sanft in ihr Ohr. "Ich bin deine Seelengefährtin Malone. Glaube mir, ich werde dir künftig eine bessere Partnerin sein, das weiß ich. Kannst du nur so lange geduldig mit mir sein, bis die Drogen aus meinem Körper verschwunden sind?"
Cheops drehte sich um und vertraute darauf, dass Will sie halten würde, falls sie die Balance verlor. Für eine Sekunde blickte sie tief in diese kraftvollen Augen, bevor sie sanft Wills Kopf zu sich herunterzog, um sie leidenschaftlich zu küssen. Einige Minuten später ließ sie Will lang genug los, um die Kette abzunehmen, die sie um den Hals trug. Will schossen Gefühlstränen in die Augen, als sie erkannte, dass der Ring, den sie Cheops in den schönen Wochen vor zwei Jahren gegeben hatte, daran befestigt war. Cheops löste ihn von der Kette und legte ihn in Wills Hand. Anschließend hielt sie ihre eigene so hin, dass die Kriegerin den Ring wieder auf ihren Finger schieben konnte.
Will ergriff sanft Cheops Hand und schob den einfachen Goldring an seinen Platz. "Ich liebe dich, wie der starke Wind, der das schwache Schilf umspielt. Bitte erweise mir die Ehre und sei für den Rest unseres Lebens meine Seelengefährtin", flüsterte Will, während sie Cheops Hand emporhob, um sie zu küssen.
"Du bist der Fluss, der durch mein Land und mein Herz fließt, meine Kriegerin", antwortete Cheops, während Tränen über ihr Gesicht rannen. Sie verbrachten die Nacht in den Armen der anderen und entdeckten die Magie, die sie verband erneut. In den frühen Morgenstunden sanken sie, endlich in erschöpften Schlaf. Im Osten ging langsam die Sonne auf und füllte den Wüstenhimmel mit Licht. Die östliche Seite des Nils. Die Seite des Lebens.
Tausende Meilen entfernt, wuchsen die Risse in einem alten Grab langsam zusammen. Der Wind blies sanft durch das Blätterwerk und in der Luft lag der süße Duft von Gewürzen und sonnengetrockneten Kräutern.

Ende