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Copyright © 2006 jany_

Home From The Sea

By
Melissa Good

merwolf@bellsouth.net

Übersetzung von jany_

"Ich werde das nicht anziehen", sagte Kerry, die Arme verschränkend und setzte ihr sturstes Gesicht auf. "Es ist mir egal, was du sagst, Dar. Ich werde nicht als Dogbert verkleidet zur Halloweenparty der Firma gehen." Die blonde, grünäugige Frau begutachtete das Kostüm. "Vergiss es."
"Aw." Dar Roberts, ihre große dunkelhaarige Begleiterin kam zu ihr herüber und hob ein schlaffes Ohr auf. "Du würdest so süß aussehen Kerry, komm schon."
"Nein", murrte Kerry. "Und ich bin nicht süß, wenn ich wie ein runder, dämlicher, weißer Köter aussehe."
"Ok." Dar ging eine Reihe weiterer Möglichkeiten durch. "Wie wär's damit?" Sie hielt ein Indianerprinzessinenoutfit aus weißem mit Perlen versehenem Leder hoch.
"Junge. Heute muss es extrem sein, huh?" Kerry hob ein bedächtigeres Outfit auf. "Da. Wie gefällt dir Robin Hood?"
"Meinst du nicht die Jungfrau Marian?"
"Nicht doch. Hatte die jemals Spaß?" Die blonde Frau nahm noch etwas Zubehör mit und ging zur Kasse.
"Und ich kann es kaum erwarten dich in dieser Rüstung zu sehen."
"Mm." Dar folgte ihr, behielt jedoch ihre Meinung über das schwere Kettenhemdkostüm, zu welchem Kerry sie überredet hatte, für sich. "Wir beide werden genug Waffen bei uns haben, um den Centrusttower einzunehmen, wenn es nötig wäre."
Nachdem Kerry ihr Kostüm bezahlt hatte verließen sie den Laden, liefen durch das Licht der untergehenden Sonne und fuhren die kurze Strecke zur Fähranlage, welche sie nach Hause bringen würde. Nach dem Abendessen saßen sie friedlich draußen auf dem Balkon, der dem Atlantik zugewandt war und beobachteten, wie die Sterne und der Vollmond, der einen cremefarbenen Streifen auf dem leicht wellenschlagenden Wasser hinterließ, am Himmel erschienen. "Ich mag Halloween", kommentierte Kerry.
"Es macht Spaß und alle können sich ein bisschen verrückt benehmen. Wir sind immer hinaus an den See gefahren, der in der Nähe vom Haus meiner Eltern liegt und haben um ein kleines Feuer gesessen und Geistergeschichten erzählt."
"Gespenstergeschichten?", gluckste Dar.
"Hey, lach nicht. Einige waren richtig unheimlich. Die eine handelte von einer Phantomeinsenbahn, deren Horn du immer und immer wieder hören konntest, aber die du nie gesehen hast, wenn du in der Nähe der Schienen geblieben bist", erzählte ihr Kerry. "Es sei denn du warst kurz davor zu sterben. Dann hast du sie gesehen und der Zugführer hat dir zu gewunken."
"Wie habt ihr denn davon erfahren, wenn all die Leute, die es gesehen haben, im Begriff waren zu sterben?", fragte ihre Gefährtin vernünftig, "Interdimensionale Email?"
"Hah hah." Kerry stützte ihre Füße am Geländer ab. "Ich wette du kennst keine guten Geistergeschichten oder?"
Dar war für einen Moment still. "Nun ich kenne tatsächlich welche." Sie nickte. "Nicht wirklich eine Geschichte, ehr eine Legende, welche genau hier auf der Insel spielt.
"Ooh." Kerry rutschte in eine bequemere Position. "Ich kann es nicht erwarten sie zu hören. Eine Miccosoukee Geschichte?"
"Nicht ganz." Dar verschränkte ihre Finger um eines ihrer Knie. "Die Insel gehörte einmal den Vanderbilts."
"Ich weiß das."
"Möchtest du die Geschichte nun hören oder nicht?"
Kerry hielt sich reumutig den Mund zu.
"Sie haben am Rande des Wassers eine Villa gebaut, welche dem Atlantik zugewandt war und dort einen großen Teil des Jahres gelebt." Dar zeigte in jene Richtung. "Du kannst die Villa dort sehen, oder?"
Kerry nickte.
"Sie waren so angetan von der Insel, dass die hier verstorbenen Vanderbilts in zwei steinernen Mausoleen auf dem Gelände beerdigt wurden, da begraben hier draußen nicht möglich ist. Aber der Kopf der Familie, Kommodore Vanderbilt, war ein alter Mann von der Marine. Eines Winters ist er hinaus gefahren und sein Schiff ist auf See verschollen."
"Oh."
"Seine Frau war am Boden zerstört. Sie hat sich vor Kummer nach ihm verzehrt und lange darauf gewartet, dass er wieder Heim kehrte, aber er hat es nie getan. Sie starb in der Villa und wurde dort beerdigt. Die Villa wurde an ihre Kinder weiter gereicht, aber sie sind für eine ganze Weile nicht her gekommen."
"Ooh."
"Als sie schließlich kamen, begannen sie seltsame Geschichten zu hören, welche die Angestellten erzählten, die sie zurück gelassen hatten. Es schien, als ob die Dienstmädchen und der Gärtner sagten, dass sie, wenn Vollmond war, die alte Mrs. Vanderbilt gesehen hätten, welche durch die Villa lief und nach dem Kommodore rief."
"Wirklich?", murmelte Kerry. "Wow. Das ist echt traurig - irgendwie romantisch."
"Nun. Die Angestellten haben das anders gesehen", bemerkte Dar trocken. "Viele von ihnen sprachen davon den Dienst zu quittieren. Dennoch sagte einer der Söhne, dass er in der Villa übernachten würde, nur um zu beweisen, dass es nichts gäbe wovor man sich fürchten müsste." Sie verstummte.
"Und was ist passiert?"
"Sie haben ihn dort drüben am Grund des Pools gefunden", erzählte Dar. "Anscheinend hat er geschlafwandelt und ist direkt aufs Wasser zu gelaufen und ertrunken."
Kerry spürte einen Schauer ihren Rücken herunter rinnen. "Das ist - sehr seltsam." Sie guckte an Dar vorbei, um zur Villa herunter zu spähen, die vom Mondlicht beleuchtet unten an der Küste zu sehen war. "Ich nehme an, dass es dennoch bloß eine Geschichte ist - sonst hätten wir wohl schon davon gehört."
Dar ließ ihr Kinn auf dem Geländer ruhen, während sie hinunter zur Küste blickte. "Keine Ahnung. Von Zeit zu Zeit taucht sie wieder auf. Clements hat es letztens erwähnt; es scheint als wäre eins seiner Dienstmädchen eines nachts schreiend die zweite Etage lang gerannt und die Wendeltreppe herunter gefallen. Sie behauptete, sie hätte einen Geist gesehen."
"Ew", Kerry zog ein Gesicht. "Wahrscheinlich hat sie es sich nur eingebildet."
"Vermutlich", stimmte Dar zu. "Nun, ich werde laufen gehen. Willst du mitkommen?"
"Nein diesmal nicht", lehnte Kerry bedauernd ab. "Ich habe noch ein Projekt, an dem ich arbeiten muss und zwei Ladungen Wäsche." Sie stand auf und folgte Dar nach drinnen, bevor sie die Treppen zu ihrem Büro hinauf stieg und sich hinter ihren Schreibtisch setzte. Sie holte die Akten hervor und begann zu arbeiten, aber die Story der Vanderbilts kam ihr immer wieder in den Sinn, bis sie letztendlich aufgab und wieder hinunter ins stille Wohnzimmer ging. Dar hatte ihren Labrador, Chino, mitgenommen, so dass Kerry nun total alleine war, als sie wieder auf den Balkon hinaus ging und sich gegen das Geländer lehnte.
Ihr Blick fiel auf die stille Villa und sie untersuchte das Obergeschoss, wo sich die Tür des damaligen Vanderbilt Schlafzimmers direkt Richtung Ozean öffnete. Die Wände des alten Hauses leuchteten schwach im Mondlicht und die dunklen Scheiben verdeckter Fenster starrten leer hinaus auf das Meer.
Sie war sich sicher, dass das Licht streiche spielte, als sich ein Schatten entlang des entfernten Geländers bewegte und dann verschwand. Sicher ein Vogel oder so was.
'Vögel fliegen nachts nicht, Kerry.' Sie zwinkerte überzeugt, dass sie die Bewegung erneut gesehen hatte. 'Was in aller Welt...' Sie zögerte, bevor sie sich entschied und zurück in die Wohnung ging, kurz in der Küche anhielt, um eine Lampe zu greifen und dann die Hintertür öffnete und die Stufen hinunter ging. Dann verließ sie den kleinen Garten und schloss das Metalltor hinter sich.
Der Strand war ruhig und kleine Wellen berührten ihre nackten Füße, während sie ihn entlang ging. Sie lief am verdunkelten Strand Club vorbei, bevor sie den Strand weiter nach oben ging und die Stufen hinauf, die zu der weiten Terrasse führten, welche die alte Villa umgab.
Das Gebäude ragte vor ihr auf, eine zweigeschossige Steinkonstruktion mit dicken gotischen Schnörkeln an dem Kanten und geschnitzten Figuren an den Ecken, die sie mit leeren Augen beobachten, als sie näher trat. Ihre nackten Füße schlurften leicht über den rauen Korallenboden, als sie um den großen beheizten Pool herumging und zum Balkon hinauf sah.
Nichts. Nur das sanfte Rauschen der Wellen und die Geräusche der tropischen Vögel in der nahe gelegenen Voliere durchbrachen die Stille.
Dann hörte sie ein ganz leises Geräusch über sich. Es klang, als würde jemand Kleidung über den Boden schleifen. Sie ging etwas zurück und blickte hinauf zum Balkon, aber alles was sie sah waren Schatten.
Angespornt von ihrer Neugier, ging sie zur Hintertür, wo die Bar lag und drückte die Klinke. Sie war überrascht, als diese bereitwillig unter ihren Fingern nachgab, bevor sie realisierte, dass die Reinigungsleute vielleicht noch nicht fertig waren. Sie öffnete die Teakholztür und trat ein. Der kühle Wind der Klimaanlage traf sie im Gesicht und sie machte einen Schritt auf den Teppich, so dass sich die Tür hinter ihr schließen konnte.
Kerry ging an der Bar aus Holz und Messing vorbei, auf der frisch gereinigte Gläser auf Gummimatten standen. Ein schwarzer Behälter zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und sie machte einen Umweg, um sich eine Marachino Kirsche daraus zu stehlen, an der sie genüsslich saugte, während sie weiter ging.
Die Bar führte in den Raum, der früher die Bibliothek des Kommodore gewesen war und nun nur noch als Lounge diente. Es war mit Ledermöbeln ausgestattet und überall befanden sich Bücher. Sie ging an ihnen vorbei und die zwei Stufen zum Haupteingang hinauf, wo die großen Holztüren fest verschlossen waren. Hier im kreisrunden Eingangsbereich schmiegte sich eine schneckenförmige Marmortreppe an die Wand und über sich konnte Kerry plötzlich ein Geräusch hören, welches vermuten ließ, dass jemand etwas fallen gelassen hatte.
Ihr Herz fing an zu klopfen. "Komm schon Kerry. Sei kein Idiot", flüsterte sie sich selbst zu, als sie eine Hand auf das Geländer legte und die Stufen hinauf ging. Die Tritte waren abgenutzt und die Oberfläche fühlte sich seltsam an unter ihren Zehen, poliert und doch rau an den Stellen, wo die Marmoroberfläche mit den Jahren Abrieb erfahren hatte.
Sie hob die Lampe in ihrer Hand, aber schaltete sie nicht ein, da das Mondlicht, welches durch die vielen Fenster schien, bis jetzt für genug Licht sorgte.
Sie kam auf der obersten Stufe an und blickte den Gang hinunter, auf dessen östlicher Seite sich viele Türen befanden, während auf der westlichen nur wenige davon zu finden waren. In der Mitte befand sich ein dünner Streifen alten Teppichs, da dieser Teil der Villa nicht für die täglichen Clubaktivitäten genutzt wurde. Statt dessen dienten die alten Schlafzimmer größtenteils als Abstellkammern für Möbel und als Büroräume für den Oberkellner des Clubs und die Gastronomieabteilung.
Aber all diese Leute waren nach Hause gegangen. Die Stille drückte weiter auf sie ein und sie hielt inne, um zu lauschen. Ein leises Knacken ließ sie in die Höhe hopsen und sie drehte sich herum, um durch die offene Tür neben sich zu blicken. Es war ein verdunkeltes Schlafzimmer. Sie steckte ihren Kopf durch die Tür und blickte sich um. Dennoch erblickte sie nichts außer staubigen Möbeln. An der Wand hing ein Spiegel und sie schlich hinein, blickte durch die Doppeltüren hinaus auf die See und drehte sich herum, bevor sie ihr Spiegelbild auf der dunklen, versilberten Oberfläche erblickte.
Etwas bewegte sich. Kerry wirbelte herum, fand aber nichts, außer der Dekoration, die schlaff an der Wand hing.
'Ok.' Sie holte tief Luft und blies sie wieder aus. 'Entspann dich.' Sie ließ die Muskeln ihrer Hände spielen, bevor sie sich die Arme rieb, als sie einen Schauer spürte, der von draußen herein kam, als der Wind die Tür aufstieß. Für einen Moment starrte sie sie an, dann ging sie hinüber und schloss sie sachte, wobei sie fühlte, wie sich das von Wind und Wasser verzogene Holz zur Wehr setzte, bevor es sich widerwillig fügte.
"Ich denke ich sollte hier besser verschwinden." Ihre eigene Stimme klang seltsam und weit entfernt. Sie ging zur Tür und zurück in den Flur, in der Absicht sich zu den Treppen zu begeben, als sie ein lautes Knacken hinter sich hörte, welches sie inne halten ließ.
Langsam drehte sie sich herum, ihr Herz raste und ihre Augen durchsuchten nervös die Dunkelheit. Vor ihr lag ein leerer Gang, nur von Streifen durchzogen, die das durch die halboffenen Türen kommende Mondlicht hinterließ. Wieder etwas beruhigt ging sie vorwärts, wobei ihre Haut anfing zu krabbeln, als sie die Tür zum letzten Zimmer erreichte. Dieses war etwas größer und kunstvoller, als die anderen.
Es zog sie irgendwie an und bevor sie wirklich wusste, was geschah, hatte sie die Tür aufgestoßen und den Raum betreten.
Das erste, was ihr bewusst wurde war der Geruch. Eine schwache Spur von Rosen kitzelte ihre Nase und sie drehte sich im Kreis, auf der Suche nach dessen Herkunft, fand jedoch nichts.
Die Tür zum Balkon war offen und der Seewind kam herein, brachte den sanften Stoff des überdachten Bettes in Bewegung und hauchte mit einer Spur kühler Nässe über Kerrys Haut. Die Wände waren hier mit alten, verblassten Bildern bedeckt und Pflanzen suchten sich einen Weg zur Decke. An der einen Wand stand eine fein geschnitzte hölzerne Kommode, über der ein runder Spiegel hing. Der Spiegel wurde von einem einzelnen langen Riss diagonal durchzogen, war aber sonst intakt.
Ein starker Wind blies herein und die Tür schlug hinter ihr zu. Kerry sprang fast bis zur Decke und rannte hinüber, ergriff den runden, verschlissenen Griff und zog mit aller Kraft daran. Dann hielt sie ihn plötzlich in der Hand, die Tür immer noch fest verschlossen.
Sie begann zu zittern.
"Ok." Sie zwang sich, sich zu beruhigen und ging hinüber zu den Balkontüren, hinaus auf den kalten Marmor und nahm einen tiefen Atemzug klarer salziger Luft. Sie blickte auf die See hinaus und beobachtete die Lichter, die am Horizont entlang wandert, bevor sie sich umdrehte, zum nächsten Fenster hinüber und wieder hinein ging.
Ihre Augen hefteten sich an die sich bewegende, schattenhafte Form und sahen eine ausgestreckte Hand auf sich zukommen. Dann geriet sie in Panik. "Jesus!" Sie raste wieder hinein und ergriff an der Tür angekommen den antiken Mechanismus, als sie ein knarren hinter sich hörte, drehte ihn und warf ihren Körper zurück, nachdem sie das leise Klicken hörte, woraufhin sich die Tür öffnete. Gnädig bewegte sich die Tür und sie sauste hindurch, mit vollem Tempo den Flur entlang zu den Treppen und hielt erst inne, als die Tür des ersten Schlafzimmers sich genau vor ihrem Gesicht öffnete. Nicht in der Lage zu stoppen, rannte sie dagegen, wobei sie sich für einen langen, nebligen Moment bewusstlos schlug.
Ein Schauer überkam sie und sie versuchte wieder auf die Füße zu kommen, nur um eine Berührung in ihrem Nacken zu spüren. Sie schubste die Tür aus dem Weg und rannte, einen kurzen Blick nach hinten werfend den Gang hinunter.
Hände ergriffen sie und sie schrie, wehrte sich gegen den Griff, der sie beinahe bewegungslos hielt und riss verzweifelt ihren Körper zur Seite bei dem Versuch frei zu kommen. Ihre Sinne waren überlastet und versuchten ihr panisches Gehirn mit Gefühlen zu füttern, die um sie herumschwirrten, bis ihr Geruchssinn alle anderen mit einer einzigen sachlichen, hoffnungslos wichtigen Information überging.
Geister schwitzen nicht.
Als ihre Ohren endlich die heulenden Geräusche um sie herum identifizierten, stellte sie fest, dass sie sie normalerweise auch nicht beim Namen ansprachen.
Normalerweise waren sie auch nicht weich und warm und größer als sie.
Und sie brachten keine bellenden Retriever mit sich, die ihre zitternden Knie leckten.
"Oh Gott", Kerry brach in Dars Armen zusammen und vergrub ihr Gesicht in dem schweißnassen T-Shirt, als sich das Zittern einen Weg durch ihren Körper bahnte. "Oh Gott", flüsterte sie.
"Beruhige dich", rollte Dars tiefe Stimme. "Ruhig. Ich hab dich." Sie rieb den Rücken der armen Frau und drückte sie an sich. "Ich hab dich." Sie blickte über Kerrys Schulter den staubigen Gang hinunter und schüttelte ihren Kopf. "Entspann dich einfach."
Kerry schwieg für eine Weile in Dars Arme geschmiegt, bis sich ihr Atem wieder beruhigte und sie in der Lage war ihre Augen zu öffnen. "Entschuldige." Sie tätschelte die Oberfläche, gegen die sie gestoßen war. "Ich glaube ich habe mich selbst zu Tode erschreckt."
"Was du nicht sagst!", Dar legte einen ihrer langen Arme um Marys Schulter. "Bist du ok? Du hast eine Beule am Kopf.", sagte sie, sie vorsichtig untersuchend. "Was ist passiert?"
Kerry warf einen vorsichtigen Blick den Gang hinunter. "Ich weiß es nicht - wirklich - Ich... dachte ich hätte vom Apartment aus Bewegungen hier oben gesehen, also bin ich her gekommen, um es zu überprüfen und...", sie blickte hinauf. "Bist du gerade erst hoch gekommen?"
Dar nickte.
"Dar ich habe etwas dort draußen gesehen. Ich schwöre es." Platzte Kerry heraus. "Dort draußen war etwas auf dem Balkon. Es hat mich gejagt." Sie atmete zitternd aus. "Die Tür im letzten Zimmer ist zugeknallt und ich bin nicht mehr heraus gekommen, dann habe ich es draußen gesehen und als ich die Tür endlich öffnen konnte, hat es mich gejagt und dann hat sich die andere Tür geöffnet und ich bin dagegen gerannt und dann bin ich aufgestanden und es hat mich ergriffen und ich..."
"Shh", Dar strich ihr sanft über das Gesicht. "Ok, ok ich kann sehen, dass dich etwas erschreckt hat, das ist sicher." Ihre Augen untersuchten die Wände und den Teppich. "Ich werde es mir mal ansehen. Du bleibst hier."
"Keinesfalls", Kerry klammerte sich an Dar fest. "Ich muss es nicht noch einmal sehen. Lass uns hier verschwinden, Dar."
"Lass mich mich mal etwas umsehen", überredete Dar sie. "Komm schon, du kannst auch bei mir bleiben, wenn du möchtest. Wir werden nur zum letzten Raum laufen und wieder zurück", sie hielt inne. "Das war das Hauptschlafzimmer."
"Ich denke, der Kapitän ist immer noch in ihm", murmelte Kerry, während sie sich widerwillig mitziehen ließ. Aber das Gebäude verlor mit Dars Anwesenheit irgendwie seine Bedrohlichkeit und jeder lauernde Geist wurde von der mächtigen Persönlichkeit ihrer Geliebten in die Flucht geschlagen. Sie gingen von Chino begleitet den Gang hinunter und traten in das Schlafzimmer, das jetzt nur noch ein eintöniger, unheimlich staubiger Raum war, der keine Seele enthielt, weder menschlich noch anderer Art. Kerry schüttelte ihren Kopf. "Ich habe etwas gesehen." Sie seufzte. "Ich hab es mir nicht nur eingebildet. War es... war es nur eine Geschichte oder war es real, Dar?"
"Keine Ahnung." Dar führte sie hinaus auf den Balkon, eine kahle Marmorfläche mit hauchdünnen Rissen, verursacht von den Jahren, die sie dem Wetter ausgesetzt war und ihr eigenes Gewicht tragen musste. Sie ging zum Geländer und ließ ihre Hände darauf ruhen, während sie hinaus auf die See blickte. "Ich... habe immer irgendwie gehofft, dass die Geschichte nicht wahr ist." Sie drehte sich zu Kerry und blickte sie an. "Ich habe immer gehofft, dass sie irgendwie wieder zueinander gefunden haben."
"Mm." Kerry rieb sich die Arme, immer noch leicht frierend. "Gruselt es dich hier nicht auch?"
"Nein, ich fühle mich nur etwas traurig." Dar blickte erneut hinaus auf die See. "Andererseits war die Familie meines Vaters seit Generationen in der Navy - vielleicht verstehe ich es einfach aus einer anderen Perspektive."
Der Mond verschwand hinter den Wolken, woraufhin sie für einen Moment in erschreckender Dunkelheit standen. Kerry bewegte sich an Dars Seite. Sie blickten hinaus und konnten am Horizont klar und deutlich die Lichter eines Schiffes erkennen.
In weiter Ferne hörten sie die Glocke des Schiffes leise und einsam in der Nacht. Hinter ihnen schloss sich eine Tür.
Sie blickten sich an. "Können wir jetzt von hier verschwinden?", fragte Kerry, als sie spürte wie der Schauer erneut über ihre Haut lief.
"Ja", stimmte Dar zu. "Gute Idee."
Sie verließen die Villa und liefen die immer noch in Schatten gehüllte Terrasse herunter, bevor sie sich auf den Weg nach Hause machten, ohne noch einmal zurückzublicken.

Ende