FANWORK > Fanfiction > Anne Azel - Amazon Encounter Teil 2

Disclaimer: Die Charaktere von Xena und Gabrielle sind Eigentum von Universal und Renaissance Pictures. Es ist keine Copyrightverletzung beabsichtigt.
Warnung: Diese Geschichte gehört zu "Alternative Fiction". Bitte lest sie nicht, wenn ihr minderjährig seid oder es an eurem Ende von der Welt illegal sein sollte.
Notiz: Alle Beschreibungen der Flora und Fauna in dieser Geschichte sind real, ebenso die der Indianergruppen und der natürlichen Topografie. Sie sind Bestandteil meiner eigenen Feldforschungen in diesem Gebiet. Cats Paw kommt als mögliches Medikament bei der Behandlung von Krebs in Betracht.

Anmerkung von jany_: Da dieser Encounter als Grundlage zum Verständnis der folgenden Encounter dient, habe ich mir erlaubt ihn hier zu posten, obwohl ich Finonomene nicht erreicht habe. Die Übersetzung ist Eigentum von Finonomene und wird wieder offline genommen, falls sie ein Problem damit haben sollte, dass ihre Übersetzung hier gepostet wurde.

Amazon Encounter

By
Anne Azel

a_azel@hotmail.com

Übersetzung von finonomene@planet-interkom.de

Teil 2
Kris belud sorgfältig das Kanu, bedeckte die Fracht mit einer Plastikplane und band sie fest. Zufrieden half sie schweigend Morgan in das Boot, wo sie das Gepäck so arrangiert hatte, dass sie sich mit dem Rücken dagegen lehnen konnte. Mit einem kräftigen Stoß schob sie das schwere Boot vom Ufer weg und sprang über den Rand. Mit ausgebreiteten Armen, um die Balance zu halten, ging sie zum Heck und griff rasch nach dem zweiten Paddel. Starke, erfahrene Schläge drehten das wackelige Boot herum und sie waren auf ihrem Weg zum Alto Venturi Fluss, der sie schließlich zu den Wassern des Orinoco führen würde. Morgan nahm ihr Paddel und versuchte ihr Bestes, sich den langen und gleichmäßigen Schlägen ihrer schweigsamen Gefährtin anzupassen.
In kurzer Zeit war Morgan nass von Schweiß und völlig überhitzt. Die Luft stand und die Brise, die die letzten Tage angenehm gemacht hatte, war verschwunden. Sie trieben immer weiter vorwärts. Morgan ertrug es mit grimmiger Entschlossenheit.
Es war lange Nachmittag, als die stille Kriegerin endlich Halt machte und ihr Gefährt in eine grüne Lagune steuerte. Als Morgan mit steifen Beinen ausstieg, durchbrach etwas sehr Großes das stille Wasser und verschwand gleich darauf wieder, nur eine leicht gekräuselte Oberfläche zurücklassend und Morgan dachte zunächst, sie hätte gar nichts gesehen. "Ahh, Kris, ich glaube, da ist etwas im Wasser," flüsterte sie nervös und brach das Schweigen, dass schon fast den ganzen Tag zwischen ihnen herrschte.
"Süßwasserdelphine. Es gibt ein Rudel von sechs Tieren, die hier fischen," erklärte ihre Führerin, die damit beschäftigt war, ein Bündel unter der Plane hervor zu suchen. Gerade in diesem Moment durchbrachen zwei Delphine die Oberfläche Seite an Seite und tauchten wieder unter Wasser.
"Wow!" stieß Morgan hervor, ihre Augen vor Erstaunen weit aufgerissen, suchte sie das Wasser ab, um einen weiteren Blick zu erhaschen.
Kris lächelte leise über die Freude ihrer Reisegefährtin. Sie war sich nicht sicher, warum sie wollte, dass Morgan dieses Schauspiel sah, es war ja keine Besichtigungstour oder so etwas. Sie war angeheuert worden, um die Kundin in das Gebiet zu bringen, in das sie wollte und das war alles. Sehr zu ihrem eigenen Erstaunen, hatten ihr die drei Tage mit ihr und den Harrisses gut gefallen. Sie mochte besonders Morgans unschuldiges Vergnügen am Regenwald. Zur Hölle, sie mochte Morgan! Es war dumm und diese Anziehung machte sie wütend auf sich selbst, aber sie erfüllte sie auch mit einem gewissen Glücksgefühl, dass sie schon... eine lange, lange Zeit nicht mehr... verspürt hatte. "Ich dachte wir setzen vielleicht ein frühes Camp an und schwimmen ein wenig mit ihnen," sagte Kris ein wenig unsicher. Völlig überraschend kam Morgan herüber und schenkte ihr eine rasche Umarmung. "Hey! Was machst du da?!" grummelte die größere Frau plötzlich sehr verlegen, als könnte Morgan ihre Gedanken lesen.
"Ich drücke der großen, dunklen Kriegerin meinen Dank aus, die wie eine Verrückte den ganzen Tag gepaddelt ist, damit wir hier Zeit verbringen können," lächelte Morgan und wandte sich um, um in ihrem Gepäck nach ihrem Badeanzug zu suchen.
"Es hat einfach gut geklappt," murmelte ihre verlegene Führerin, während sie die Sachen auslud. Morgan beobachtete die große Frau bei ihrer Arbeit aus den Augenwinkeln. Kris war unglaublich gutaussehend. Nicht nett oder hübsch, ihr Gesicht war zu kantig, aber im klassischen Sinne schön, stark und edel wie eine griechische Statue. Es war faszinierend anzusehen und gleichzeitig beängstigend, wie ganz nahe an einem wunderschönen, jedoch gefährlich tödlichem Tier. Morgan fuhr mit der Zunge über ihre ausgetrockneten Lippen. Mist! Reiß dich zusammen, Morgan! Und die kleine Ärztin setzte sich auf eine Ecke des Bootes und nahm ihre Schiene ab.
Die Delphine waren klein. Vielleicht zwei Meter lang und von hellgrauer Farbe. Sie hatten lange, schmale Nasen und eckige, kleine Köpfe. Als die zwei Frauen schwammen, tauchten die verspielten Gesellen auf und stießen sie an. Nachdem sie sich, nach einem langen Tag mühseligen Paddelns in der Hitze, abgekühlt hatten, wandten sich die beiden dem Ufer zu, Kris hob automatisch Morgan hoch, als sie flacheres Wasser erreichten und stellte sie in der Nähe ihrer Schiene wieder auf den Boden. Dann warf sie ein Handtuch in Morgans Richtung. "Danke. Das war einfach großartig. Weißt du, eigentlich sollte ich hier ja arbeiten, aber bisher scheint der Amazonas nur ein riesiger Spielplatz zu sein. Ich fühle mich ein wenig schuldig," bekannte Morgan.
Kris hielt im Abtrocknen inne und schaute Morgan sehr ernst an. Sie konnte noch immer die Wärme des Körpers der kleinen Ärztin an ihrer Brust spüren. Ich muss dem ein Ende setzen, dachte Kris und gab sich selber einen inneren Ruck. "So wird es nicht bleiben. Der Alto Ventuari ist ein schwarzer Fluss. Er hat einen hohen Anteil an Tannin. Der Säuregehalt des Wassers gibt ihm sein klares, teefarbenes Aussehen. Er verhindert auch das Brüten der Moskitos. Wenn wir näher an den Orinoco kommen, dann wird sich die Sache ändern. Wir werden tief in das Amazonasbecken gelangen und dann wird es wirklich heiß und es wird viele Insekten geben.
Der Orinoco ist ein weißer Fluss. Sein hoher Schwebstoffanteil neutralisiert das Wasser und es sieht dann aus wie Tee mit Milch. Du kannst ja sehen, was hier drin ist. Und glaube mir, es gibt einige ganz gefährliche Dinge in diesem Wasser auf die es zu achten gilt. In weißem Wasser brüten die Moskitos und es gibt mehr wilde Tiere. Gehe niemals zu nahe ans Ufer ohne mich. Das Amazonasbecken ist voller Leben und bald hast du es vor Augen. Sowohl Flora, als auch Fauna, wir werden auch auf ein paar ziemlich misstrauische Indianergruppen stoßen. Also genieße diese Tage. Es wird noch ziemlich hart und zwar recht bald."
Morgan nickte ein wenig zurückgestoßen von Kris' plötzlicher Schärfe.
Sie hatten ihre Badeanzüge ausgezogen und ausgebreitet, damit sie etwas trockner würden, aber Kris hatte ihr auch erklärt, dass auf Grund der hohen Luftfeuchtigkeit nichts wirklich richtig trocknen könne, das einmal nass geworden war. Und die Kriegerin zeigte Morgan, wie man ein Camp aufschlug. Weit weg vom Wasser, für den Fall, dass Regen in den Bergen den Fluss ansteigen ließ. Hängematten mit dichten Moskitonetzen wurden zwischen zwei Bäumen aufgehängt, um die am Boden lebenden Insekten fernzuhalten und die Möglichkeit, sich dadurch Malaria einzufangen, zu verringern. Und das Laub der Bäume wurde etwas zurück geschnitten, damit die Schlangen keine Chance hatten. Morgan folgte der Lektion aufmerksam und ernst, bemüht, Kris zu zeigen, dass sie nicht leichtsinnig war. Die implizierte Kritik in Kris' früheren Hinweisen hing ihr noch immer an. Irgendwie war ihr die Meinung dieser Frau wichtig. Kris machte Feuer und sie teilten sich ein heißes Essen aus Reis und Tomaten, das Morgan zubereitet hatte. Augenscheinlich war Kochen das Einzige, was ihre kompetente Führerin nicht konnte!
Nach dem Essen reinigte und ölte Kris ihre Waffen, was Morgan ignorierte und statt dessen ihr Feldtagebuch begann. OK, dachte Kris, ich war ein wenig streng zu ihr und sie mag keine Waffen. Kris stöhnte innerlich auf, ihr behagte dieses unangenehme Schweigen gar nicht. Sie legte die Waffen beiseite und stand auf, um etwas im Gepäck zu suchen. Aus einem Impuls heraus hatte sie ein paar Süßigkeiten aus der Küche mitgehen lassen, bevor sie abgefahren waren. Es schien, als wäre jetzt die rechte Zeit dafür.
"Ahh, die waren bei den Lebensmitteln. Sie schmelzen ziemlich schnell. Ach, vielleicht können wir sie rösten oder so etwas," schlug sie verlegen vor.
Morgan schaute überrascht auf und lächelte schließlich ein wenig nervös, wegen des plötzlichen Stimmungsumschwunges der Kriegerin. "Das würde Spaß machen!... OK," stammelte sie. Kris nickte und verbarg ihr Erröten, indem sie in der Dunkelheit verschwand um ein paar Zweige zu schneiden.
Der Vollmond ging über ihren Köpfen auf und wie Kinder steckten sie ihre Marshmallows ans Ende der Stöcke. "Kris, kann ich dir eine etwas persönlichere Frage stellen?" fragte Morgan, als sie ruhig unter den sanften Strahlen des Mondlichts saßen.
Kris schwand der Mut. Die letzten vier Tage waren so schön gewesen. Sie hätte dieses Gefühl so gerne noch eine Weile länger behalten. Sie fühlte sich einfach entspannt mit Morgan zusammen. Es lag nicht nur daran, dass sie diese Frau attraktiv fand, es war viel komplexer als das. Die Frau schien etwas in ihre Interaktionen zu bringen, das Kris bisher vermisst hatte. Hölle! Sie hatte im Wasserfall mit den Harisses gespielt wie ein Kind, nur um Morgan zu beeindrucken.
"Du kannst fragen. Ich weiß nicht, ob ich antworten kann," erwiderte die dunkelhaarige Frau seufzend und schaute traurig ins Feuer.
"Warum hast du Feinde, die dich töten wollen?"
Blaue Augen schossen hoch, Zorn und dann Sorge wechselten sich in ihrem Blick in schneller Folge ab. "Ich bin hier, um dich zu führen und nicht, um dich zu unterhalten," kam die kurzangebundene Erwiderung. Morgan sah aus, als wäre sie geschlagen worden, dann nickte sie schnell und starrte ins Feuer, Verwirrung und Schmerz füllten ihre Augen.
Die große Frau erhob sich, um den Lichtkreis des Feuers zu verlassen, dann seufzte sie, drehte sich um und setzte sich wieder hin. "Tut mir leid, warum fragst du nicht etwas anderes," murmelte die mysteriöse Frau in der sichtbaren Anstrengung, sich ein wenig sozialer zu verhalten.
Morgan zögerte. Auf der einen Seite wollte sie etwas über diese Frau erfahren, die sie so unglaublich faszinierend fand. Andererseits... "Dein Name klingt griechisch," forschte Morgan weiter und versuchte die stoische Frau zum Reden zu bewegen, nun, da sie einmal angefangen hatte. Kris zuckte zusammen. Oh ha, einen anderen nerv getroffen. Verdammt. "Ich... ich habe meinen Namen geändert. Den Geburtsnamen meiner Mutter wieder angenommen. Mein Großvater mütterlicherseits war Grieche. Eingewandert nach dem Krieg. Mein Vater ist Südamerikaner, e.. er weiß nicht, dass ich noch lebe..." Eine Zeit lang starrte Kris ins Feuer. "Hast du Familie?"
"Ja, Eltern. Mom ist Ärztin und Dad ist Mechaniker. Mein Vater hat auch griechische Vorfahren, aber ich glaube, das ist schon länger her."
Kris sah interessiert auf und es schien, als würde sie sich ein wenig entspannen, wie Morgan gehofft hatte. "Das ist eine seltsame Kombination. Wie haben sie sich kennen gelernt?"
"Mom hatte einen alten Wagen, um den sich Dad gekümmert hat, während sie im Praktikum war. Er hat immer gesagt, dass sie ihn heiraten musste, weil sie nie genügend Geld hatte, ihn zu bezahlen!"
Kris lächelte. Ein wirkliches Lächeln. Das erste, das Morgan bisher gesehen hatte. Ein weißes Aufblitzen der ebenmäßigen Zähne und ein Funkeln, das in ihren Augen tanzte und das sie wesentlich jünger aussehen ließ. Und jetzt zur Sache! dachte Morgan. "Ich habe noch einen jüngeren Bruder, Scott." Das Lächeln war fortgewischt und ließ nur noch zusammengekniffene Lippen zurück. Und was jetzt? "Hast du Brüder oder Schwestern?"
Kris stöhnte und schluckte und stand in einer einzigen fließenden Bewegung auf. Sie schaute hinunter in die grünen Augen, die ihren Blick mit soviel Mitgefühl erwiderten. "Ich hatte einen kleinen Bruder, Neil. Vor zwei Jahren habe ich ihm eine Überdosis Kokain gespritzt, er ist gestorben," bekannte die Kriegerin. In der schockierten Stille schaute Kris in die Sterne und versuchte, die Tränen fortzuzwinkern.
"Hast du deswegen deinen Namen geändert?" fragte Morgan.
Kris nickte und dann wandte sie sich ab und verschwand schweigend zwischen den Bäumen. Morgan blieb beim Feuer zurück und realisierte, dass Kris ein bemerkenswertes Zeichen von Vertrauen gesetzt hatte, auch wenn sie nur einen geringfügigen Teil ihres Schmerzes preisgegeben hatte, jetzt brauchte die Kriegerin wohl Zeit für sich alleine.
Das konnte sie verstehen. Hatte sie sich nicht auch deswegen um diese Feldstudie hier bemüht? Um allein zu sein. Fort von all diesen mitleidigen Blicken. Um ihren inneren Frieden wieder zu finden. Sie hoffte, dass sie damit erfolgreicher war, als Kris. Die Frau war ein Rätsel. Äußerlich so unglaublich stark und doch im Inneren ihrer Seele so fatal verletzt. Morgan wollte sie finden, sie halten, bis der Schmerz nachließ, doch sie wusste auch, dass die seltsame dunkle Frau noch keine Vergebung ihrer Schuld finden würde.
**********
Sie folgten dem Fluss weitere fünf Tage, es entwickelte sich eine gewisse Routine und die beiden funktionierten recht gut als Team. Am sechsten Tag regnete es. Nicht etwa nur ein kurzer Regenschauer, der für den Amazonas typisch war, sondern ein stetiger, kalter Regen, der den ganzen Tag über anhielt. Um die Sache noch schlimmer zu machen, wehte der Wind von den Bergen herab und kühlte ihre Körper bis auf die Knochen aus. "Wie kann es so nahe am Äquator nur so kalt sein," murmelte Morgan mit klappernden Zähnen.
"Es ist nicht wirklich kalt, du hast nur zu viel Körperwärme verloren," erwiderte ihre Führerin, der das miserable Wetter nicht das geringste auszumachen schien. Morgan nickte nur. Sie würde nicht jammern, das war sicher. Sie legte ihr Paddel nieder und griff nach der Plastiktasse, die sie als Schöpfer benutzten, um das Wasser aus dem Boot über den Rand zu schöpfen.
Plötzlich schrie Kris, "Paddeln!" Morgan ließ die Tasse fallen und schnappte sich ihr Paddel in dem Moment, als die erste Welle des steigenden Wassers sie traf. Innerhalb von Minuten wurden sie den Strom entlang in die reißenden Fluten gezogen. Kris kämpfte mit all ihrer nicht unbeträchtlichen Kraft, um das Boot in eine sicherere Zone zu steuern.
Schließlich entdeckte sie einen wohl oft benutzten Uferbereich und stieß das kleine Gefährt über die verwitterte Flussbank und scharfe Steine. Schnell griff sie Morgan und schob sie raus, dann schob sie das Kanu so weit wie möglich aus dem reißenden Wasser, wie sie konnte und band es sorgfältig an einem Ast in sicherer Entfernung fest. Kris Anweisungen folgend, bemühte sich Morgan, ihr beim Ausladen der Fracht zu helfen. Sie hatten gerade ihre Rucksäcke in Sicherheit gebracht, als ein Wasserschwall das Kanu traf und es gegen die Steine schleuderte. Unter Morgans Füßen war nur noch Wasser und sie suchte verzweifelt Halt an einem überhängenden Ast. Ihr Körper war bis zur Hüfte im schlammigen Wasser und die Strömung war unglaublich. Sie konnte spüren, wie ihre Hände den Halt verloren.
Dann war Kris zur Stelle und zog sie auf die sichere Sandbank zurück. "Danke," stöhnte Morgan zitternd vor Furcht und Kälte.
Die Kriegerin nickte, "Komm, es gibt hier eine Indianerfamilie," erklärte sie und half Morgan durch das am Ufer dichte Unterholz, bis sie auf einen Pfad stießen, der vom Wasser zum Land der Indianer führte. Es gab nicht viel zu sehen, nur ein geflochtener Zaun, eine mit Lehm beworfene runde Hütte mit einem Grasdach und eine offene Küche unter einem schlichten Dach. Die Familie begrüßte Kris warmherzig und sie sprach mit ihnen in ihrer Sprache. Kris führte Morgan in die Hütte. Sie zog sie aus und wickelte sie in eine Decke, dann wechselte sie ihre eigenen Kleider gegen trockene. Die faszinierte Indianerfamilie hockte zusammengedrängt am Eingang und beobachtete sie aus sicherer Entfernung. Morgan war alles egal. Sie war jenseits des Denkens. Alles was sie jetzt noch wollte, war, sich zusammenzurollen und zu schlafen, aber ihre Zähne klapperten zu arg, als dass sie es hätte können. Kris setzte sich hinter sie, zog sie gegen ihre Brust und schlang ihre kräftigen, langen Arme um sie. Sie redete leise mit den Indianern und der erwachsene Mann und die Kinder verschwanden. "Kris," murmelte Morgan, "Wie kannst du nur so warm und trocken sein?" fragte sie, aber sie war eingeschlafen, bevor sie die Antwort hören konnte.
*********
Morgan erwachte durch den Klang von Stimmen und dem Geruch nach warmer Erde. Sie zwang ihre verschlafenen Augen, sich zu öffnen und fand sich allein in einer runden Lehmhütte auf dem Erdboden. Zu ihrer Überraschung entdeckte sie, dass sie vollkommen nackt war bis auf die kratzige, graue Decke, die um sie herum gestopft war. Sie setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen, als die Erinnerungen an gestern langsam ihren Weg zurück in ihr Bewusstsein fanden. Wo war Kris? Fragte sie sich. Ihr Rucksack lehnte an einer Wand und sie zog rasch ein paar Kleidungsstücke hervor. Sie wünschte allerdings, dass sie vorher eine Dusche hätte haben können. Ihr Haar war schmutzig und zerzaust und auf ihrem Körper lag eine dünne Schichte getrockneten Flussschlammes. Ab jetzt wird es wohl härter, dachte sie und rief sich Kris' Worte wieder ins Gedächtnis, während sie die Schultern streckte und lauthals gähnte.
Kris saß auf ihren Fersen und sprach mit den beiden Männern, die mit ihr am Feuer unter dem Dach saßen. Sie besprachen die Details einer Tagesjagd und gaben, wie es Männer tun, mit deren Ergebnissen an oder lachten über ihr eigenes Pech. Kris fand ihr Gespräch erholsam. Diese Männer waren Jäger, wie sie selber auch. Gelegentlich rührte einer der beiden im Topf in einer dicker werdenden Substand, der auf dem Feuer über den Kohlen stand.
Sie stellten Gift her, das sie für die Pfeile der Blasrohre brauchten. Kris passte in ihrer Art perfekt zu diesen Männern. Wurde eine von ihnen, auch wenn die Kriegerin die Männer des Regenwaldes um einiges überragte.
Ihre Gedanken, die bis dahin mit Morgan beschäftigt gewesen waren, richteten sich nun auf ihre Pläne für die heutige Jagd. Sie war erfreut, dass ihr die Führung übertragen worden war und sie das Recht auf das erste Blut hatte, aber ihr Gesicht verriet nichts davon. Sie nickte akzeptierend, ohne Ehre oder Stolz, so wie es von ihr erwartet wurde. Sie übernahm die Führung nicht als Kommandierende, das hätte das Ehrgefühl der Indianer verletzt, sondern durch Beispiel, tauchte die Spitzen ihrer geliehenen Pfeile in die Mischung und blies vorsichtig darauf um die Droge daran zu trocknen.
Sie war sich bewusst, dass Morgan am Eingang der Hütte stand und sie beobachtete und sie war froh, zu sehen, dass die kleine Ärztin sie das Gesicht wahren ließ, indem sie sich nicht zu ihr und den Männern setzte. Morgan schien immer zu verstehen. Sie war sicher eine gute Ärztin. Sie hatte ein Händchen für Menschen. Sorgfältig ihre Pfeile zusammenlegend, steckte sie sie in einen hölzernen Köcher, der über ihre Schulter hing. Dann hob sie das lange Blasrohr auf und stand auf. Mit etwa zwei Metern Länge war die harte Holzröhre gerade und perfekt ausbalanciert. Sie lag bequem und vertraut in der Hand der Kriegerin. Sie duckte sich unter der herabhängenden Ecke des Vordaches hindurch und ging über den Hof auf Morgan zu.
"Guten Morgen, Schlafmützchen," grummelte Kris und schaute auf Morgan hinunter.
Morgan lächelte vergnügt und bedeckte ihre Augen mit der Hand gegen die Morgensonne. "Selber hallo!" Mein Gott! Diese Frau strahlt eine Kraft und Kontrolle aus, dachte sie bei sich, und betrachtete den muskulösen Körper, der gegen einen langen Stab lehnte.
Kris schaute für eine Sekunde zu Boden und stocherte mit der Schuhspitze im Schlamm herum. Verdammt, diese Frau war unglaublich schön, sogar so schlammverkrustet wie jetzt! In ihrem Haar tanzten rotgoldene Funken vom Sonnenlicht und in ihren Augen funkelte das Leben. Kris' wachsame und zugleich verschleierte Augen trafen Morgans, "Ah... ich werde heute bei der Jagd helfen. Sie brauchen Nahrung und wir haben eine Menge unserer Vorräte verloren, wir können es wirklich gebrauchen," erklärte Kris und setzte dann nach, als wäre es ihr gerade erst eingefallen, "Bist du OK?"
Morgans Gesicht zersplitterte in ein glückliches Lächeln, sie hob den Kopf und schaute Kris mit funkelnden Augen an, "Ja, es geht mir gut... Du bist vorsichtig, OK?" setzte sie ernst hinzu.
Kris hob grinsend eine Augenbraue, "Fürchtest du, mitten am Amazonas alleine gelassen zu werden?"
"Nein, ich sorge mich nur um dich," antwortete Morgan voller freundlicher Aufrichtigkeit. Zu ihrer Überraschung verursachte diese sachliche Bemerkung ein tiefes Erröten in Kris Gesicht und die mächtige Kriegerin schien für einen Augenblick ausgesprochen verletzbar zu sein, dann sank die Maske wieder und Kris drehte sich abrupt um und ging zurück zu der Gruppe Männer, die bereits auf sie warteten.
Sie übergab einem von ihnen ihr Blasrohr und beugte sich unter das Dach. Dort hob sie einen Flaschenkürbis hoch und brachte ihn zu Morgan. "Hier, trink das," wies sie sie an und hielt ihr die Flasche hin.
Morgan roch daran und verzog das Gesicht, "Was ist das?" fragte sie.
Die größere Frau zuckte mit den Schultern, "Eine Wurzel aus dem Wald, heilt Mageninfektionen, du hast gestern wahrscheinlich eine Menge Flusswasser geschluckt. Ich dachte, wir gehen am besten sicher."
Morgan nahm die Flasche und trank die bittere Substanz ohne weitere Fragen. Wie viel wusste Kris eigentlich über Dschungelmedizin? Und kannte sie Ellburns Pflanze? Fragte sich Morgan, während sie Mühe hatte, die Flüssigkeit herunterzuschlucken, ohne dabei das Gesicht zu verziehen.
Kris lächelte und berührte für den Bruchteil einer Sekunde Morgans Arm, dann drehte sie sich um und rief den wartenden Männern etwas zu. Einer von ihnen warf ihr das Blasrohr zu, das sie mit Leichtigkeit aus der Luft fing und dann marschierten sie den schmalen Pfad durch das Unterholz in den Wald davon.
Morgan verbrachte den Tag damit, sich und ihre Sachen zu waschen und zu lüften. Der Inhalt einer schlammdurchtränkten Tasche, das einzige, was sie vor dem Fluss hatten retten können, war teilweise noch verwendbar, aber sie hatten eine Menge der dehydrierten Nahrungsmittel verloren. Glücklicherweise waren Morgans Feldtasche und ihre medizinischen Vorräte verschont geblieben, ebenso wie ihre persönlichen Rucksäcke.
Als Morgan zum Waschen aufbrach, führten die beiden Frauen und die Kinder sie unter lautem Gelächter zu einem klaren Seitenarm des Flusses. Alle mussten sie ständig Morgans langes, erdbeerblondes Haar berühren und befühlen und sie ließ sie voller Freundlichkeit gewähren, während sie unter den Blicken der Indianerfrauen ihre Wäsche wusch. Morgan genoss den stillen Tag um sich zu sammeln und sich von den Missgeschicken des Vortages zu erholen. Jedoch als die Zeit verging, wuchs ihre Sorge mehr und mehr und sie war erleichtert, als Kris kurz vor Sonnenuntergang mit zwei der Männer zurückkehrte. Zwischen ihnen hing der Körper eines großen Affen.
Kris ließ ihre Bürde von der Schulter fallen und kam zu Morgan. "Alles in Ordnung?" fragte sie und ihre Augen untersuchten Morgan nach irgend einer Veränderung.
Morgan nahm Kris den langen Stab ab, den diese immer noch fest in der Hand hielt und lehnte ihn gegen die Hütte. "Es geht mir gut. Was ist das eigentlich?" fragte Morgan und schaute erst die größere Frau an, dann auf den Holzstab.
"Ein Blasrohr," erklärte die Führerin in der ihr üblichen, kurzangebundenen Weise.
"Wirklich!" begeisterte sich Morgan und wandte sich voller Interesse der Waffe zu. Sie schaute die Ältere an, "Noch eine deiner vielen Fähigkeiten?" scherzte sie und wurde mit einem schiefen Lächeln bedacht.
"Zeig es mir," bat Morgan aufgeregt.
Die Kriegerin griff in den Köcher nach einem Pfeil und hielt ihn der Ärztin zum Betrachten hin. In ihrer Hand lag eine etwa 15 cm lange, schwarze Nadel. Am Ende waren ein paar Federn für die Balance angebracht. "Es ist eine Art Dorn von einem Baum," erläuterte Kris, "Die Spitze ist mit einem Gift getränkt, dass aus der Haut eines ganz bestimmten Frosches gewonnen wird. Es tötet das Tier nicht, wie die meisten Menschen glauben. Es lähmt es und dann kann man es töten."
Morgan nickte verstehend, sie erkannte, dass Kris ihr Interesse teilen wollte, auch wenn Morgan insgeheim um die Tiere besorgt war.
Kris griff hinter Morgan nach dem Blasrohr und ihre Körper kamen sich dadurch sehr nahe. Morgan konnte den würzigen, schweißigen Geruch der Kriegerin wahrnehmen und fühlte die trockene Hitze, die dieser Körper beinahe immer auszustrahlen schien. "Die Röhren sind so lang, um den Pfeil in der Bahn zu halten. Je länger die Röhre ist, um so genauer ist der Schuss." Kris steckte einen Pfeil in das Ende und hielt das Blasrohr dicht vor ihr Gesicht. Sie holte tief Luft und stieß sie mit einem plötzlichen, kräftigen Atemzug in die Röhre aus. Eine Explosion von Luft fuhr aus dem anderen Ende und der tödliche Pfeil schoss in einen Baumstumpf in einiger Entfernung. Morgan schaute Kris voller Erstaunen an und umarmte sie plötzlich heftig und schnell. Diesmal versteifte sich Kris nicht bei diesem Kontakt, sondern lächelte verschmitzt die kleine Ärztin an.
"Du bist mir eine, weißt du das, Kristinia Thanasis?!" lachte Morgan und schaute Kris von unten her, ungläubig mit dem Kopf schüttelnd, an.
Kris schnaubte freundlich und lehnte das Blasrohr wieder an die Hüttenwand, "Komm jetzt, zeig mir, wo ich mich waschen kann und dann lass uns sehen, was es hier zu essen gibt. Ich bin halb verhungert," sagte sie und Morgan führte sie an den Fluss zum Baden.
Sie wartete in einiger Entfernung, bis Kris sauber und in frischer Kleidung wieder erschien. Dann brachte sie die Kriegerin zum Dach über der Küche, wo sie Kris mit einem guten Essen überraschte, das sie aus Gemüse und Hühnersuppe gekocht hatte. Zum Dessert gab es Bananen aus dem Garten der Familie. Sie saßen Seite an Seite an der aufgehenden Wand, schauten den Männern beim Aufbrechen der Beute und den Frauen beim Herausschneiden langer Fleischstreifen zu, die über dem Feuer zum Trocknen aufgehängt wurden. Während Großvater und Vater arbeiteten, erzählten sie den Frauen und den Kindern von der heutigen Jagd, redeten aufgeregt und zeigten oft in Kris' Richtung. Gelegentlich musste Kris über etwas was sie sagten, lachen oder sie errötete tief.
Morgan aß schweigend ihr Essen und beobachtete diese Interaktion voller Interesse. Sie musste die Sprache nicht verstehen, um zu erkennen, dass die Männer in Kris die Heldin des Tages sahen. Sie lächelte voller Stolz und entdeckte zu ihrem Erstaunen, dass sie an Kris' Arm lehnte. Wenn Kris davon Notiz genommen hatte, so zeigte sie es nicht, also blieb Morgan wo sie war und genoss die angenehme Rückenlehne. Das ist albern, grübelte sie und betrachtete die Indianerfamilie, ich zeige klare Anzeichen von Besitzerstolz. Bin stolz auf Kris' großartige Leistung und verspüre den Drang, sie zu berühren, wenn andere über sie reden... komm auf den Boden der Realität hier zurück, Lady! Kris ist deine Führerin. Du kennst sie gerade mal eine Woche. Sie scheint wie eine enge Freundin. Es ist schwer, daran zu denken, dass sie eine Fremde ist.
Kris seufzte leise, zufrieden mit der Jagd und glücklich darüber, dass die Familie mit genügend Fleisch versorgt war. Sie hatte Morgan nicht erzählt, dass sie es war, die die Gruppe Affen entdeckt hatte und drei der älteren Männchen getötet hatte. Dennoch blieb die Gruppe gesund und stark zurück. Sie hatte schon realisiert, dass Morgan es irgend wie herausgefunden hatte.
Die kleine Ärztin schien eine Menge über Menschen zu wissen. Sie mochte die Art, wie Morgan ihr Vertrauen in sie zeigte und so lehnte sie sich zufrieden an die Wand zurück. Diese Frau war klug, gut informiert, sie hatte bereits in ihrer Ausbildung gesehen, was Drogen aus Menschen machen konnten und dennoch verurteilte sie Kris nicht oder fürchtete sie gar, wie es so viele andere taten. Kris erkannte, dass sie sich glücklich fühlte. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so glücklich gefühlt. Ich glaube, das liegt daran, dass du meine Freundin bist, dachte sie und schaute auf die jüngere Frau hinab, die neben ihr schon halb eingeschlafen war. Kris legte vorsichtig einen schützenden Arm um Morgan und ließ sie sich enger an ihre Seite lehnen um sie in der kühlen Nachtluft zu wärmen. Eine Freundin. Was für ein überraschender, aber schöner Gedanke, beschloss Kris.
"Morgan?"
"Hmmm,"
"Warum hast du Alpträume?" fragte Kris leise. Sie spürte, wie sich der Körper so nah an ihrem versteifte und sich dann zu entspannen suchte.
"Ich glaube ich kämpfe mit meinen eigenen Wunden, ich hatte nie wirklich Zeit, damit fertig zu werden, was in dieser Nacht geschehen ist. Ich... ich... weiß es nicht... jedenfalls nach all den Jahren hat die Polizei schließlich die drei gefunden, die Ricky getötet haben. Sie kamen in diesem Jahr vor Gericht und sind durch einen Verfahrensfehler davon gekommen. Ich konnte damit einfach nicht umgehen. Ich schätze, ich hätte tapferer sein sollen und weitermachen, aber urplötzlich sah ich mich einer ungerechten Behandlung gegenüber. Ich dachte, hierher zu kommen, würde helfen. Weißt du, ein wenig Abstand bringen... aber das hat es nicht."
Eine Zeitlang starrten beide in die Flammen. Dann kam Kris leise Stimme, beinahe körperlos. "Ich bin wie sie. Ich habe schlimme Dinge getan und niemals wirklich dafür bezahlt." Morgan schaute auf den Arm hinunter, der um sie gelegt war und drückte die große, kräftige Hand, die von ihrer Schulter herabhing. "Ich kenne deine Vergangenheit nicht, Kris, aber ich weiß, dass du Reue empfindest. Sie nicht. Du hast dich deiner Vergangenheit gestellt. Das werden sie nie." Darauf gab es keine Antwort. Die beiden saßen schweigend nebeneinander. Schließlich schloss Morgan die Augen.
Die Familie hatte das Fleisch dem Rauch überlassen, gelegentlich kehrte der eine oder andere zurück um mit einem Stock die Glut neu zu entfachen. Sie saßen leise erzählend unter dem Dach der Küche, die Kinder lehnten schlafend an den Knien der Erwachsenen oder spielten in der Nähe. Morgan erwachte und fand sich beschützt von der menschlichen Lehne in Kris' Arm. Die Nacht war angenehm und die Sterne leuchteten über ihren Köpfen. Sie konnte Kris atmen hören, die neben ihr döste. Morgan lächelte und fühlte sich aus irgend einem Grunde bemerkenswert zufrieden. Sie hatte dieses Gefühl schon seit Ewigkeiten nicht mehr genossen.
Als sie aufsah, begegneten ihre Augen denen des kleinen Indianermädchens. Sie beobachtete Morgan und ihre schlafende Freundin mit scheuer Faszination. Morgan winkte sie mit der Hand heran, aber ihr freundliches Lächeln erstarb auf ihren Lippen, als sie hinter dem Kind plötzlich kalte, gelbe Augen aufleuchten sah, die sich verengten, als ihr Blick sie traf. Ihr Instinkt reagierte, bevor Morgan Zeit hatte, nachzudenken. Im Bruchteil einer Sekunde war sie auf den Füßen und griff nach dem Blasrohr auf der Suche nach einer Waffe. Als der Jaguar auf das Kind zusprang, schlug ihm Morgans Kampfstab auf den Rücken.
Das fauchende Tier sprang mit dem schrecklichen Zischen einer Katze zurück und wandte seine Aufmerksamkeit der tapferen Ärztin zu, die über dem Kind stand, bereit, es mit ihrem dünnen Stab bis zum Tod zu verteidigen. Plötzlich tauchte Kris vor ihr auf und fing den angreifenden Jaguar, die Kraft seines Sprunges nutzend, mit einem Schlag vor die Brust ab. Eine Masse von Muskeln und Blut verlor sich mit ihr in der Dunkelheit.
Morgan hob das verletzte Kind auf und trieb die schockierte Familie in die Sicherheit der Hütte, wo sie das weinende Mädchen der Mutter übergab. Dann kehrte sie zu ihrer Waffe zurück, entschlossen ihre Freundin vor dem Eindringling zu retten.
Dort, im sanften Glimmen des Feuers stand Kris. Den Körper des toten Jaguars in der einen Hand und ein blutiges Messer in der anderen. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck unverhohlener, tödlicher Freude. Sie sah herab und ihre kalten Augen trafen Morgans mit einem mächtigen Ausdruck von Herausforderung, die verschwand, als sie die kleine Ärztin erkannte. Morgan stöhnte auf und trat einen Schritt zurück und Kris Mund verzog sich zu einem grausamen Lächeln. "Geh und hilf dem Kind," grollte sie, kaum ihre Kraft zügelnd. Morgan nickte und wich zurück, dann drehte sie sich um und lief ängstlich zur Hütte zurück. Hinter ihr ertönte ein Wutschrei aus der Dunkelheit.
Das Kind hatte eine tiefe Kratzspur auf dem Rücken. Morgan arbeitete sehr sorgfältig, sie war sich der sanitären Bedingungen hier wohl bewusst. Sie reinigte die Wunde und war erleichtert, als sie die Großmutter mit einem Topf voll heißen Wassers kommen sah. Mit einer desinfizierenden Creme reinigte sie ihre Hände und sprühte die schlimmsten Stellen mit beinahe allem Gefrierspray ein, das sie dabei hatte. Dann verband sie vorsichtig die Wunden, leise mit dem Kind redend, während sie arbeitete. Die Mutter schaute ängstlich die kleine Ärztin an und Morgan lächelte ihr aufmunternd zu, als sie ihre Ausrüstung einsammelte und voller Sorge zu Kris hinausging.
Sie fand sie sitzend gegen einen der Pfosten des Vordaches gelehnt. Den toten Körper des Jaguars neben sich und das blutige Messer noch immer in der Hand. Ihre Augen waren weit fort und ihr verzweifelter Blick fuhr Morgan bis ins Herz.
Sie kniete sich neben die Frau, nahm ihr das blutige Messer aus dem steifen Fingern und legte es zur Seite. Dann zog sie behutsam das zerrissene T-Shirt fort, um sich den Schaden besser ansehen zu können. Kris' linker Arm und ihre Schulter waren zerbissen und Blut rann aus einer großen Wunde am Hals herab. Ein wenig näher und es hätte ihre Schlagader getroffen, erkannte Morgan und das ließ ihr Herz beinahe aussetzen.
Sie befeuchtete einen Lappen mit warmem Wasser und reinigte die Blutspuren von der Haut, dann wandte sie sich den Wunden der Kriegerin zu, wohl wissend, dass so gut wie gar kein Spray mehr übrig war.
Kris schaute ihr mit müdem, desinteressiertem Blick zu. Gelegentlich kniff sie die Augen vor Schmerz zusammen oder ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, aber das war alles. Morgan redete sanft auf sie ein, erklärte ihr, was sie tat oder erzählte lustige Geschichten, während sie ihre Untersuchung fortsetzte. Sie verband Kris Arm und Schulter mit einem dicken Verband und gab ihr eine Spritze gegen Infektionen.
Kris beobachtete jede Bewegung, aber sie sagte nichts. Als Morgan sich nach getaner Arbeit zurücklehnte, trafen ihre sanften, grünen Augen verstörte und verletzte blaue. Aus einem plötzlichen Impuls heraus beugte Morgan sich vor und küsste Kris sanft auf die feuchte Stirn. "Danke. Du hast mir schon wieder das Leben gerettet." Sie lächelte in diese blaue Tiefe und für den Hauch eines Augenblickes entdeckte sie Erleichterung, bevor sich die Augen senkten. "Kannst du mir helfen? Ich muss dich in die Hütte bringen," erklärte Morgan, legte einen Arm um Kris und versuchte mit dem Gewicht der gefallenen Kriegerin auf ihrem gesunden Bein, aufzustehen.
Kris stand auf und schaukelte ein wenig, dann nahm sie Morgan bei den Schultern und schaute die verschreckte Frau im fahlen Licht des Feuers an. "Du hast mich zu Tode erschreckt," flüsterte sie.
Morgan lächelte zurück in das besorgte und verstörte Gesicht, "Ja, DU hast MICH zu Tode erschreckt!" erwiderte die kleinere Frau aufrichtig. Kris lächelte nervös und gestattete Morgan, ihr in die Hütte zu helfen. Drinnen legte Morgan ihre Führerin auf den Boden und setzte sich dann zwischen die Körper der Kriegerin und des kleinen Kindes, um sich während der Nacht um sie zu kümmern.
Als Kris am Morgen erwachte, war es durch den pulsierenden Schmerz. Sie brauchte ein paar Minuten, bevor sie noch etwas anderes gewahr wurde. Als es ihr gelang, entdeckte sie zu ihrem Erstaunen, die Freundin hörbar schlafend, den Kopf vorsichtig auf dem Bauch der Kriegerin. Aus einem Impuls heraus, hob diese eine schwache Hand und hob eine Strähne des blonden Haares an und spielte gedankenverloren damit. Eine leichte Bewegung und dann schaute sie auf in verschlafene, grüne Augen, die ihren Blick erwiderten. "Hi," murmelte sie vorsichtig.
Morgan lächelte und hob eine müde Hand um sich die Augen zu reiben. "Es ist gut, eine Freundin zu haben, die ein so prächtiges Kissen abgibt," murmelte die Ärztin und schloss die Augen wieder. Sie spürte das leise Lachen der Kriegerin unter sich.
"Was, wenn diese Freundin aufstehen und sich für den Weitermarsch fertig machen muss?" forderte Kris sie freundlich heraus, wohl wissend, dass sie vom Blutverlust geschwächt, für eine Weile nirgendwo hin gehen würde.
"Das wird nicht passieren," erklärte die kleinere Frau zufrieden und schaute zur Seite in ein irritiertes Gesicht. Eine Augenbraue wanderte in die Höhe, "Sagt wer?" fragte die Kriegerin ungläubig.
"Sagt dein Doktor," grinste die kleinere Frau und ließ ihren Kopf fest im Schoß der Kriegerin liegen. Blaue Augen schauten sie mit einer Mischung aus Verwirrung und Unsicherheit an. "Ich bin OK. Morgan. Ich heile wirklich schnell," erklärte die dunkelhaarige Frau.
"Ja, ich weiß, ich habe deine Wunde die ganze Nacht voller Erstaunen beobachtet. Sie hat sich beinahe vor meinen Augen geschlossen. Aber meine beiden Patienten haben ein wenig Temperatur und ich bin erschöpft. Also sei ein liebes, kleines Kissen und lieg still, OK?" sagte Morgan und fühlte mit einer leichten Berührung Kris' Wange, um zu sehen, ob das Fieber gestiegen war, während sie geschlafen hatte. Kris schüttelte sie mit einem Brummen ab und schloss ihre Augen. Für eine lange Zeit schaute Morgan sie nur an.
Also, Kris hat mich so nahe herangelassen. Voller Einsatz, hohes Risiko und Sieg, überlegte Morgan. Ich will sie. Glaube ich. Ich wünschte, ich hätte mehr Erfahrung. Zur Hölle! Ich wünschte, ich hätte überhaupt Erfahrungen! Die Wahrheit war, dass Morgan sich in der Schule selbst übertroffen hatte. Ganz das Kind, dass niemals die Chance hatte, soziale Kontakte mit Gleichaltrigen zu pflegen. Und später, während der Ausbildung, als Altersunterschiede keine so große Rolle mehr spielten, gab es diese fatale Nacht und die lange Zeit der Genesung. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie Frauen bevorzugte. Als Ricky und sie sich schließlich einander offenbart hatten, fühlte sie sich mit dieser Entscheidung sehr wohl. Sie war von Kris angezogen. Mein Gott! Wer wäre das nicht? Aber jetzt war es nicht mehr nur hypothetisch. Hier lag sie, den Kopf auf dem Körper ihrer Führerin und Kris ließ es zu. Das war erstaunlich und sehr, sehr beängstigend.
**********
Der Morgen war ein Erfolg gewesen, dachte Morgan. Sie hatte Kris in der Hütte festhalten können, bis die Sonne hoch über dem Horizont stand. Dann hatte sie der Kriegerin vorgeschlagen, doch ihre Waffen zu reinigen und das beschäftigte die Frau bis zum späten Nachmittag. Aber nun konnte sie definitiv Anzeichen von Ruhelosigkeit aufkommen sehen.
Morgan seufzte, wechselte den Verband des Kindes und klopfte ihrer Mutter ermutigend auf die Schulter.
Die letzten paar Tage, in denen ihre größere Patientin gesund wurde, hatten ihr den wirklich Respekt vor der Krankenpflege beigebracht! Sie setzte ein breites Lächeln auf und ging hinüber zu der Kriegerin, die auf und ab lief, wie ein Tier in einem Käfig. "Hast du Lust auf einen Spaziergang?" fragte Morgan und schaute zu ihrer Patientin auf.
Kris schmollte und Mordlust glänzte in ihren Augen. "Ich habe Ärzte schon immer gehasst," grummelte sie, "Und jetzt weiß ich auch wieder warum!"
Morgan lächelte geduldig und zog Kris an ihrem gesunden Arm. "Komm schon, lass uns die Zeit nutzen. Du kannst mir unterwegs erklären, worauf ich achten muss. Jetzt, wo unser Kanu verloren ist, werden wir ja wohl zu Fuß weitergehen müssen."
Dieses Argument schien die Zustimmung des pragmatischen Verstandes der Führerin zu finden und Morgan fand sich bald darauf beim Versuch wieder, den ausgreifenden Schritten der ruhelosen Kriegerin folgen zu müssen, die sie tiefer und tiefer auf dem überwachsenen Pfad in den Regenwald führte. "Puh, Stop!" ächzte Morgan und plumpste auf den Boden. Die Führerin drehte sich in einiger Entfernung um und entdeckte, dass sie ihre Gefährtin verloren hatte. Sich verschmitzt an der Nase kratzend, kehrte sie um.
"Oh... tut mir leid, ich.... aah," sie zuckte zusammen und erstarrte. "Morgan, nicht bewegen," flüsterte die ältere Frau besorgt. Morgan wurde steif und unterdrückte einen Schrei, als sie haarige Beine spürte, die über ihre nackten Knöchel krabbelten. Als sie hinsah, entdeckte sie eine riesige, schwarze Spinne, die ihr Bein heraufwanderte. Kris kniete sich vorsichtig neben die entsetzte Ärztin.
"Sag mir, das es nicht das ist, wofür ich es halte," flüsterte Morgan, sich sicherer fühlend, nun, da ihre fähige Führerin nahe war.
"Doch, das ist es," stöhnte die Kriegerin und ihre Hand schoss mit unglaublicher Schnelligkeit vor und schlug die Schwarze Witwe von Morgans Bein. Mit der anderen Hand zog sie Morgan hoch und die kleinere Frau fiel gegen ihre Brust. Instinktiv schlang Kris ihre Arme um die Ärztin, um ihr Halt zu geben. Sie schaute in genau dem Moment nach unten, als Morgan aufsah und sie teilten beinahe den gleichen warmen Atemzug aus ihren Mündern.
Morgans Arme glitten Kris' Arme hinauf, Kris neigte den Kopf... dann wich sie, plötzlich schluckend, zurück. "Ahh... Lektion Nummer eins," stammelte Kris und versuchte, sich wieder in den Griff zu kriegen, "Immer erst hinschauen, bevor du dich setzt und..." Kris' Lektion wurde durch Morgan abgeschnitten, die sie herum drehte und, auf Zehenspitzen stehend, kurz mit ihren Lippen die der Kriegerin berührte.
Sie wich zurück und wartete nervös auf irgend eine Reaktion von der erstarrten Führerin. Dann schlangen sich starke, lange Arme um sie und zogen sie eng an sich und ein dunkler Kopf neigte sich Morgans Lippen zu und fingen sie in einem leidenschaftlichen Kuss ein. Morgans Lippen öffneten sich und Kris eroberte sie fordernd. Ihre Zungen spielten miteinander und Morgan stöhnte am Mund der Kriegerin, während Begehren durch ihren ganzen Körper strömte. Der Kuss ließ sie beide zitternd zurück, Kris hielt Morgan fest an sich gepresst. Ihr Kopf ruhte auf dem Scheitel der Freundin.
"Das darf nicht geschehen," stöhnte die größere Frau und rüttelte Morgan in ihren Armen.
"Ist es aber," stellte die Jüngere fest und barg ihren Kopf an Kris' Brust.
"Du kennst mich nicht. Ich kann dich nicht in meine Welt bringen. Du verdienst Besseres, Morgan," argumentierte Kris und ihre Stimme war voller Schmerz.
Morgan schaute auf und schlang ihre Arme um den Nacken ihrer Kriegerin, "Ich habe das Beste," antwortete sie schlicht.
Kris zog sie eng an sich, "Du..."
"Nein." Plötzlich versteifte sich die kleine Frau und wandte sich von der Kriegerin ab, "Es... es tut mir leid. Das war nicht fair von mir. Ich... ich... ich meine, du kennst bestimmt eine Menge wunderschöner und interessanter Menschen und ich.... bin... verkrüppelt und verletzt und..."
Kris legte ihre Arme um den zitternden Rücken, "Du bist so schön, dass mein Körper bei deinem Anblick vor Begehren schmerzt. Wenn ich mit dir zusammen bin, dann öffnet sich meine Seele und... und ich bin glücklich. Wirklich, wirklich glücklich," bekannte Kris, von der Unsicherheit der Freundin verletzt. Sie ging um sie herum und schaute in die tränenfeuchten Augen. Vorsichtig küsste sie sie fort, neigte den Kopf und fing Morgans Lippen mit einem süßen, zärtlichen Kuss ein. "Ich habe solche Angst, dass du durch meine Vergangenheit verletzt wirst."
Morgan barg ihren Kopf am rauen Baumwollshirt der Freundin. "Es ist, als hätte ich dich schon immer gekannt. Als würde ich nach Hause kommen."
Morgan erkannte, dass Kris nicht unter Druck gesetzt werden durfte, dass sie Zeit und Raum brauchte, um damit zurecht zu kommen, was gerade passiert war. Sie erkannte auch, dass ihr Unfall und die Anforderungen ihres Studiums ihr Jahre geraubt hatten, in denen sie hätte Erfahrungen sammeln und Beziehungen aufbauen können. Sie hatte Angst, dass sie der weltgewandten Kris nicht würde genügen können, ob sie mit solchen Gefühlen und so weniger Erfahrung überhaupt klar kommen würde.
"Also, was ist die erste Lektion?" fragte Morgan und wich zurück.
Kris legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie kurz. Dann ging sie dahin, wo Morgan zuvor gesessen hatte. "Siehst du dieses fingergroße Loch im Boden? Das ist das Nest der schwarzen Witwe. Erkennst du den Spinnenfaden am Eingang? Danach musst du Ausschau halten, denn sie haben die Angewohnheit, heraus zu springen und ihre Beute anzugreifen." Kris demonstrierte es mit einer Stockspitze und die wütende Spinne schoss heraus und sofort wieder zurück in ihr Loch.
"Hmm," stimmte Morgan zu, "von nun an, werde ich dreimal um jeden Baum herumgehen wie ein Hund, bevor ich mich hinsetze!"
Kris lachte und stellte sich vor die kleine Ärztin hin, ihre Augen trafen sich und die Kriegerin beugte sich unsicher herab und küsste Morgan auf die Stirn. "Das war kein Traum. Nicht wahr?" murmelte sie in Morgans weiches Haar.
"Gott, ich hoffe nicht," erwiderte Morgan und umarmte ihre Freundin so fest sie konnte. Sie trennten sich und Kris lächelte strahlend. Dann nickte sie mit dem Kopf in Richtung des Weges und sie liefen los, um ein annehmbareres Fleckchen zu finden.
Das Gespräch verlief angenehm und Morgan realisierte jetzt erst, wie viel die dunkle Kriegerin über die Welt wusste, in der sie so viele Jahre gelebt hatte. Kris redete in ihrer abgerissenen, rauen Sprache, benannte und erklärte die Fauna und Flora, die sie umgab.
An einem Wasserfall hielten sie an und redeten miteinander. Kris zeigte ihr die wilden Orchideen, die auf einem abgestorbenen Baumstamm in der Nähe wuchsen. Unter feuchten Blättern entdeckten sie sogar den schwarzen, kleinen Frosch mit goldenen Flecken, aus dessen Hautabsonderungen die Indianer das Nervengift für ihre Pfeile gewannen. "Sie nennen ihn den Bergarbeiterfrosch, weil man ihn vor allem auf den Bergen findet und er diese kleine, goldenen Punkte hat," erklärte Kris.
Es war später Nachmittag, als sie Hand in Hand zum Indianercamp zurückkehrten.
Kris marschierte augenblicklich zu den Frauen, die sich um den toten Jaguar gekümmert hatten und Morgan durchforstete ihre verbliebenen Vorräte um ein ganz besonderes Essen zu kochen für... was? Ihre Freundin? Ihre Geliebte? Nein, nein, noch nicht. Nein. Seelenverwandte. Kris war ihre Seelenverwandte.
Irgendwie fühlte sie sich durch diese beängstigende, gehetzte Frau vollständiger. Sie fragte sich, ob Kris genauso empfand?
Wie es ihre Routine war, aßen sie unter dem Vordach. Morgan servierte Beef Stroganoff auf Reis, gekocht aus ihren Trockennahrungsmitteln. Zum Dessert zeigte sie ihrer Freundin, wie man in Stücke geschnitten Ananas, die sie vorbereitet hatte, auf einen Stock spießte und in Zucker wälzte. Dann hielt sie den Stock dicht an die glühenden Holzscheite im Feuer, um den Zucker karamellisieren zu lassen, bevor sie die süße Köstlichkeit Kris anbot. Kris öffnete ihren Mund und ließ zu, dass Morgan sie fütterte und Morgan wurde von den heftigen Emotionen, die dies bei ihr auslösten und die zwischen ihnen hin und hergingen, geschüttelt.
Kris wandte ihre Augen ab und bereitete ein Stück für Morgan zu. Doch als Morgan sich vorbeugte, um die Frucht in den Mund zu nehmen, lehnte Kris sich vor und küsste sie statt dessen. Die Süßigkeit wechselte von Morgans in Kris' Mund. Für einen sehr langen Augenblick stand die Welt für beide still. Dann errötete Morgan und schaute weg, das unverhüllte Verlangen in Kris' Augen war kaum noch zu ertragen. Kris machte ein weiteres Stück zurecht und drückte Morgan den Stock in die Hand, was dieser gestattete, mit der Intensität des Spiels zurecht zu kommen, das Kris mit diesem Dessert initiiert hatte.
"Das ist exzellent, Morgan." Sagte Kris und röstete ein Stück für sich selbst.
"Es ist noch besser, wenn man es nach dem Karamellisieren in Schlagsahne taucht," sagte Morgan und stopfte sich ein weiteres in den Mund.
Kris schaute mit einem anzüglichen Grinsen auf, "Schlagsahne, ja? Das würde gut passen... zum Dessert," schlug sie mit heiserer Stimme und hochgezogener Augenbraue vor.
Morgan lachte und stieß sie mit der Schulter an, "Nein, das gäbe nur eine Riesenschweinerei!" Der Körper neben ihr wurde sofort steif und dann völlig bewegungslos. Morgan drehte sich um und schaute in tief verletzte Augen.
"Du hast das schon mal mit jemandem gemacht?" versuchte Kris sachlich zu fragen und die Bilder von jemandem in ihrem Kopf zu verdrängen, der Schlagsahne von Morgans Lippen leckte.
In Morgans Augen tanzte Gelächter, Kris war eifersüchtig! Auf sie, um Gottes Willen! "Oh ja, eine wirklich gut aussehende Frau, mit der ich eine Ewigkeit zusammen gelebt habe," erklärte Morgan und beobachtete, wie sich Kris' Gesicht verhärtete. Sie beugte sich herüber und flüsterte in Kris' Ohr, "Meine Mutter."
Erleichterung durchströmte Kris' Körper und sie lachte ihre eigene Unsicherheit hinweg. Morgan klopfte ihr kurz auf die Wange und fing dann an, aufzuräumen, während die Kriegerin jede ihrer Bewegung mit den Augen verfolgte. Gemeinsam trugen sie das Geschirr zum Fluss und wuschen es ab, dann zogen sie sich aus und gingen zusammen im Wasser baden.
Kris zwang sich, Morgan nicht zu behelligen, obwohl jede Faser ihres Seins nach Befriedigung verlangte. Erst als sie fertig mit dem Waschen waren, kam Kris nahe an Morgan heran und ihre nackten Körper berührten sich. Sie küssten sich, lange und intensiv, während ihre Hände den Körper der anderen und jede seiner Linien erforschten. Mit einem Stöhnen trennten sie sich voneinander, Kris half Morgan aus dem Wasser zu ihrer Schiene und ließ sie sich abtrocknen und ankleiden, während sie das gleiche tat.
Kris hatte Morgan den Arm um die Schultern gelegt und so liefen sie zurück zu ihrem Quartier. Als sie an einem abgebrannten und brachen, kleinen Feld vorüber kamen, hielt Kris an, ein besorgter Blick lag auf ihrem Gesicht und ihre Muskeln verhärteten sich. Sie ließ Morgan los und ging zu ein paar seltsam aussehenden Pflanzen hinüber, die zwischen den verkohlten Wurzeln wuchsen und hockte sich auf ihre Fersen.
"Das ist Kokain, Morgan," erklärte Kris bitter, riss eines der Blätter ab und drehte es angelegentlich zwischen ihren Fingern. "Die meisten Einwohner hier haben ein kleines Feld davon." Ihre Kiefer mahlten und Morgan wartete still und geduldig, damit Kris auf ihre Weise sagen konnte, was sie sagen musste.
"Meine Familie ist sehr, sehr reich, Morgan. Billionäre," Kris wandte sich auf der Suche nach Blickkontakt mit dieser Ärztin um, die ihr in so kurzer Zeit so viel bedeutete. "Deswegen," sagte sie und hielt das zerknitterte Blatt hoch. "Drogenbosse, mein Vater... ich," ergänzte sie leise, "bis ich verschwunden bin." Sie schaute fort, unfähig, mit dem Schock, der sich auf Morgans Gesicht abzeichnete, zurecht zu kommen. "Ich... ich habe schrecklich Dinge für meinen Vater getan." Schweigen.
Kris stand auf und ließ das Blatt aus ihren langen Fingern zu Boden fallen. "Es tut mir leid, ich hätte es dir sagen sollen, bevor wir... also, es ist OK... wir werden nicht..." Kris wandte sich schluckend ab. Dies fiel so verdammt schwer.
Plötzlich war Morgan da und hielt ihre kalten Hände fest. "Das... gefällt mir nicht, Kris. Ich... ich werde damit Probleme haben. Was du getan hast... dass du es überhaupt konntest... aber ich glaube nicht, dass du noch immer diese Person bist. Ich muss darauf zählen können, weil ich nicht will, dass aufhört, was gerade erst zwischen uns begonnen hat. Ich glaube an dich, Kris." Kris atmete stöhnend ein und zog Morgan an sich.
"Ich verdiene es nicht," stöhnte sich rau und hielt sich fest.
"Shhh, lass uns nicht an allen Enden zugleich anfangen, OK? Lass uns einfach schauen, wie alles funktioniert. Komm," lächelte Morgan mutig und tätschelte Kris den Arm. Kris lächelte zitternd und erlaubte Morgan, sie fort zu führen.
"Lebt diese Familie hier allein?" fragte Morgan das Thema wechselnd und gestattete so, dass Kris mit der tiefen Empfindsamkeit umgehen konnte, die bei ihrem Bekenntnis von ihr Besitz ergriffen hatte.
Kris räusperte sich und schaute in alle Richtungen, nur nicht auf Morgan. Ihr pragmatischer Verstand war durch ihre Aktionen verwirrt. Christus! Sie hatte gerade jemandem erzählt, wer sie wirklich war! Nachdem sie seit zwei Jahren offiziell tot war! Wo, zur Hölle, war sie da hineingeraten? Wohin führte dies für Morgan? Sie versuchte, sich zu entspannen.
"Sehr oft. Schwarze Flüsse führen keine großen Mengen an Nahrungsmitteln mit, so dass dieses Gebiet eine sehr geringe Bevölkerungsdichte aufweist. Hier findet man nur vereinzelte Familien. Wenn wir erst mal ins Yanamamo-Territorium vorstoßen, dann treffen wir auf Palisadendörfer. Dort ist die Dichte sehr hoch und es gibt eine Menge Kriege." Morgan nickte, sie wollte so viele Informationen aufnehmen, wie nur möglich. Sie wollte die Welt von Kris Thanasis verstehen.
Am Abend rollte Morgan ihre Schlafdecke unter den Augen der Indianerfamilie in der Hütte aus. Kris kam als letzte herein und verbarrikadierte die Tür, bevor sie sich neben Morgan niederlegte. Auf der Seite liegend, schlang sie einen Arm um den Körper der kleinen Ärztin und küsste sie auf die Wange. Morgan wandte sich ihr zu und Kris zog sie an ihre Seite, gerührt von der Geste, mit der die kleine Frau ihren Kopf in ihre Schulter schmiegte und einen Arm um ihre Mitte schlang. Die Dörfler kicherten und einer der Männer sagte etwas in seiner Sprach zu Kris. Kris antwortete gutmütig und die kleine Familie lachte herzlich und legte sich dann zum Schlafen nieder.
"Worum ging es denn?" murmelte Morgan ein wenig empört.
"Je nun, es war eine kleine Barwitzelei, fürchte ich. Ich glaube, unter diesen Umständen muss ich schon ein wenig davon tolerieren," erwiderte Kris.
Morgan schaute in Kris' Augen, "Eine Erklärung," ordnete sie an.
Kris errötete, "Ach, na schön, er hat gefragt, ob ich jetzt der Mann bin und ich habe ihm gesagt, dass genügend Jäger in mir steckt, um dich vollauf zufrieden zu stellen."
Für einen Augenblick blieben ihre Augen aneinander hängen, Morgan versuchte, Kris' komplexen und doch ständig wechselnden Gedankengang zu verstehen. Schließlich kuschelte sie sich wieder ein, "Daran wirst du dich besser halten, Jäger," warnte sie. Sie spürte, wie sich Kris' Körper entspannte und eine zärtliche, starke Hand über ihren Rücken strich, bis sie eingeschlafen war.

weiter zu Teil 3