1.22 Die Furie
Callisto
~ Besetzung ~
Lucy Lawless (Xena)Renee O'Connor (Gabrielle)
Hudson Leick (Callisto)
Ted Raimi (Joxer)
Patricia Donovan (alte Frau)
Michael Hallows (großer Dorfbewohner)
David Te Rare (Theodorus)
Ian Hughes (Melas)
Kenneth McGregor (Akteon)
Toby Mills (großer Mann)
Henry Vaeoso (fetter Krieger)
Stab:
Drehbuch: R.J. Stewart
Musik: Joseph LoDuca
Schnitt: Robert Field
Regie: T.J. Scott
Erstausstrahlung:
USA 13.05.96
BRD 20.04.97
~ Zusammenfassung ~
Xena erfährt, dass eine blutrünstige Kriegerin in ihrem Namen Dörfer vernichtet & Menschen abschlachtet. Unter den Opfern ist auch die Familie von Melas. Als ihr diese Frau - Callisto - während eines Kampfes zum ersten Mal gegenübersteht, erklärt diese ihr unumwunden, dass sie sich nicht zum ersten Mal begegnen. Sie erklärt ihr auch, dass Xena sie "geschaffen" habe. Während der Jahre, da Xena als böse Kriegsherrin Tod & Verwüstung über das Land brachte, kamen bei einem Überfall auf das Dorf Cirra versehentlich auch Frauen und Kinder ums Leben, darunter Callistos Mutter und ihre Schwester. Seit diesem Augenblick sinnt die blonde Furie auf Rache und setzt alles daran, Xena für den Tod ihrer Liebsten zu strafen. (Sie war es übrigens auch, die den Giftpfeil in "Einer für alle" auf Xena abschoss.) Nachdem Callisto vergeblich versucht hat, das Orakel von Delphi mit Xenas Chakram zu töten, wird sie von der Kriegerin überwältigt und ins Gefängnis gebracht. Obwohl Melas und die aufgebrachte Menge Callisto auf der Stelle lynchen will, besteht Xena auf einer fairen Gerichtsverhandlung. Doch Callisto bricht aus dem Gefängnis aus & nimmt Gabrielle als Geisel. In einem packenden Kampf auf Leitern im Camp von Callisto besiegt Xena ihre Nemesis (fürs erste), rettet Gabrielle und verhindert, dass Callisto sich das Leben nimmt. Sie übergibt sie stattdessen der Justiz.
~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~
Callisto - Kallisto
In der Mythologie war Kallisto (lat. Callisto, die Schönste) eine der Nymphen der Artemis (röm. Diana). Hat mit der Callisto in Xena nichts gemeinsam.
Disclaimer
Joxers nose was not harmed during the production of this motion picture. However, his crossbow was severely damaged.
Joxers Nase wurde während der Produktion diese Films nicht verletzt. Jedoch wurde seine Armbrust schwer beschädigt.
~ Kommentar ~
Mit Callisto durch die Welt des Bösen:
Mit Callisto tritt der ultimative Bösewicht der Serie auf. Und obwohl jeder vor Callistos Taten erschaudert, ist sie doch eine der beliebtesten Figuren bei Xena. Warum gibt es das Böse und warum finden wir Callisto einfach geil? Machen wir mit Callisto einem kleinen Streifzug durch die Welt des Bösen und kommentieren 8 Facetten des Bösen in dieser komplexen Episode.
Wer die Macht der Gewalt erlebt hat, der wird wohl eher zu dem gleichen Mittel greifen. Darauf beruft sich Callisto wenn sie zu Xena sagt "You made me". Ebenso Melas mit seiner "Auge um Auge" Argumentation: "You'd feel the same way if you lost what I did." In witziger Weise verweist auch Joxer auf den gesellschaftlichen Zusammenhang; "I come from a long line of warlords! It's like a family tradition!".
Als Utopie drückt sich in dem Argument auch die Hoffnung aus, durch Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse das Böse aus der Welt zu schaffen. Das klingt bei Gabrielles Lagerfeuerrede und in späteren Episoden bei Eli an. Schaden kann ein solches Ideal sicher nicht, aber es ist umstritten, ob sich das Übel der Welt auch im Diesseits irgendwann in Wohlgefallen auflöst oder ob der Kampf gegen das Böse ewig weiter geht und man einen Weg finden muss mit ihm halbwegs leben zu können. Denn wie es Menschen gibt, die trotz erlittenem Übel friedfertig bleiben, so gibt es Mörder, die aus gutbürgerlichen Verhältnissen kommen und denen es nie an etwas gemangelt hat.
Da besteht die Gefahr das Argument des "Opfers der gesellschaftlichen Verhältnisse" als Entschuldigung zu nehmen, um die persönliche Verantwortung den anderen unterzuschieben und so die eigenen Missetaten zu rechtfertigen. Der alte Sponti Spruch "Macht kaputt was euch kaputt macht" wurde auch schon ziemlich großzügig interpretiert und richtete sich vom Gartenzwerg bis zum Bankdirektor gegen irgendwie alles was der momentanen Randalelaune zuträglich war. Ein bisschen sorgfältiger sollte man mit der Ursachenforschung schon sein.
Im Falle von Melas kann man den Hass schon verstehen und wäre Callisto nur auf Xena sauer, wäre das auch noch nachvollziehbar. Die Verwüstungen von Callistos Armee aber mit einem simplen "You made me" zu rechtfertigen ist dann doch des Bösen zu viel. Wir sind nicht nur das Opfer unserer Gene und Geschichte, und man kann nicht immer alles den anderen in die Schuhe schieben. Das erkennt auch Gabrielle: "You can't torture yourself over what she's become."
Damit stellt sich die Frage warum alle so begeistert von Callisto sind. Das ist relativ einfach zu beantworten. Das Böse und das Gute sind in uns in einem ständigen Wettstreit. Jeder den lärmende Nachbarn quälen, der im Büro einen tyrannischen Chef hat oder der im Servicebereich mit penetrant nervigen Kunden umgehen muss, der hat insgeheim schon mal Verständnis für manchen Amokläufer empfunden. Wir haben von Zeit zu Zeit ähnliche Wunschvorstellungen wie Joxer und wollen der gefürchtete Krieger sein.
Ob Buch, Film oder Computerspiel, in den virtuellen Welten der Phantasie haben böse Handlungen keine unangenehmen Folgen und mit Callisto können wir die moralischen Grenzen gefahrlos überschreiten und unseren Spaß damit haben ohne dass jemand darunter leiden muss. Man muss nur Realität und Fiktion auseinanderhalten können und wissen wann Unbeteiligte zu Schaden kommen könnten. Und genau das zeigt uns Joxer, der seine Gewaltphantasien in dem Moment stoppt, als er mit dem Messer vor der diesmal hilflosen Gabrielle steht. Er, der gerne als blutiger Krieger gefürchtet werden will, begibt sich durch seine Weigerung Gabrielle die Kehle durchzuschneiden selbst in Lebensgefahr. Denn Callisto ist in dieser Hinsicht weniger zimperlich. Erstaunlicherweise erteilt uns die Witzfigur Joxer am Ende noch eine Lektion im Umgang mit dem Bösen.
~ Bildkommentar ~
Auftritt:
Aus Rücksicht auf die Fernsehzuschauer stellt sich der Junge zwar nur tot, doch jeder weiß: Callisto bringt Kinder um und freut sich lustvoll am bluttriefenden Schwert. Tiefer Einblick in die Seele eines Psychopathen und in den Ausschnitt des körperbetonenden Kostüms.
Naseweis:
Joxer, the mighty, möchte gerne im Blut waten, schafft es aber nur bis zum Nasenbluten. Vielen geht er auf die Nerven; vielleicht weil er von allen Charakteren uns Normalos am ähnlichsten ist. Denn die meisten Zuschauer schaffen es nur in ihrer Phantasie zum coolen Krieger. Was vielleicht auch ganz gut ist.
Rätselhaftes:
Wieso bindet man jemand möglichst unbequem an einen Baum und gibt ihm dann zur Bequemlichkeit ein Kopfkissen. Und was will uns diese äußerst surreale Bildkomposition zeigen. Xena der Baum? Gabby die Massai? Fortschritte des Waldsterbens?
Schärfentiefe 1:
Xena und Callisto sind so eng verbunden, dass selbst das Chakram nicht mehr weiß zu wem es gehört. Xena trifft auf eine ebenbürtige Gegnerin.
Fanartikel:
Das würde mancher Fan machen, der eine Limited Edition Chakram Replica ergattert. So ein Kunstwerk allerdings als Melonenteiler zu missbrauchen, überzeugt den letzten Bewunderer Callistos von deren mangelhaftem Charakter. Und wir sehen wieder ein Beispiel für die Leidesgeschichte des Obstes in Xena.
Metaphorisch:
Melas sitzt mit seinem Hass noch abseits, doch Xena weiß wie das Feuer der Zerstörung aussieht. Gabrielle mahnt unsere Heldin und wir erleben die erste Szene in der Xena weint.
Waffentechnik:
Gabrielle in einer klassischen Kampfpose die Bruce Lee nicht schöner hinbekommen hätte. Joxer hat schon fast alle Waffen verbraucht, gibt aber nicht auf. Bewundernswert ist sein Durchhaltevermögen schon und Monty Python Fans erinnern sich an Arthur und den schwarzen Ritter.
Orakelhaftes:
Das soll wohl Pythia sein, Priesterin im Tempel von Delphi. Die saß eigentlich auf einem Dreifuß, wie auf diesem Kelch aus dem 5 Jh. v. Chr (Museum Berlin). Bei Xena muss Pythia stehen und zum Orakeln kommt sie vor lauter Aufregung auch nicht.
Gefangentransport:
Eigentlich sollten die Gefangenen doch zu Fuß laufen. Jetzt hat Xena eine Gefangene, die ihr auf den Kopf spuckt und auch noch zwei Pferde zu versorgen; das kann schon aufs Gemüt schlagen. Für Gabrielle wäre das doch eine ideale Gelegenheit an ein Pferd zu kommen. Doch das gewissenhafte Gute muss weiterhin zu Fuß laufen.
Schärfentiefe 2:
Callisto schiebt geschickt die eigene Verantwortung ab. Die Angeklagte wird zur Klägerin und nun sitzt Xena im Gefängnis.
Berufsberatung:
Joxer der Möchtegern-Krieger hat Probleme einen Job zu finden der seinen Neigungen entspricht. Nach einer eindringlichen Analyse seiner Fähigkeiten empfiehlt Berufsberaterin Gabby ihm Fischer zu werden, und drückt mit ihrem Gesicht aus, dass sie selbst so was Ödes nie im Leben machen würde. Jeder der schon mal beim Arbeitsamt war weiß wie Joxer sich jetzt vorkommen muss.
Hängepartie:
Die Einleitung zum Finale. Vorlage für einen der spektakulärsten Kämpfe der Xena Serie war einer der spektakulärsten Hongkong Filme: Wong Fei-hung (1991) von Tsui Hark. Unter dem englischen Titel "Once upon a Time in China" auch bei uns zu finden. Der Film hat fünf Fortsetzungen nach sich gezogen.
Kletterpartie:
Was den Umgang mit Leitern angeht steht Xena ihrem asiatischen Vorbild in nichts nach.
Spagat:
Das ist dann doch überraschend. Die Männer in China können einen besseren Spagat als die Frauen im Westen. Da kann Callisto noch was lernen.
Balanceakt:
Bei Xena wird aus der Leiterwippe ein Balanceakt zwischen Rache und Vergebung. Gabrielle und Callisto tauschen die Plätze und die Balance. Xena entschließt sich in dieser Episode die stürzende Callisto zu retten.
~ Trivia ~
- Ian Hughes (Melas) spielte in der Episode X1.11 Der schwarze Wolf den Diomedes.
- Joxer ist die komische Figur für Xena, die Salmoneus für die Hercules Serie ist. Ursprünglich sollte Joxer von Wallace Shawn (Grand Nagus Zek in Startrek DS9) gespielt werden. Ted Raimi, der Bruder des Regisseurs und Xena Produzenten Sam Raimi, spielte vorher den Kommunikationsoffizier O'Neill in der Serie seaQuest DSV.
- Hudson Leick hat nur noch in wenigen Filmen mitgespielt. PS2 Spielern ist sie aus dem Spiel Primal bekannt, in dem sie Jennifer Tate ihre Stimme gab. Heute ist sie Yoga Lehrerin am Healing Heart Yoga Center in Los Angeles, was uns angesichts ihrer intensiven Darstellung der Callisto zeigt, dass man Schauspieler nie mit ihrer Rolle verwechseln sollte.