FANWORK > Fanfiction > Elaine Sutherland - Lao Ma's Kuß Teil 4

Disclaimer: Siehe Teil 1

Lao Ma's Kuß

Von Elaine Sutherland
Übersetzung von Xenina


Ich hatte mir das alles anders vorgestellt. Ich trachtete danach, Dir die Weisheit von Wu Wei oder den Trost der Leere beizubringen. Aber unser süßester Augenblick war voller Bewegung. Wir waren Yin und Yang, drehten uns in der Luft, dem Universum des Mikrokosmos. Während dieser kurzen Momente drehten wir uns im Tao und es war Deine unbändige Freude gewesen, die uns so weit gebracht hatte.
Du machtest einen Purzelbaum und wirbeltest dann in meine Arme. Wir wussten von Liebe ohne Verlangen und waren so leicht, dass wir in der Luft schwebten. Ich kam zu Dir und fühlte Deinen Geist mit meinem verschmelzen; Du dehntest Dich aus und ich kreiste um Dich. Wir tanzten einen Spiraltanz und für einen ganz kurzen Moment waren wir eins.

Und dann kam Borias in den Raum und Du stürztest aus dem Paradies. Der Zorn, der plötzlich in Dir explodierte brach den Zauber und Du fielst zu Boden, kochend vor Wut.

Vorbei, alles war vorbei. Augenblicklich.

Ich hätte Dir erzählen sollen, dass ich nach Borias geschickt hatte. Aber das war Tage zuvor gewesen, kurz nachdem wir auf der "Großen Mauer" gestanden hatten. Du sagtest damals, dass Du nicht bei mir in China bleiben wollest und so suchte ich nach einem anderen Weg um Dich glücklich zu machen. Ich wollte Dich mit Borias aussöhnen, ein Bündnis mit den Nomaden und Ming Tzu schließen und für Borias einen Platz am Hof finden. Es war ein verlockender Plan: Dich mit ihm zusammen sein zu lassen und Dich trotzdem nicht zu verlieren.

Ich hatte jedoch nicht damit gerechnet, mit welcher Macht Du mich begehrtest, nicht damit, dass Du mich zu Deinen eigenen Bedingungen in Anspruch nehmen würdest und auch nicht mit dem unerwarteten Zusammentreffen zweier großer Kräfte - Deiner und meiner - wie zwei Wasserstrahle die zusammen stoßen und in der Luft hängen. Aber durch die Schwere von Borias waren wir wieder zur Erde zurückgekehrt. Schlimmer noch, Du begannst, ihn mit Deinen Fäusten zu bearbeiten obgleich seine Verbrechen nicht größer gewesen waren als die Deinen. Nachdem ich euch getrennt hatte, sagte ich euch, es sei notwendig, dass ihr euch versöhnt und verließ euch wie streitende Kinder.

Als ich eine Stunde später zurückkam, erkannte ich Dich nicht wieder.

Du und Borias, ihr beide habt gegrinst wie Teufel. Glaubtest Du etwa ich hätte nicht gewusst dass Du Dich mit ihm auf meinem Fußboden gepaart hast? Und das so kurz nachdem Du mich besessen hattest. So hattest Du meine Welt wieder verlassen, Xena. Du warst wieder wild geworden.

Du erklärtest Dich damit einverstanden, Ming Tzu eine Entschuldigung anzubieten, ihn sein Gesicht wahren zu lassen aber nicht, weil Du die Weisheit eines solchen Vorgehens erkanntest. Ich fürchtete, Dich ihm gegenüber zu stellen und hätte nach diesen Befürchtungen handeln sollen, sah die Rachlust in Deinen Augen jedoch nicht.
Ein weiteres Rad drehte sich. Wie töricht von Dir, vorzuschlagen mit ihm zu spielen nur weil Du -oder ich- die Würfel kontrollieren konntest. Wie töricht von mir, es zu erlauben. Obwohl Du gewonnen hast, verlorst Du alles. Du hast ihn erneut sein Gesicht verlieren lassen und als er protestierte, ermordetest Du ihn vor den Augen seines Sohnes. Ach Xena, Du nahmst meinem Haus und meinem Königreich den Frieden und brachtest alles zum Einsturz.

Es gab nichts mehr zu tun als Dir Dein Lieblingspferd zu geben und Dich gehen zu lassen. Und Du gingst, grausam, ohne einen einzigen Blick zurück. Meine Grenzwächter berichteten, dass ihr ein paar Li's entfernt gelagert habt und am nächsten Morgen weiter zum Hafen am Gelben Meer geritten seid. So wusste ich, dass Du wieder nach Hause zurückgekehrt warst.

Ich aber war nicht befreit von Dir. Ich war nie wieder frei von Dir.

Als Lao Ma ging, ging der Frieden mit ihr. Borias kniete vor mir und brachte all die alten Gefühle zurück, die alten Schlachten im Feld und im Bett. Wenn ich ihn auch nicht zu Brei schlagen konnte, so konnte ich doch bis zu seiner Besinnungslosigkeit mit ihm vögeln. Das funktionierte immer. In all seiner barbarischen Männlichkeit beugte er sich meinem Willen. Plötzlich wollte ich nach Hause. Und Borias war wie Heimat für mich. Er war nicht geheimnisvoll oder fein; er wollte mich nichts lehren. Eine Stunde im Bett mit ihm war wie ein Galopp über die Steppe; zum Höhepunkt kommen war wie das Aufschlitzen mit dem Schwert und das Abschlagen von feindlichen Köpfen. Ich hatte immer ein ordentliches Gemetzel geliebt, nur hatte ich vergessen, wie ähnlich es beim Sex war. Lao Ma hatte mich unterschätzt. Sie sagte, ich wäre genau wie Holz, starrsinnig und hart. Aber sie hatte das Feuer vergessen.

Borias und ich hätten sofort abreisen können; es gab nichts, was uns aufhalten konnte aber ich hatte das Gefühl, dass ich es Lao Ma schuldig war, die Sache mit Ming Tzu in Ordnung zu bringen. Ich schien der Gegenstand ihrer Meinungsverschiedenheit zu sein und dachte, ich könnte das regeln bevor ich wegging. So schluckte ich meinen Stolz herunter und kroch vor ihm im Staub.

Aber das reichte ihm nicht. Der winselnde Bastard wollte mich zu seinem Eigentum erklären und statt ihn schnurstracks abzuschlachten schlug ich ein Spiel vor. Ich dachte, ich würde inzwischen genug von Lao Ma's Fähigkeiten beherrschen um die Würfel zu kontrollieren und falls ich es nicht konnte, Lao Ma konnte es sicher. Und so gewann ich natürlich.

Aber Wut verstärkt sich durch Wut und je mehr Ming Tzu protestierte desto mehr verwirkte er sein Leben. Denn ich war frei, nicht im Käfig, und stand auf gesunden Beinen. Indem ich mein Schwert aus seinem Versteck holte, schloß ich meinen Kreis mit Ming Tzu. Ich führte nur einen Schlag, mit feinem chinesischem Stahl. "Töte sie alle", dachte ich, als die alte vertraute Blutlust über mich kam und hätte Lao Ma mich nicht gegen die Wand geschleudert, ich hätte auch Ming Tien getötet. Aber manchmal sind wir das kleinere Rad und das größere Rad dreht sich. Lao Ma schützte ihr Kind, so wie sie es musste - und rettete damit das Leben von ihrem Henker.

* * *

Borias und ich ritten ungehindert und ohne Eile aus dem Stallhof, ich auf Tai Feng und er auf seinem eigenen Pferd Kahn. Als wir am Tor an Zheng Ha vorbeikamen sah der mich mit einem undurchdringlichen Gesichtsausdruck an und verbeugte sich langsam. Erst dachte ich, er wolle mich verspotten aber ich wusste, dass Spott nicht seine Art war. Wahrscheinlich verbeugte er sich einfach vor meiner Entscheidung zu gehen. Einen kurzen Augenblick befand ich mich zwischen beiden, auf der einen Seite von mir war Borias, berstend vor Männlichkeit, auf der anderen Zheng Ha, der Eunuch. Lao Ma's Leere. Die Entscheidung war so einfach.
Ich nickte Zheng Ha zu und glaubte ihn lächeln zu sehen, aber wer weiß das schon. Ich hoffte, er würde sich um Lao Ma kümmern. Ich fühlte immer noch innige Zuneigung für sie und überließ sie doch den Konsequenzen des Mordes an Ming Tzu. Nun, sie hatte ihre Armee und all ihre Macht und ich konnte ihr jetzt nichts nützen. Verglichen mit ihr war ich immer noch die Wilde aber ich wusste genug um sie zu lieben und zu schätzen was sie getan hatte. Sie war nur zu früh in mein Leben getreten. Vielleicht wäre ich ein paar Jahre später bereit für den Einfluß eines Philosophen gewesen. Aber nicht damals. Es gab immer noch eine Menge Blutdurst in mir.

Als Borias und ich zusammen ostwärts zum Gelben Meer galoppierten, fühlte ich eine Art animalische Freiheit, das Blut pulsierte durch die Adern meiner gesunden Beine. Die grobe Seite von mir sehnte sich nach Borias und jede Nacht befriedigten wir unsere Lust. Und danach tranken wir die fermentierte Stutenmilch. Ihre Säuerlichkeit schien ein Teil von Borias' Rohheit und der Wildnis draußen zu sein.

Aber mein Geist war unruhig. Was hatte ich zurück gelassen? Wohin kehrte ich zurück?

Nacht für Nacht plagten mich Träume und Bilder. Meistens von Lao Ma. Nicht von unserer Liebesnacht sondern von unserem Tanz in der Luft und ihr, wie sie das fein geschwungene Zeichen für Wasser in ihr Buch schrieb. Und ich träumte von der runden Türöffnung ihres Schlafzimmers mit dem Muster, welches für mich zu ihrem Muster wurde. Als ich später das Chakram, meinen eigenen "Teufelskreis", trug, prägte ich dieses Muster darauf....
Ich bezweifle, dass Lao Ma die Ironie schätzen würde, dass ich ihr Zeichen auf einer mörderischen Waffe bei mir trage aber nichtsdestotrotz tue ich es und wenn ich das Chakram trage, schwebt sie wie ein wachender Geist am Rand meines Bewusstseins.

Ich träumte auch von den Gesichtern von Ming Tzu und Ming Tien, dem Kind, dessen Stimme ich niemals hörte. Im Traum aber sprach es.

Die Chinesen glauben an Geister. Ich nicht aber der Geist des von mir getöteten Ming Tzu schien mich zu besuchen. Seine Haut war gegen die purpurne Seide seines Mantels weiß wie Milch. Er zischte mir zu:" Kindermörderin!" und als ich antwortete: "Ming Tien lebt", öffnete er seinen Mantel und zeigte mir das Kind, welches er dort beschirmte. Ich sah genauer hin und bemerkte, dass es ein kleines Mädchen war, mit den runden Augen meines Volkes. Das Mädchen sprach zu mir in meiner eigenen Sprache, schluchzend mit seiner Kinderstimme: "Warum?"

Den letzten Traum hatte ich auf See, bevor China vor meinen Augen und in meinem Geist verblasste. In ihm sah ich weit hinter mir in der Ferne eine Kuh, die sich einen gewundenen Bergpfad dahinschleppt.

* * *

Als Du fort warst schützten mich nur meine Armee und das Ansehen Laotses vor Vergeltung. Ming Tzu wurde im Grab seiner Vorfahren beigesetzt und das Königreich Ming regiert von seinen Brüdern. In Ming Tien, der gesehen hatte wie Du seinen Vater tötetest - und niemals anerkannte, dass er eine Mutter hat -wuchsen in den Jahren seiner Unmündigkeit der Haß und die Grausamkeit. Letztes Jahr wurde er volljährig und übernahm die Regentschaft und inzwischen ist der Grüne Drache mächtig gewachsen.

Obgleich Ming Tien den Titel Kaiser trägt, ist sehr viel Unruhe an seinem Hof. Er vertraut niemandem und seine Furcht vor Mördern und Verschwörung ist sehr wohl gerechtfertigt. Er hat hunderte seiner eigenen Untertanen eingesperrt und hält sie, den Kopf in ein Joch geschlossen, in seinen Abwasserkanälen. Oder er richtet sie auf schreckliche Weise öffentlich hin und flößt jedermann Furcht ein. Auch ich fürchte ihn und versuche, mein Königreich durch Unterhandlungen, Bestechung oder Androhung von Gewalt vor ihm zu schützen.

Irgendwer muß ihn töten, bevor er Nachkommen hat.

Vier Boten habe ich in der Hoffnung zu Dir geschickt, dass einer von ihnen Dich findet. Ich fürchte, es könnte viele Mondzyklen dauern bis Du kommst und frage mich, ob Du überhaupt jemals kommst. Ach, wie sehr sehne ich mich danach, Dich wieder zu sehen.

Siehst Du, was Du mir angetan hast? Der Fußboden der Terrasse ist an der Stelle, an der ich über das Tintenfaß gestolpert bin, immer noch fleckig. Selbst all das Wasser, welches wir darüber gegossen haben konnte die Flecken nicht entfernen. Du hast mein Haus gezeichnet, Xena, so wie Du mich gezeichnet hast.
Aber im Laufe der Jahre hatte ich auch friedliche Momente und habe die Eingebungen solcher Zeiten in mein Großes Buch niedergeschrieben. Einige meiner besten philosophischen Gedanken sind aus Sehnsucht nach Dir entstanden oder vielmehr durch die Reinigung meiner Selbst von Sehnsucht; so wie jemand dann am schnellsten rennt, wenn seine Furcht am größten ist.
Ich habe das Buch von meinen Schreibern kopieren lassen denn ich möchte es der Welt schenken. Ich wüsste gerne, was die Nachwelt sagen würde wenn sie wüsste, dass die Hälfte des Buches inspiriert ist von meiner Sehnsucht nach einer barbarischen Frau.

* * *

Mein eigener Sohn hat mich eingesperrt. Er hat jahrelang nach Gründen dafür gesucht und nun hat er einen gefunden. Er hat drei der Boten abgefangen, die ich ausgesandt habe und fand durch Folter heraus, dass ich nach Dir geschickt habe. Ich wurde der Verschwörung mit
Der Feindin, Xena der Steppen, Mörderin von Ming Tzu, für schuldig erklärt. Gestern wurde ich in Ming's Gefängnis gebracht und ich weiß, dass ich nie wieder das Tageslicht erblicken werde.

Als ich zurück sah, waren meine letzten Bilder vom Palast das von Liu Ling, wie er eines der Pferde zurück in den Stall brachte und das der Katze Kiung, die auf dem Gartentor thronte.

Der einzige Vorteil davon, dass ich Laotse's Frau bin ist der, dass ich alleine in eine trockenen Zelle geworfen wurde anstatt zum Verfaulen in den Abwasserkanal des Gefängnisses. Ich trage kein Joch und habe sogar Kerzenlicht. Und so schreibe ich diese letzten Briefe an Dich und meine letzten Gedanken nieder.

Ein guter Freund bringt diese Briefe für mich nach draußen, er ist mutiger als jeder dieser Krieger und Soldaten die ihn verhöhnen. Er wird sie mit all den anderen im Tao Te Ching verstecken. Die Briefe sind für Dich, Xena. Das Buch ist für die ganze Welt. Erhalte es der Nachwelt. Es soll mein Kind sein, nicht Ming Tien.

Ich frage mich, ob ich Dich so beeinflusst habe wie Du mich. Du warst mein Irrtum sowie meine Vollendung und ich möchte glauben, dass ich Dich ein wenig zivilisiert habe. Dein Geschenk an mich war Leidenschaft - die zugleich Qual und Verzückung ist. Ich bereue nicht, sie mit Dir erfahren zu haben. Vielleicht ist der Irrtum der erste und notwendige Schritt um das Tao zu erreichen.

* * *

Ich wurde zum Tode verurteilt und muß mich darauf vorbereiten.

Ich muß Frieden finden aber stattdessen fühle ich nur Sehnsucht. Ich erinnere mich an Deine Hände, wie miserabel sie chinesische Schriftzeichen malten und Eßstäbchen hielten - und wie geschickt sie mich liebkosten. Ich berühre diesen Brief und näher kann ich Dir nicht kommen. Behandle diese Seiten sorgfältig, Liebling, denn sie enthalten Lao Ma's letzte Liebe.

Ich weiß, auf welche Weise die Menschen in den Gefängnissen von Ming sterben, wie sie hingerichtet werden. Sie werden auf dem Holz gebrochen und gefoltert. Ming Tien wird einen Weg finden, mich meiner Macht zu berauben und ich werde so viel Leere ansammeln wie ich herbeirufen kann um bereit zu sein mit Gleichmut zu sterben.
Aber Ming Tien kann mir nicht meine Erinnerungen nehmen. Wenn ich blind von Blut und Schmerz sein werde, werde ich mich mit dem letzten Aufflackern meines Bewusstseins an Dich erinnern.

Ich hatte einen Traum in dieser Nacht. Ich war bei Dir in Deinem Heimatland, mein Liebling. Ich kam zu Dir als ein Mädchen an der Schwelle zur Frau und blühte in Deiner Gesellschaft auf.
Kennst Du solch eine Frau, Xena? Eine, die Verse schreibt? Sehen ihre griechischen Augen Dich voller Liebe an und erinnern Dich an eine chinesische Frau? Legst Du Dich zur Nacht neben sie nieder und fühlst das Drehen von Yin und Yang? In ihr lebe ich mit Dir, Xena. Ich bin das Wasser, sanft und klar, und Du bist das Feuer und das Holz. Halte Ausschau nach mir, Xena. Ich verspreche Dir, dass ich dort bin.

* * *

ENDE