FANWORK > Fanfiction > Anne Azel - Amazon Encounter Teil 4

Disclaimer: Die Charaktere von Xena und Gabrielle sind Eigentum von Universal und Renaissance Pictures. Es ist keine Copyrightverletzung beabsichtigt.
Warnung: Diese Geschichte gehört zu "Alternative Fiction". Bitte lest sie nicht, wenn ihr minderjährig seid oder es an eurem Ende von der Welt illegal sein sollte.
Notiz: Alle Beschreibungen der Flora und Fauna in dieser Geschichte sind real, ebenso die der Indianergruppen und der natürlichen Topografie. Sie sind Bestandteil meiner eigenen Feldforschungen in diesem Gebiet. Cats Paw kommt als mögliches Medikament bei der Behandlung von Krebs in Betracht.

Anmerkung von jany_: Da dieser Encounter als Grundlage zum Verständnis der folgenden Encounter dient, habe ich mir erlaubt ihn hier zu posten, obwohl ich Finonomene nicht erreicht habe. Die Übersetzung ist Eigentum von Finonomene und wird wieder offline genommen, falls sie ein Problem damit haben sollte, dass ihre Übersetzung hier gepostet wurde.

Amazon Encounter

By
Anne Azel

a_azel@hotmail.com

Übersetzung von finonomene@planet-interkom.de

Teil 4
Der Tag war unglaublich heiß und stickig. Schwärme von Moskitos flogen um sie herum und machten ihre Reise zur wahren Hölle. Morgan legte ihr Paddel quer über den Schoß und suchte mit einer Hand hinten in ihrem Rucksack nach dem Insektenspray. Sie sah, dass Kris eine Augenbraue hob, als sie die Flüssigkeit über ihre Arme, Beine und den Nacken sprühte, bereit, diese Insekteninvasion mit chemischen Waffen zu bekämpfen. "OK. Ich gebe auf! Wieso wirst du eigentlich nicht gestochen!?" Morgan stöhnte frustriert auf.
Kris grinste. "Oh, ich habe schon ein paar Bisse abgekriegt, aber sie bevorzugen dich. Der Geruch der Haut von manchen Menschen ist eben appetitlicher für Insekten, als andere. Ich habe schon bemerkt, dass sie Blondinen bevorzugen und sie mögen keine Muskeln. Ich war noch nie ein bevorzugtes Objekt ihrer Begierden. Wahrscheinlich schmecke ich nicht, schätze ich!" kicherte die Jägerin.
Morgan schaute über ihre Schulter und ließ ihre Augen langsam über Kris' Körper wandern.
"Ich finde dich unglaublich lecker," wisperte sie und leckte sich mit der Zunge über die Lippen. Ihr Scherz wurde mit einem langsamen, tiefen Erröten von Kris erwidert, das langsam ihren Hals hinauf wanderte.
"Paddeln!" kam die verlegene Erwiderung während Kris sich gelegentlich umsah. Morgan lachte und wandte sich wieder ihrem Job zu. So verging der ganze Tag. Sie kauten im Fahren auf den letzten Stücken ihres getrockneten Fleisches, denn ein Stop für eine Pause hätte zwangsläufig dazu geführt, dass die Insekten sie aufgefressen hätten. Es war ein sehr erschöpftes Paar, das schließlich spät an diesem Tag einen klaren, dunklen See erreichte.
"Früher war hier ein Dorf. Niedergebrannt bei einer Attacke," erklärte die Kriegerin in ihrer rationalen Art. Kris lief anmutig am Rand des Bootes entlang und schob es höher auf das sandige Ufer. Dann reichte sie Morgan die Hand, um ihr heraus zu helfen.
"Stammeskriege?" fragte Morgan und schaute sich auf der leeren Lichtung um.
"Nein, meine Männer, mein Befehl," erklärte Kris geradeheraus und wandte den Blick, um zu sehen, wie Morgan reagieren würde. Sie musste es wissen. War Morgan wirklich bereit, sich auf das alles einzulassen, wer oder vielmehr was sie war oder sollte sie dem Ganzen und ihrer Beziehung jetzt und hier ein Ende bereiten?
"Es tut mir leid, für sie und für dich," sagte Morgan nach einem Moment des Zögerns. Blaue Augen trafen grüne und dann lehnte sich Morgan in Kris Umarmung. Kris hielt sie fest an sich gedrückt und vergrub ihr Gesicht in Morgans Haar. Ihr Herz schlug wild und sie wusste, dass Morgan spürte, wie sie zitterte. Ich kann sie nicht aufgeben! Ich kann es nicht! Die Stimme schrie in ihrem Inneren und Kris seufzte vor Erleichterung, dass Morgan vielleicht doch mit ihrer gewalttätigen Seele leben könnte.
"Kris, was ist?! Was ist los?!" fragte Morgan und wich zurück. In den Augen ihrer Liebsten wirbelten tausend Emotionen umeinander.
"Ich... ich will dich nicht verlieren," kam das zögerliche Eingeständnis aus dem Munde der unsicheren älteren Frau, die Mühe hatte, ihre Tränen zurückzuhalten.
Morgans Herz zog sich vor Schmerz für ihre Kriegerin zusammen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und bedeckte die zarten, jetzt jedoch hart zusammengebissenen, Lippen mit weichen und sanften Küssen. "Ich weiß nicht wie wir damit klarkommen werden, mit dem, was zwischen uns passiert ist, Kris. Unsere Welten, Leben, sind so verschieden. Aber ich weiß, dass ich von dem Augenblick, als ich dich das erste Mal im Flugzeug sah, an dich gebunden war. Ich weiß, dass ich dich liebe. Und ich will mit dir zusammen sein."
Kris zog sich zurück und bückte sich und riss ein Büschel Gras aus. Sie betrachtete es gelegentlich, spielte nervös damit herum. "Ahh, ich... ich... ich weiß nicht, ob du damit zurecht kommen wirst, wer ich bin. Weißt du, du hast diese Angst in dir... ich verstehe es schon... ich meine..." sie schluckte und versuchte, das Zittern ihres Kinns zu unterdrücken.
"Ja, ich weiß. Ich bin überfallen worden und ich schleppe eine Menge Ballast aus dieser Nacht mit mir herum. Aber ich weiß auch, dass ich mit deiner Vergangenheit fertig werden muss, wenn ich bei dir bleiben will," erwiderte Morgan aufrichtig.
Kris seufzte. "Es ist mehr als das, Morgan," sagte sie und schaute ihre Seelengefährtin an. "Ich bin die Tochter des Untiers. In meiner Seele herrscht schreckliche Dunkelheit. Ich war gewalttätig," Kris forschte in Morgans sanften, besorgten Augen und wandte sich dann wieder ab. Sie atmete tief und zitternd ein und dann sagte sie es einfach: "Ich bin es noch immer. Deswegen nennen sie mich die Kriegerin," bekannte sie.
Stille.
Kris' Herz zog sich schmerzhaft zusammen und sie verschloss ihre Augen vor der harten Wirklichkeit, der sie sich jetzt gegenüber glaubte. Morgan würde sie verlassen, genauso wie sie es getan hatte, nachdem sie erlebt hatte, wie sie jemanden getötet hatte, dieses Mal jedoch würde sie nicht wieder zurück kommen.
Sie spürte, wie Morgan zurück wich und die Tränen, die sie so lange mit Mühe zurückgehalten hatte, liefen über ihr Gesicht.
"Kris," sagte eine leise Stimme und die Jägerin öffnete ihre Augen und sah Morgan vor sich stehen. "Halt mich fest," bat die kleinere Frau. Kris streckte eine zitternde Hand aus und zog ihre Liebste an sich. Schluchzen schüttelte ihren kräftigen Körper und sie lehnte ihr Gesicht an Morgans Kopf. Morgan hielt sie fest. "Shh, Babe, es ist OK. Ich liebe eine Kriegerin. Eine tapfere und fürsorgliche. Das macht mich stolz. Weißt du was?" fragte Morgan und lehnte sich in Kris Armen zurück und zwang die traurige Frau, sie anzusehen.
"Was?" fragte Kris und versuchte, ihr Gesicht abzuwischen und ihre Kehle frei zu bekommen.
"Ich war so stolz auf dich in diesem Indianerdorf. Sie schwatzten darüber, wie du die Affen getötet hast, stimmt's?"
Kris nickte unsicher, weil sie nicht wusste, worauf Morgan damit hinaus wollte, denn ihr war klar, dass Morgan das Töten von Tieren ablehnte. "Und plötzlich entdeckte ich, dass ich an dir lehnte. Ich war ganz stolz auf dich. Ich habe den Dorfbewohnern mit meiner Körpersprache mitgeteilt, dass du ihnen zwar bei der Jagd geholfen haben magst, aber dass du meine Heldin bist." Morgan senkte die Augen und lachte nervös, dann sah sie auf und traf den überraschten Blick der Frau, die sie anbetete. "Ich kann es nicht versprechen, Kris, dass ich keine Probleme mit deiner Gewalt haben werde. Ich kann nur versprechen, dass dir immer meine Liebe gehören wird, wenn du deine Seele in den Kampf für das höhere Wohl stellst."
Eine Minute standen sie einander gegenüber und forschten in den Augen der anderen nach Akzeptanz. Dann lächelte Kris und zog Morgan in ihre Arme. Morgan lachte und schlang ihre Arme um den Nacken ihrer Jägerin und zog sie in einen sanften Kuss zu sich herab.
"Also, hast du jemals etwas Illegales angestellt, Doc?" fragte die erleichterte Kriegerin und strich über die Arme ihrer Liebsten.
"Nein!" erwiderte Morgan empört.
"Dann wird es Zeit," lächelte die große Frau und ließ ihre Partnerin mir leisem Bedauern los. "Wir brauchen etwas zu Essen. Wir werden in dem Fluss dort fischen," erklärte die Kriegerin und wies über ihre Schulter, während sie auf den Wald in der entgegengesetzten Richtung zugingen. Morgan schaute auf den Fluss, dann auf die Kriegerin, die auf den Wald zustrebte und trottete mit einem besorgten, verwirrten Blick hinter ihr her. Kris schaute sich verschiedene Bäume an, bis sie endlich einen massigen, grauen Baumstumpf gefunden hatte, dessen Oberfläche von alten Messerspuren übersät war.
Kris hob ein großes Blatt auf und schaute dann über ihre Schulter zu Morgan. "Bleib dort," ordnete sie an und Morgan nickte. Kris benutzte ihre Machete und zog sie mit einem tiefen Schnitt über den Stamm. Milchiger Saft rann augenblicklich daraus hervor, den Kris sehr sorgfältig mit dem Blatt auffing. "Dieser Saft ist recht gefährlich, so dass die Regierung seinen Gebrauch verboten hat. Aber tief im Dschungel wird er in vielen Dörfern trotzdem verwendet. Der Saft paralysiert die Muskeln tödlich. Du gießt ihn ein Stück flussaufwärts ins Wasser, das wird die Fische betäuben. Ich gehe flussabwärts und warte und hole dann die größeren Fische heraus und schlage ihnen den Kopf ab, bevor sich das Gift im Körper verteilen kann. OK?"
"Morgan nickte. "Und das ist sicher, ja?"
"Nein, deswegen ist es ja illegal," betonte Kris mit lachenden Augen, während sie das Blatt mit dem Saft vorsichtig zum Fluss trug. "Es wird die kleineren Fische töten und wenn ich ihnen nicht schnell genug den Kopf abschlage, dann bringt es uns auch um. Normalerweise benutze ich diese Technik nicht, aber wir brauchen etwas zu Essen und unsere Angelausrüstung schwimmt jetzt sehr wahrscheinlich schon im Atlantischen Ozean. Komm jetzt." Ordnete die Jägerin an.
Morgan zog sich Stiefel und Strümpfe aus und legte ihre Schiene ab, dann stapfte sie ängstlich in den Fluss. Kris übergab ihr vorsichtig das Blatt. "Pass auf, dass du nichts abkriegst," warnte sie und rannte aus dem Wasser. Aus einiger Entfernung war ihre Stimme zu hören. "OK. Beug' dich vor und lass es einfach ins Wasser tröpfeln."
Morgan folgte zögernd der Anweisung und beobachtete, wie sich die dicke, milchige Flüssigkeit im Wasser verteilte. In kurzer Zeit trieben die Körper der Fische an der Oberfläche. Sie glitten wie kleine Boote um einen Felsen und Morgan konnte hören, wie Kris mit lautem Platschen umherzuspringen schien. Sie machte sich auf den Weg ans Ufer und legte das Blatt vorsichtig mit der Oberseite auf den Boden. Nachdem sie ihre Schiene und Schuhe wieder angezogen hatte, vergrub sie es unter der Erde. Dann wandte sie sich der Uferstelle zu, an der sie Kris arbeiten hören konnte.
Sieben Fische von annehmbarer Größe lagen auf einem Stein und Kris war dabei, ein rauchendes Feuer in Gang zu bringen. Morgan ließ sich neben ihre Liebste fallen und schaute ihr in die Augen. "Du hast Glück, meine Jägerin, mein Hunger ist im Moment viel größer als meine Sorge um die Flussbevölkerung."
Kris lächelte und schaute versonnen ins Feuer. "Ich habe diesen Platz ausgesucht, weil sich nicht weit von hier dieser Fluss mit dem Strom verbindet. Dort wird die Substanz schnell harmlos durch die Verdünnung. Wir haben Mutter Natur wirklich keinen großen Schaden zugefügt. Das Feuer raucht deswegen so, damit die Insekten fern bleiben. Du kannst dich in den Wind setzen, dann wirst du gestochen, oder du setzt dich in den Rauch, dann ist es nicht so schlimm." Morgan stand auf und bewegte sich dichter zum Rauch hin und Kris musste lachen.
In dieser Nacht teilten sie wieder eine Hängematte. "Kris? Du kannst es mir jetzt erklären," bemerkte Morgan, die bequem auf der Brust der langen Kriegerin lag, deren Rücken dem Namen der Liebe einen recht großen Tribut zollte.
"Was erklären..." murmelt die müde Jägerin.
"Warum du dieses Gespräch heute mit mir führen musstest und nicht warten konntest, bis wir bei diesem Freund von dir angekommen sind."
"Oh," entgegnete Kris schuldbewusst. "Bin ich so durchsichtig?"
Morgan schnaubte. "Nur für mich, meine Liebe. Und jetzt die Wahrheit, bitte."
"Es war Peter, der mich in gewisser Weise auf den rechten Pfad zurück geführt hat. Ich war bei einem Angriff ziemlich schwer verwundet worden und meine Männer hatten mich zurückgelassen. Sie waren froh, mich los zu sein." Seufzte Kris traurig. Morgan küsste sie zart auf die Wange und Kris fuhr fort. "Ich versuchte, flussabwärts zu schwimmen, aber ich muss wohl das Bewusstsein verloren haben. Jedenfalls wurde ich in der Nähe von Peters Lodge angespült. Er erkannte mich, doch er hat sich trotzdem um mich gekümmert. Er hat versucht, mich davon zu überzeugen, dass ich ein anderer Mensch werden könnte. Er hat die Saat eingebracht, obwohl es noch eine Weile gedauert hat, bis sie aufgehen konnte. Seit dem, nun ja, helfe ich ihm von Zeit zu Zeit in Dörfern, die Probleme mit Drogenhändlern und Terroristen haben. Weißt du?"
Morgan umarmte Kris fest. "Ja, ich weiß. Du riskierst dein Leben, um den Unterdrückten zu helfen. Ich bin so stolz auf dich und ich habe solche Angst um dich, Kris." Gab Morgan zu.
"Ich habe eine Menge zurückzuzahlen, Morgan." Erklärte Kris.
"Ich weiß," murmelte Morgan, barg ihren Kopf an Kris' Schulter und schlang ihre Arme fest um ihre Liebste, während sie sanft in den Schlaf hinüberglitt.
**********
Um die Mittagszeit hatten sie Peters Siedlung erreicht. Die Lichtung hatte etwa die Größe eines Hektars und war von den Bäumen befreit worden. Sie bestand aus einer Anzahl von Hütten, die denen in Los Amazonos glichen. War das erst eine Woche her? Es schienen seitdem Jahre und mehrere Leben vergangen zu sein. Sie erinnerte sich, wie primitiv ihr die Lodge damals vorgekommen war, und jetzt schien es nirgendwo etwas ähnlich Großes oder komfortabel Ausgestattetes zu geben, das auch nur annähernd zivilisiert aussah!
Bis vor einer Woche hatte sie sich auch nicht vorstellen können, eine sexuelle Beziehung zu jemandem zu haben, den sie kaum kannte. Jetzt, eine Woche später, gehörten ihr Herz und ihre Seele ganz dieser großen, dunklen und unglaublich komplexen Frau, die gerade ihr Kanu auf das Ufer zu steuerte.
Kris rannte auf einem dicken Stamm des löcherigen Stegs entlang und zog das Boot mit seiner schweren Ladung höher ans Ufer, als ob es federleicht wäre. Morgan beugte sich vor und benutzte ihre Hände zum Ausbalancieren am feuchten, glitschigen Holz. Schließlich streckte sie sich und breitete die Arme aus und Kris zog sie aus dem Boot in ihre Arme. Sie schaute in Kris ernstes Gesicht und lächelte.
"Woran denkst du?" Fragte ihre Liebste und hob eine Augenbraue, während sie in die funkelnden, grünen Augen und auf das rotblonde Haar hinunter sah, das sie immer aufheiterte.
"Ich dachte an eine übellaunige Kriegerin und eine arrogante Ärztin, die sich darüber gestritten haben, ob ich eine Komplikation wäre oder nicht," lachte Morgan und strich über Kris' Wange.
Kris' Mundwinkel schob sich in einem ihrer Mini- Lächeln nach oben, das Morgan inzwischen so begehrenswert fand.
"Schätze, ich hatte Recht, oder?" frotzelte die Kriegerin.
Sie grinsten beide breit und Morgan boxte verspielt in Kris Magen. Der plötzlich angespannte und hungrig- intensive Ausdruck auf Kris' Gesicht, ließ sie sich jedoch abwenden und in die Ferne schauen. Oh Gott! Ich will sie, dachte sie.
Plötzlich atmete sie vor Schreck auf und zog Kris mit sich auf ein höhergelegenes Uferstück in Sicherheit. Kris lachte und legte ihre Arme um Morgan, während sie einen riesigen Kaiman betrachtete, der am Strand lag und sich sonnte. "Das ist schon OK, Morgan. Darf ich vorstellen: Katie Kaiman. Sie ist eine von Peters 'Freunden'."
"Oh Mann." Murmelte Morgan, die Hand über dem Herzen.
Kris sprang zurück ans Ufer und warf Morgan die Gepäckstücke zu. "Pete hat sie als Baby aus einer Falle gezogen. Man erkennt sie daran, dass ihr ein Teil des rechten Vorderfußes fehlt. Er schwört, dass sie so zutraulich ist, wie ein Familienhund. Aber wenn du meinen Rat willst, halte lieber einen sicheren Abstand. Ich glaube, sie ist einfach gut gefüttert und greift die Besucher deswegen nicht an. Eines Tages wird einer dieser armen Teufel auftauchen, wenn sie hungrig ist und dann fürchte ich, wird es übel." Erklärte Kris, während sie die letzten Taschen an Land trug.
Morgan lächelte schwach und schaute sich um. "Wo ist denn dein Freund?" fragte sie.
"Er steht unter dem Dach, ach ja, und er richtet gerade ein Gewehr auf uns," sagte Kris sachlich. "Er ist blind wie ein Grottenolm ohne seine Brille und deswegen weiß er nicht, wer wir sind."
Morgan schloss ihre Augen und schüttelte den Kopf, "Weißt du, Kris, meine Welt ist auch nicht anders als deine. Die meisten meiner Freunde schauen auch zuerst durch den Spion oder benutzen eine Gegensprechanlage. Obwohl, ein paar wiederum machen auch einfach nur die Tür auf und sagen hi!"
Kris grinste und legte einen Arm um die kleine Frau. "Ja!? Warte, bis du Walross kennen gelernt hast." Kommentierte Kris, während sie auf den Zaun zugingen.
"Walross," sagte die überraschte Ärztin sarkastisch und betrachtete das feine Profil neben sich.
"Und ob. Er und ich kennen uns schon lange. Er begrüßt mich immer mit einer Stange Dynamit. Ich habe ihm mal in einer Bar ein Stück von seinem Ohr abgeschnitten und er ist deswegen noch immer ein wenig empfindlich."
"Kris, ich will es nicht wissen." Stellte Morgan seufzend fest und schüttelt den Kopf über ihre Liebste. Kris schaute nieder, lächelte sie warm an und drückte ihre Gefährtin beruhigend an sich.
"Bleibt, wo ihr seid!" kam eine raue Stimme aus dem Schatten des Daches. Der Lauf eines Gewehrs lugte zwischen den Zweigen der Grashütte hervor.
"Pete, ich bin es, Kris Thanasis!" rief die Jägerin und stöhnte.
"Nein, das bist du nicht!" als geknurrte Antwort.
Plötzlich sah Kris besorgt aus und schob Morgan hinter sich. "Pete, ich bin es. Wo ist das Problem?"
"Thanasis berührt niemanden," war diesmal die wissende Antwort. Dem folgte eine bedrückende Stille in der nur Kris' Räuspern zu hören war. Sie errötete tief und rieb sich verlegen ein Ohr. "Nun ja, na schön, erinnerst du dich daran, wie du gesagt hast, dass ich mich eines Tages Hals über Kopf verlieben und ein komplette Närrin aus mir machen würde, in dem ich wie ein liebestoller Hund durch die Gegend hechele?"
Schweigen. Dann: "Und ob!"
"Nun, es ist passiert." Sagte Kris und griff nach hinten, um den Kontakt zu ihrer Liebsten wieder herzustellen, die hinter ihr kicherte.
Ein alter Mann mit einem Zweitagebart aus wirrem grauen Haar kam schließlich zum Vorschein. Er trug nur ein paar zerlumpte, dreckige Shorts. Sein Kopf war kahl und seine Augen von milchigem Braun, aber das erstaunlichste an ihm war, dass er blau war! Von Kopf bis zu den Füßen strahlte sein gesamter Körper in leuchtendem Königsblau!
Er kam näher, bis er schließlich mit zusammengekniffenen Augen erkannte, dass es sich tatsächlich um Kris handelte. Dann schenkte er ihr ein breites, zahnloses Lächeln und zog sie in eine bärenstarke Umarmung, bei der sich der Gewehrlauf in Kris' Kinn bohrte.
Kris verzog das Gesicht und nahm ihrem Freund das Gewehr ab, "Gib mir das, bevor du noch ein Loch in unsere Freundschaft schießt." Murmelte sie und trat einen Schritt zurück. "Pete. Ich möchte, dass du meine... Seelengefährtin kennen lernst, Doktor Morgan Andrews. Morgan, das ist mein alter Freund, Vater Peter Cummings."
Peter wandte sich ihr zu und umarmte die überraschte Morgan fest. "Nun, der Herr wirkt auf geheimnisvollen Wegen! Stell dir das mal vor, so eine schreckliche Wilde wie du endet ausgerechnet bei so einer lieblichen Person, wie dieser hier. Liebes, war sie auch ehrlich zu dir? Weißt du über Adam bescheid?"
Kris trat zwischen die beiden und warf Peter einen dunklen Blick zu. "Fang nicht wieder davon an!" verlangte sie und Pete zuckte gutmütig grinsend mit den Schultern. "Ist es OK, wenn wir uns ein Zimmer nehmen?" fragte Kris.
Ein Ausdruck purer Boshaftigkeit stahl sich in Petes Augen. "Das kommt darauf an, hast du sie zu einer ehrlichen Frau gemacht oder lebt ihr beiden in Sünde?" fragte er mit aufrichtiger Empörung in der Stimme.
Röte stieg Kris ins Gesicht und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Pete starrte nur mit einem komischen Ausdruck von Starrsinn zurück.
"Für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast, Peter," sagte die Jägerin durch zusammengebissene Zähne, "wir sind zwei Frauen und dieses verdammte Kirchensystem hasst uns dafür, was wir sind." Morgan bewegte sich vorwärts, schlang ihre Arme um Kris Nacken und strich ihr beruhigend über den Rücken.
Peter lächelte. "Du benutzt das nur als Entschuldigung, von rechten Weg abzuweichen." Sagte er abschätzig.
"Nein!" schnappte Kris.
"Gut. Dann mach dich darauf gefasst. Gleich nach dem Essen gebe ich euch rechtmäßig zusammen." Ordnete Peter an und ging davon.
Zwei völlig schockierte Frauen schauten ihm hinterher. Im Gehen hob er den Arm und ein grüner Papagei flog aus einem nahen Baum herbei und landete auf seiner Hand. Er setzte ihn vorsichtig auf seiner Schulter ab, stieg die Treppe hinauf und verschwand in der Küche.
Kris wandte sich um und schaute mit einem Ausdruck von Schock und Erstaunen in ihr Gesicht. Morgan, auf der anderen Seite, erwiderte den Blick mit Ärger. "Wer ist Adam?" fragte sie und piekte Kris in die Brust.
Ein strahlendes Rot erschien auf Kris' Gesicht. "Äh.... also..... lass uns gehen und uns umziehen," murmelte die erschrockene Kriegerin. Morgan griff jedoch nach ihrem Arm und zum ersten Mal schaute sie Kris mit Besorgnis und Unsicherheit an. "Kris, bist du verheiratet oder so etwas?" fragte sie in einem leisen, verletzten Ton.
Kris sah auf ihre Füße und kämpfte mit ihrer Verlegenheit, während Angst nach Morgans Herzen griff. "Nein, nichts dergleichen, Morgan. Adam ist ein.... Freund von Pete. Er glaubt.... na schön, er glaubt, er ist verliebt in mich." Stammelte Kris verlegen.
"Liebst du ihn denn?" fragte Morgan mit zitterndem Flüstern. Kris wurde noch röter.
"Also?!" fragte Morgan und nun wollte sie es wirklich wissen.
Kris sah sie erschrocken an. "Oh, aber natürlich nicht! Verdammt! Adam ist ein Affe!"
Schockierte Stille, dann brach Morgan in lautes Gelächter aus, während Kris in peinlichem Schweigen verharrte. Schließlich endete es damit, dass sich Morgan zur Unterstützung gegen Kris lehnte und sich die Augen an Kris' Hemdensaum abwischte.
"Das ist nicht komisch," bemerkte Kris ärgerlich. "Das verdammte Vieh hat nicht aufgehört, mich zu attackieren." Das Lachen startete von Neuem und Kris musste Morgan in den Armen festhalten, die schier zusammenbrach. "Ich wiederhole, das ist nicht komisch." Grummelte Kris seufzend. Morgan nickte zustimmend mit dem Kopf, vor Lachen liefen ihr noch immer Tränen über das Gesicht.
Unter lautem Gelächter schafften es die beiden schließlich, ihr Gepäck in eine kleine Hütte zu bringen. Sehr zu Morgans Freude gab es ein altes, rostiges Doppelbett, wenn auch mit einer feuchten Matratze. Draußen, dicht am Waldrand, war der Abort. Und hinter Petes Haus gab es ein Badehaus mit einem alten Boiler für heißes Wasser, so dass Bad oder Dusche zu einem Segen werden würden. Dieser Ort war der Himmel.
Während Morgan ihre Taschen durchsah und die Dinge hervorsuchte, die sie zum Waschen brauchte, ging Kris und heizte den Boiler an. Dann zogen sich beide Frauen aus und standen unter der Dusche, aus der kontinuierlich ein heißer Strahl auf sie herab strömte. Morgan beschloss, dass dies die netteste Dusche sei, die sie jemals gehabt hatte. Zurück in der Hütte, kleideten sie sich an und lagen dann zusammen in der Hängematte auf der schmalen Veranda.
Kris Gedanken wirbelten in verschiedene Richtungen und Gefühlen umeinander. Vor nur zwei Tagen hatte sie Morgan klar gemacht, dass ihr Leben noch immer gefährdet war und dass sie ihrer Liebsten nur den Augenblick schenken konnte. Mist! Ihre Welten lagen meilenweit auseinander, sowohl physisch, als auch hinsichtlich ihrer Erfahrungen. Es gab keine gemeinsame Ebene, auf der ein Leben aufzubauen möglich gewesen wäre. Und doch hatte Petes verrückte Idee, sie beide verheiraten zu wollen, ihren pragmatischen Verstand zu Bruch gehen lassen. Wie irrsinnig dieses Konzept auch sein mochte, Kris wollte es! Sie wollte Morgan in ihrem Bett und in ihrem Leben, für immer. Sie wollte eine Heirat. Sie wollte ein Haus, Vorhänge, ein verdammtes Haustier und sie wollte das alles mit Morgan.
"Morgan?"
"Hmm?" erwiderte die kleine Ärztin und küsste Kris' Kehle.
"Willst du mich heiraten?" fragte diese nervös und sah auf der Suche nach irgend einer Art von Hoffnung auf die Frau in ihren Armen nieder.
"Dich heiraten?" Morgan setzte sich überrascht auf und schaute in Kris' Augen.
Kris nickte ernst. "Ich liebe dich, Morgan Andrews. Ich möchte mir ein Leben mit dir aufbauen. Willst du meine Frau werden?" fragte Kris wieder und um ihr Herz legte sich der feste Griff der Angst.
Kris lauschte dem fernen Zwitschern der Vögel, während die Sekunden verstrichen. Morgan erforschte die Tiefe ihrer blauen Augen. Was ging hier vor sich? War das eine Art schlechter Scherz? Nein, Kris war nicht so. Aber sie hatte gesagt...
"Ja." Kam letztendlich die schlichte Antwort. Und über zwei Gesichter glitt dasselbe närrische Grinsen, während Kris Morgan in die Arme nahm und sie fest an sich drückte.
Eine Weile lagen sie einfach nur da, Kris' Arm um Morgan geschlungen, die mit einem Finger sanfte Achten auf die Haut im V- Ausschnitt ihres Halses zog. Morgan kicherte leise.
"Was ist denn jetzt schon wieder so komisch?" fragte Kris verträumt. Sie befand sich in einem Zustand, irgendwo zwischen Schock und Verblüffung über den Verlauf der Ereignisse, die sie bis hierher geführt hatten.
"Wie soll ich meiner Mittelklassefamilie nur erklären, dass ich mitten im Amazonasgebiet eine lesbische Exdrogenchefin heirate, die ich noch dazu kaum kenne, und dass der Priester von Kopf bis Fuß blau ist und die Trauzeugen einer grüner Papagei und ein Kaiman namens Katie sind."
Kris schmunzelte sanft. "Nun, im Moment ist dies der einzige Ort in der Welt, an dem so etwas überhaupt möglich ist! Und der Name des Papageien ist Pecker. Machst du dir Sorgen darum, was deine Eltern über uns sagen werden?"
"Nur der Teil, an dem ich meiner übrigens baptistischen Familie sagen muss, dass ich von einem katholischen Priester getraut worden bin." Kicherte Morgan.
Kris Augen wurden groß. "Du meinst, ich heirate eine Heidin?" fragte sie in gespieltem Entsetzen.
Morgan nickte, in ihren Augen tanzte ein vergnügtes Funkeln. Kris dachte nach. "Also schön, OK. Aber unsere Kinder werden katholisch erzogen." Sagte Kris und Morgan boxte sie in die Rippen.
"Ahh, Kris, ich weiß, dass ich es gleich bereuen werde, aber ich muss dich einfach fragen, warum ist unser Priester so blau?"
Kris schaute auf Morgans blonden Scheitel herunter, die sich eng an Kris' Brust schmiegte. "Er konnte keinen richtigen Smoking finden?" bot sie Morgan an, die aufschaute und ihr einen finsteren Blick zuwarf. Kris lächelte, "Eigentlich ist es ein Saft von einem anderen Baum. Wenn man ihn sammelt ist er zunächst klar, aber nachdem man ihn auf die Haut gerieben hat, wird sie nach etwa zehn Minuten blau. Die hiesigen Indianerstämme sagen, dass es die Moskitos fernhält."
Morgan setzte sich auf. "Die Moskitos fernhält?! Warum hast du mir das nicht gesagt?! Wo bekommt man dieses Zeug?!" fragte sie aufgeregt.
Kris rollte mit den Augen und seufzte. "Es lässt sich nicht wieder abwaschen, Morgan! Wenn es erst mal drauf ist, dann dauert es Tage, bis es überhaupt ein wenig verblasst."
"Das kümmert mich nicht!" blieb Morgan dickköpfig.
Kris hob eine Augenbraue und schaute Morgan entsetzt an. "Oh, aber mich! Ich verbringe meine Hochzeitsnacht nicht mit einer Braut, die von Kopf bis Fuß blau angeschmiert ist!" grollte Kris, während Morgan in Gelächter ausbrach.
**********
Das Essen war eine fröhliche Angelegenheit. Peter stellte sich als kompetenter Koch der einfachen Küche heraus. Sie hatten die Wahl zwischen Fischstücken, Fleisch, Früchten und Süßkartoffeln und spülten das Ganze mit einem einheimischen Getränk namens Polar Bier herunter. Pete würzte das Essen mit Geschichten über seine Tiere, mit denen ihn eine Art Hassliebe zu verbinden schien. Er beendete das Essen mit ein paar Anekdoten über Adams Leidenschaft für Kris, die die Ärztin in Tränen aufgelöst vor Lachen und Kris rot vor Verlegenheit zurückließen.
"Ein Glück für dich, dass der alte Adam schließlich eine Herde gefunden hatte, der er sich anschließen konnte, ich hätte nicht gewusst, wie ich dich mit ihm hätte trauen sollen!" lachte der begeisterte Priester. Dann wandte er sich an Morgan und schaute sie an. "Nun, Doktor, jetzt machen Sie sich mal ein wenig hübsch, während ich mit Kris noch etwas besprechen muss." Ordnete er an und blickte plötzlich sehr ernst.
Sie war beunruhigt, doch Kris warf ihr einen kurzen Blick zu und legte ihr beruhigend die Hand aufs Knie. Also nickte sie und stand auf. Sie schenkte Kris einen kleinen Kuss und ging zurück in ihre Hütte.
Der Priester saß eine weile schweigend da und spielte mit einer Bierpfütze. Kris wartete. "Sie ist eine prächtige junge Frau, das ist sicher." Kommentierte er.
"Ja, das ist sie." Erwiderte Kris ernst.
"Ich hatte vor ein paar Tagen einen Funkspruch von Los Amazonos." Sagte Peter und schaute Kris an. Er sah, wie sich ihre Kiefer in Erwartung schlechter Nachrichten verspannten. Das einzige Zeichen von Emotionen in ihren unbeweglichen Zügen war die Bewegung der Halsmuskeln, als sie schluckte. Sie wusste also Beschied, schloss er. "Das Untier ist ziemlich übel mit Carlos umgesprungen. Fernando hat aber gesagt, dass er durchkommt." Kris Kopf sank herunter und verbarg den Blick auf ihr Gesicht. "Carlos hat nicht geredet, aber es hat wohl nicht viel Rätselraten gebraucht, um herauszufinden, dass du flussabwärts gefahren bist. Er weiß, dass du lebst und er wird dir und Morgan irgendwo auflauern. Du weißt das, nicht wahr?"
Kris schaute auf. "Er wird nicht kommen, Pete, niemals." Erklärte sie.
Petes Augen weiteten sich vor Überraschung. Er langte herüber und bedeckte Kris' Hand. "Wenn du reden willst..."
Kris schüttelte ihren Kopf. "Er hat Morgan angegriffen. Wir haben gekämpft. Ich habe gewonnen. Es ist vorbei... hoffe ich, obwohl wir danach noch eine Begegnung mit Juan und seinen beiden Gorillas hatten." Erklärte sie weiter.
Peter nickte. "Du würdest einfach alles für die Kleine tun, nicht wahr, Kriegerin?"
Die Frau schaute ihn an, ihre blauen Augen strahlten in einem unirdischen Feuer. "Ohne wenn und aber, Pete, ich würde alles für sie tun." Erwiderte sie aufrichtig.
Der alte Priester nickte wieder. "Bei einer Heirat geht es nicht um ein Dokument oder um Vertrauen, es geht darum, jemandem ein Versprechen für sein Leben zu geben. Man kann nicht in solch eine Beziehung eintreten und daran denken, was es einem bringen mag. Du musst darüber nachdenken, was du tun kannst, um einem anderen Wesen entgegenzukommen und sie damit glücklich zu machen. Bei einer Heirat geht es nicht ums Nehmen, sondern ums Geben. Du warst eine Einzelgängerin, Kris, dein ganzes Leben lang, wirst du eine gute Partnerin sein können?"
Kris beobachtete eine Motte, die zu dicht an die Flamme geflogen war und um ihr Leben kämpfte. "Ich weiß, dass ich nicht ohne sie leben kann. Ich weiß, dass ihr Schmerz der meine ist. Ich... ich... ich muss meine.... Gewalt... kontrollieren. Das macht ihr Angst. Sie hat eine Gangattacke gegen ihren Freund miterlebt. Er wurde getötet und sie schwer verletzt." Kris' Blick wandte sich Pete zu. "Du hast die Schiene gesehen?"
Er nickte. Kris schluckte und schaute auf den Tisch und fegte ein paar Krümel zu Boden. "Ich weiß nicht, ob ich das bin, was sie braucht. Ich habe das nicht geplant, es ist einfach passiert. Ich brauche sie einfach, Peter."
"Brauchen? Das ist Nehmen, Kris. Was willst du ihr denn geben?"
Kris schaute zornig auf und antwortete hitzig. "Alles. Was immer das bedeuten mag. Ich will dies mehr als das Leben, Vater. Ich will mein Leben mit Morgan teilen!"
Peter lächelte und nickte und streichelte über Kris' lange, kräftige Hände. "Braves Mädchen. Sie hat verdammtes Glück, dass du ihr ins Netz gegangen bist." Er kicherte über Kris' Erröten. "Jetzt muss ich noch mit der anderen Hälfte reden. Warum wartest du nicht in der Kapelle auf uns?" Er stand auf und ließ eine emotional völlig verausgabte Kriegerin am Tisch sitzend zurück.
Morgan bürstete sich abwesend ihre Haare, sie sorgte sich, was Peter wohl von Kris wollen könnte. Wusste er denn, wie zerbrechlich die Persönlichkeit der Kriegerin war? Wie emotional unsicher?
"Hey, ist jemand zu Hause?" kam eine bekannte Stimme.
"Kommen Sie herein, Peter." Erwiderte Morgan, legte ihre Bürste beiseite und ging dem grizzlyhaften alten Priester entgegen. "Nun setzt dich mal hin und lass uns ein wenig plaudern." Sagte Peter und wies auf das Bett. Auf dessen Ecke sich Morgan jetzt sehr nervös niedersetzte. Hatte Kris plötzlich kalte Füße bekommen? Schließlich hatte sie vor noch nicht mal zwei Tagen überhaupt nichts von einer festen Bindung wissen wollen und ihr nicht mehr als ein paar Tage zugestanden. Peter zog sich einen alten, durchgesessenen Stuhl heran und setzte sich hin. "Liebst du sie?"
Morgan schaute ihm direkt in die Augen und Klarheit und Aufrichtigkeit standen ihr ins Gesicht geschrieben. "Ja, ich liebe sie. Ich würde alles für sie tun. Sie ist alles, was ich will." Sagte die Ärztin fest.
Peters Augen wurden zu Schlitzen. "Was, wenn sie dich nicht will?" fragte er raffiniert.
Der kleine Körper vor ihm zuckte zusammen, als sei er geschlagen worden. Für einen Augenblick herrschte Schweigen, dann erwiderte eine sehr zerbrechliche Stimme: "Dann muss ich sie gehen lassen. Aber ohne sie zu leben... ich... ich..." Tränen stiegen ihr in die Augen.
Peter stand alarmiert auf und legte einen Arm um Morgan. "Liebes, es ist OK. Diese Frau liebt dich nahezu bis zum Wahnsinn. Ich wollte nur wissen, was du für sie empfindest."
Morgan schniefte und schaute den Priester mit neu erwachter Hoffnung an. "Ich liebe sie. Ich kann das nicht erklären. Es ist nicht rational. Ich weiß einfach, dass ich mich ohne Kris einfach nicht ganz fühle."
Pete schaute zu Boden und seufzte schließlich. "Sie hat eine schreckliche, sündenbeladene Vergangenheit, Morgan. Wenn du dich an sie bindest, dann musst du ihre Verantwortlichkeiten und Konsequenzen aus diesem Leben akzeptieren. Das erscheint mir nicht sehr fair dir gegenüber."
"Kris würde mich nie um etwas bitten, das ich ihr nicht freiwillig geben würde. Aber ich kann Ihnen versichern Peter, es gibt nichts, was ich für diese Frau nicht tun würde. Sie ist durch die Hölle gegangen und sie verdient Liebe und Glück in ihrem Leben."
Peter schaute tief in diese leidenschaftlichen Augen. "Wie steht es damit, was sie ist? Du kannst das nicht ändern, Morgan. Sie ist ein sehr gefährliches Wesen. Manchmal glaube sogar ich, dass sie nicht menschlich sein kann."
"Dann kennen Sie sie nicht so, wie ich sie kenne, denn sie ist das liebenswerteste und loyalste Geschöpf, dass ich jemals kennen gelernt habe. Sie ist so verletzlich und sie braucht jemanden, der sich um sie sorgt. Ich weiß, dass sie gewalttätig ist. Ich weiß auch, dass ich ihre Natur nicht ändern kann, aber ich kann sie auf dem Weg des Guten begleiten, den sie eingeschlagen hat. Ich kann darauf aufpassen, dass sie emotional geschützt ist, während sie alleine der Welt da draußen gegenüber treten muss."
Peter zog die bemerkenswerte kleine Frau an sich. "Liebes, ich muss schon zugeben, wenn ich nicht Gefahr laufen würde, von einer Kriegerin bei lebendigem Leibe geröstet und vom Blitz des Allmächtigen getroffen zu werden, ich würde dich glatt selber heiraten! Komm jetzt, lasst uns euch zusammen geben."
Kris stiefelte vor dem Tisch, der als Altar diente, auf und ab. Ihr Blick fiel auf die frischen Orchideen in einem Glas. Zu anderer Zeit hätte sie ihre Schönheit aufrichtig bewundert, jetzt jedoch war alles, was sie denken konnte: liebte Morgan sie genug, um eine Bindung mit ihr einzugehen? Würde Peter sie überzeugen können, dass ihre gewalttätige Seele es für Morgan zu schmerzvoll machte, um mit ihr zu leben? Zum dritten Male ging sie nun schon zur Tür, um nach den beiden Ausschau zu halten. Dann wandte sie sich wieder um und stürmte zum Altar zurück, um dort zu warten.
Plötzlich war da ein zarter Duft nach Gras und Sonne und sie drehte sich um und entdeckte Morgan, die die kleine Hütte betreten hatte. Peter folgte ihr. Zu ihrer Überraschung trug er jetzt einen schwarzen Talar mit Kragen. Er führte Morgan durch den Raum und legte ihre Hand in Kris' Hand, dann trat er hinter den Altar und beugte seinen Kopf zu einem Gebet.
Nach ein paar Minuten schaute er auf die beiden Frauen, die völlig gefesselt einander gegenüberstanden.
"Kris Thanasis, vor mir und in diesem Gotteshaus, bekenne deine Bindung an diese Frau."
Kris lächelte sanft und schaute die geliebte Frau an. Sie trat näher heran und nahm Morgans beide Hände in die ihren. Als Frau der Tat und nicht der Worte, neigte sie ihren Kopf und fuhr mit ihren Lippen sanft über die ihrer Seelengefährtin. "Ich liebe dich. Bitte heirate mich, Morgan. Ich möchte den Rest meines Lebens damit verbringen, dich glücklich zu machen." Flüsterte die Kriegerin.
"Morgan Andrews, wie lautet dein Bekenntnis?" fragte der Priester.
Morgan öffnete verträumt ihre Augen. "Ich liebe dich, Kris Thanasis. Deine Leidenschaft, deine Sanftheit und deine Kriegernatur. Ich will nichts mehr, als deine Partnerin sein."
"Kris, nimmst du diese Frau als deine Partnerin an und stehst zu ihr und unterstützt sie durch alle Freuden und Herausforderungen des Lebens?"
"Das tue ich."
"Morgan, nimmst du diese Frau als deine Partnerin an und stehst zu ihr und unterstützt sie durch alle Freuden und Herausforderungen des Lebens?"
"Das tue ich."
"Dann lege ich hier und heute vor Gott Zeugnis ab, dass ihr eurer Liebe Ausdruck verliehen habt und euch als eins verbindet. Jetzt küsst euch, um eure ewige Bindung in Liebe zu besiegeln."
Morgans Hand glitt langsam über Kris' Brust und Kris neigte ihren Kopf, bis sich ihre Lippen berührten. Dann zog die Kriegerin ihre Partnerin an sich und nur noch ihre Lippen erzählten davon, was sie füreinander fühlten.
"Meinen herzlichen Glückwunsch, Morgan." Strahlte Peter und beugte sich vor, um der ebenfalls strahlenden Ärztin über die Wange zu streichen. Dann drehte er sich um und tauschte einen Blick mit der Kriegerin.
Sie schlangen ihre Arme umeinander und Kris flüsterte ihm ins Ohr: "Ich danke dir, dafür, dass du mir meine Seele zurück gegeben hast." Pete klopfte ihr beschwichtigend auf den Rücken und zog sich zurück.
"Jetzt kommt, ihr beiden. Ich denke, es ist Zeit für ein kleines Fest!"
***********
Kris war zeitig aufgewacht. An die Decke starrend lag sie da, ihren Arm um die kleine Ärztin geschlungen, die sie gerade zu ihrer Lebenspartnerin genommen hatte. Ihre Gefühle waren in solchem Aufruhr, dass sie noch immer keinen klaren Gedanken fassen konnte. Es war alles so wundervoll und zur gleichen Zeit so verdammt erschreckend. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Was hatte sie getan? Christus!
Morgan bewegte sich leicht im Schlaf und kuschelte sich enger an die Kriegerin, die automatisch ihre Umarmung festigte. Sie lächelte die Decke an. Ich bin verliebt und diejenige, welche, hat sich für ihr Leben zu mir bekannt! Das Lächeln wurde zu einem breiten, einfältigen Grinsen, während sie sich Morgan zuwandte, um sie mit süßen Küssen aus dem Schlaf zu wecken. Aus Zärtlichkeit wurde rasch Leidenschaft.
Später lag Morgan neben ihrer Liebsten. Sie strich beiläufig über die Muskeln auf Kris Unterarm. Wow! Ich habe diese Person geheiratet. Wie soll ich das nur daheim erklären? Kann ich denn nach Hause gehen?! Es ist ja keine legale Hochzeit oder so, und doch bindet mich mein Versprechen enger an diese Frau, als alles Blut es jemals könnte. Ob sie dasselbe empfindet? Ich hoffe es, weil ich nicht glaube, dass ich ohne sie leben könnte.
Morgan schaute in übervolle, blaue Augen. "Tag, meine Kriegerin." Flüsterte Morgan, beugte sich vor und tupfte einen zarten Kuss auf Kris' Lippen. Die dunkelhaarige Kriegerin lächelte zurück, schlang ihren Arm um Morgan und zog sie in einen langen Kuss. "Mmmm, guten Tag, meine Süße." Murmelte Kris mit tiefer, heiserer Stimme, die Morgan durch Mark und Bein ging.
""Ich habe hier gelegen und versucht, mir darüber klar zu werden, was ich getan habe." Sagte Morgan und zog die Kontur von Kris' Schulterblättern nach. Der Körper unter ihren Händen verharrte regungslos.
"D... Du bereust es heute morgen doch nicht, oder, Morgan? Habe ich dir weh getan? Ich... ich bin stärker als die meisten Menschen... vielleicht habe ich dich... verletzt oder dir Angst gemacht..." stammelte das verunsicherte Wesen aus der Tiefe der Kriegerin.
"Sh, meine Jägerin, still." Beruhigte Morgan und tupfte federleichte Küsse auf die fest zusammen gepressten Lippen ihrer Freundin. "Du würdest mich niemals verletzen. Du warst stark und leidenschaftlich und fordernd und gleichzeitig so zärtlich."
Der große Körper unter ihr entspannte sich ein wenig, auch wenn sie die besorgten, blauen Augen intensiv ansahen.
"Du willst doch mit mir verheiratet sein, nicht wahr, Morgan?" kam die zitternde Frage.
Morgan barg ihren Kopf tief in den schwarzen Locken, die über Kris' Hals wallten. "Sehr sogar, mein Herz. Ich bin nur... ich schätze, ich fange langsam an, zu begreifen, was ein Leben mit dir bedeutet. Wir haben nie darüber gesprochen. Wir haben einfach aus dem Impuls heraus reagiert."
Kris setzte sich auf und schwang ihre Beine über den Bettrand, mit einer fließenden Bewegung stand sie auf. Sie ging zu dem schmalen Tisch und goss sich ein Glas Wasser ein.
Sei stürzte es herunter wie einen starken Drink. Dann drehte sie sich um und schaute Morgan an, die sie voller Sorge beobachtet hatte. "Impuls! Impuls? Als hätten wir zuviel getrunken und wären in irgend einem verrotteten Motel wieder zu uns gekommen?!?" Das Glas in Kris' Hand zersprang und Blut und Scherben tropften zu Boden.
Morgan sprang aus dem Bett, griff sich ein Handtuch und wollte es um Kris' Hand wickeln.
"Lass das, verdammt!" fauchte die Kriegerin und zog ihre Hand fort.
"Nein!" schoss Morgan zurück, griff nach dem Arm und schaute Kris in die Augen. "Das habe ich nicht gemeint! Und jetzt zeig mir deine Hand!"
Steif bewegte sich Kris und Morgan säuberte behutsam die Wunde, untersuchte sie auf Glasscherben und band schließlich das Handtuch darum. "Komm hierher." Flüsterte sie und zog Kris am Arm mit sich. Morgan setzte sich auf eine Ecke des Bettes und klopfte auf den Platz neben sich. Nach einem Moment des Zögerns folgte Kris ihrer Aufforderung nach.
Morgan drehte sich zu ihr und schaute Kris in die Augen, ihre Hand hatte sie an deren Kinn gelegt. "Und jetzt hör mir zu, Kriegerin! Ich liebe dich. Und das bedeutet, für immer. Hast du das verstanden?! Ich bin mir über meine Liebe nicht im Unklaren oder unsicher in meiner Entscheidung, die auch Zugeständnisse und Loyalität dir gegenüber einschließt. Ich musste einfach nur darüber sprechen, wohin wir uns von hier aus bewegen werden. Verstehst du?!" forderte sie.
Kris schluckte hart und schaute zu Boden. "Du hast mir Angst gemacht... ich... ich will, dass das hier funktioniert. Ja, ich bin heute morgen aufgewacht und hatte nur diesen Gedanken: Mist, und was jetzt?!" Morgan schmunzelte ein wenig und Kris lächelte sie nervös an. "Ich glaube, wir müssen zuerst einmal deine Katzenpfotenpflanzen finden. Das bedeutet aber auch, dass wir danach zurück in die Staaten müssen. Aber hier gibt es Dinge... wahrscheinlich muss ich eines Tages zurückkehren..."
"Wir werden zurückkommen müssen." Korrigierte Morgan sie ernst.
"Nein. Ich werde dich nicht in meine verkorkste Vergangenheit mit hinein ziehen. Du bist mein Neubeginn. Ich will nicht, dass du .... noch einmal das Opfer von Gewalt wirst." Sagte Kris und zupfte an einem Faden im Kissen herum.
"Zu schade, Thanasis." Sagte Morgan wütend. "Ich habe eine Kriegerin geheiratet. Meine Entscheidung. Und das bedeutet, dass ich einen Weg finden muss, damit zu leben, was du bist, und nicht zu versuchen, dich zu ändern."
Kris' Kiefer bissen vor Wut aufeinander. "Oh ja, und das, was ich bin, setzt die Frau, die ich liebe größten Gefahren aus."
Morgan lächelte und rieb mit einem Knöchel über Kris' angespannte Wangen. "Na und, das, was ich bin, wird mich an deiner Seite bleiben lassen, wenn du in Gefahr gerätst! Also schätze ich, wir müssen Kompromisse schließen und du musst mich meinen Weg finden lassen!" fuhr Morgan mit einem versöhnlichen Lächeln fort.
Ein blauer Blick schoss herum und bohrte sich in einen grünen. Dann lachte Kris. "Das wird wohl eine recht feurige Ehe! Also, soll ich jetzt hier sitzen und zu Tode bluten oder wirst du diese Hand jetzt nähen!" fragte Kris.
Morgan seufzte. "Es scheint, als würde ich dich immer nur zusammenflicken müssen, Jäger!"
**********
Ein paar Wochen lang durchstreiften sie ohne Erfolg den Regenwald auf der Suche nach den Pflanzen. So oft wie möglich kehrten sie zu Petes Lichtung zurück, um dort zu übernachten, ansonsten bauten sie ihr Camp im Freien auf. Kris war erstaunt, wie schnell Morgan es gelernt hatte, ihre Umgebung zu respektieren und zu verstehen. Sie brauchte nur einmal etwas zu erklären und Morgan behielt es in Erinnerung. Jetzt, nach ein paar Monaten im Amazonasbecken, konnte sie bereits eine ganze Menge Pflanzen und Tiere identifizieren und hatte einiges über deren Gebrauch und Nutzen erfahren.
Kris lächelte weich und dachte an den Tag, als sie endlich ein paar der Pflanzen am Fuße eines umgestürzten Baumes entdeckt hatten. Sie hatten Wurzel, Blätter und Blüten eingesammelt und vorsichtig in Morgans Feldtasche verstaut. Kris erkannte schnell, als sie sich umdrehte, dass sie wohl ein Problem auf dem Rückweg haben würden. Aber sie sah keinen Grund, Morgan in Sorge zu versetzen, bis sie glücklich wieder bei Peter angelangt waren. Dort gestand sie der entsetzten Ärztin, dass sie Zecken aus dem Baum aufgelesen hatten.
Sie zogen sich aus und tatsächlich, noch waren die kleinen Biester nur kaum sichtbare schwarze Punkte auf ihrer Haut, bald aber würden ihr Körper vom Blut ihrer Opfer vollgesogen sein. "Klasse!" entsetzte sich Morgan, doch Kris zuckte nur mit den Schultern und lächelte wissend, es gab so viel Schlimmeres am Amazonas als das hier. Mit einer Pinzette entfernte sie eine Zecke nach der anderen von der Haut ihrer Freundin, vorsichtig darauf bedacht, sie mit den Köpfen heraus zu ziehen, um eine Infektion zu verhindern. Dann sprühte sie eine desinfizierende Creme darauf. Als das beendet war, war es an Morgan, sich um Kris' Behandlung zu kümmern und die medizinische Untersuchung führte zu weiteren, wesentlich angenehmeren und aufregenderen Dingen.
"Du starrst mich an." Bemerkte Morgan, als sie von ihrem Feldtagebuch aufblickte und warf ihrer Liebsten ein Lächeln zu. Obwohl sie eine Menge Katzenpfotenpflanzen lokalisiert hatten, versorgte Kris Morgan mit immer neuen Arten von Pflanzen, die von den Indianern verwendet wurden. Morgan hatte sie sorgfältig gepresst, identifiziert und archivierte jedes Exemplar in ihrem Journal für weitere Studien.
Kris erwiderte das Lächeln. "Mein Vorrecht," stellte die Kriegerin leidenschaftlich fest. "Ich habe gerade gedacht, dass du in diesem Teil des Amazonasbeckens wirklich gut zurecht zu kommen scheinst." Erklärte sie.
"Sind die anderen Gebiete denn so anders?" fragte Morgan und lehnte sich voller Aufmerksamkeit vor. Sie hatte schnell begriffen, dass Kris eine unerschöpfliche Informationsquelle über den Regenwald war. Und sie hatte auch gelernt, die wenigen Gelegenheiten zu nutzen, in denen sich die Kriegerin entspannt und zum reden bereit fühlte. Das geschah selten und in großen Abständen.
Kris dachte nach. "Nun ja, Regenwald ist Regenwald. Oberflächlich betrachtet ist es immer das Gleiche, egal wohin du gehst. Doch es gibt besondere Lebensformen in der Flora und Fauna, die regional unterschiedlich sein können. Das Amazonasbecken ist wellig, wie ein altes Waschbrett. Diese Aufwerfungen teilen das Gebiet in verschiedene Sektionen. Deswegen ist die Abholzung einzelner Teile auch so eine Tragödie, denn einmal vernichtet, ist die Vielfalt für immer verschwunden."
"So wie diese mysteriöse Pflanze in Peru." Erkannte Morgan.
"Genau, so in etwa." Stimmte Kris zu und legte die Waffe beiseite, die sie, auf dem Bett sitzend, gereinigt hatte. Sie wusste, dass Morgan nicht in ihre Nähe kommen würde, solange sie mit der Waffe beschäftigt war und sie musste sie jetzt aus der Hand legen, denn sie brauchte Morgans Berührung, so wie ihr Bruder seine Droge gebraucht hatte. Liebe. Liebe war eine wundervolle Art Droge, dachte Kris.
Morgan stand auf, kam herüber und setzte sich neben Kris. Die Kriegerin zog sie sofort in die Arme. So war Kris. Sie fragte nie. Zeigte selten Unsicherheit. Und hatte doch diesen Blick in ihren Augen, wie ein verlorenes, verletztes Kind und dann wusste Morgan, dass sie ihre Umarmung brauchte, um mit den Schatten ihrer Erinnerungen fertig zu werden. Sie saßen still beieinander und während die kleinere Frau sich im Flimmern des Kerzenscheines auf Kris' dunkler Haut verlor, genoss ihre unsichere Liebste die Wärme, die sie nur bei ihr finden konnte.
"Hey!? Seid ihr beide salonfähig?" tönte Petes Stimme von draußen aus der Dunkelheit.
Kris stöhnte. "Komm rein, Peter." Rief sie und hielt Morgan fest, um ihr zu versichern, dass sie keine Veranlassung hatte, ihre Liebste loszulassen, egal, wer herein spazierte. Morgan lehnte sich zurück in Kris Arme. In ihrer Körpersprache ließ sie erkennen, dass sie sich in ihrer Liebe sehr wohl fühlte.
Pete hüpfte mit seinem komischen Wackelgang aus der Dunkelheit und ließ sich in den Sessel fallen, den Morgan vor nicht allzu langer Zeit verlassen hatte. "Muss heute Kaimane fangen, Kris. Könnte ein wenig Hilfe gebrauchen. Ich werde langsam ein wenig zu alt, um vom Kanu ins Wasser und wieder zurück zu hopsen."
"Klar doch Pete. Ich bin froh, dass ich dir helfen kann. Du kannst dich um das Kanu kümmern und Morgan kann die Lampe halten, während ich über Bord springe, um die Krokos zu schnappen." Organisierte Kris und zog Morgan mit sich auf die Füße.
"Augenblick mal!" unterbrach Morgan und streckte ihre Arme aus, um diese beiden Verrückten, die sie sehr liebte, aufzuhalten. "Deine bessere Hälfte braucht ein paar mehr Informationen. Verstehe ich das richtig, dass Kris für dich mitten in der Nacht in den Fluss springen wird, um Alligatoren mit den bloßen Händen zu fangen?!"
Pete und Kris schauten sich an und zuckten mit den Schultern. "Ja." Sagten sie beide unisono.
"Kommt gar nicht in Frage!" erwiderte Morgan und zog Kris am Arm. "Wenn du nichts dagegen hast, wäre es schön, wenn meine Ehe länger dauert, als nur bis nächsten Monat!"
Peter kicherte. "Pantoffelheldin." Murmelte er hinter seiner Hand.
Kris wurde rot und verspannte sich. "Ach, Morgan, es ist OK. Ich habe das schon oft gemacht. Wir sind nur hinter ein paar kleinen her. Du wirst sehen, es ist relativ sicher."
Morgan schaute ihre Partnerin an. "Relativ, ja? Großartig. Ich bin Ärztin, ich weiß Bescheid. Wenn es nur kleine sind, dann sind meistens Mama und Papa Alligator in der Nähe."
Kris hob eine Augenbraue und sah Peter an. Peter sah Morgan an. Morgan seufzte.
"OK. Aber ich werde dich nicht zusammenflicken, wenn dich so ein Alligator beißt, Thanasis!"
Peter und Kris strahlten wie kleine Kinder, denen man gerade erlaubt hatte, alleine auf den Rummel zu gehen. "Es macht wirklich Spaß, Morgan." Sagte sie. "Du wirst es sehen." Beruhigte sie Morgan, während die drei zum Ufer hinab gingen.
Keine der Frauen war überrascht, dass Peter bereits alles Notwendige zusammengepackt und in das Kanu geladen hatte. "OK. Wir werden mitten in der Nacht Alligatoren fangen, warum?" fragte Morgan und setzte sich auf ein Holzbrett, das als Sitzbank fungierte.
"Die Alligatoren sind gefährdet, Morgan. Pete und die anderen kennzeichnen sie, damit die Populationen gezählt und studiert werden können und eine Plan zu ihrem Schutz aufgestellt werden kann." Erklärte die Kriegerin und trieb sie mit kräftigen Paddelschlägen durch die Dunkelheit. Morgan schaute sich um, doch sie konnte nichts erkennen, außer den Sternen über ihrem Kopf. Der Fluss und der Wald waren nur schwarze Schatten, tatsächlich konnte sie noch nicht einmal Kris richtig sehen, die das Kanu gleichmäßig den Fluss hinunter paddelte und die praktisch direkt vor ihr saß.
Nach einer gewissen Zeit glitten sie leise am Uferrand entlang und Kris bedeutete Morgan, die Lampe einzuschalten. Rote, kleine Augen starrten sie aus den Wurzeln am Ufer her an. Kris balancierte auf den Zehen, während Peter das Kanu lautlos näher heran steuerte. Fast ohne einen Spritzer war Kris über der Seite verschwunden und griff im brusthohen Wasser nach einem gut einen halben Meter langen Körper, der versuchte, durch die Wurzeln zu entkommen. Mit beträchtlichem Getöse wehrte sich der Kaiman gegen seine Gefangennahme, aber Kris hielt ihn an der Schnauze und den Hinterbeinen fest im Griff und übergab ihn an Pete. Dann zog sie sich zurück in das Kanu und bereitete die Markierung vor. Mit einem Ring streifte sie die Plastikplakette über ein Bein ihres 'Opfers' und Pete setzte ihn zurück ins Wasser.
Morgan beobachtete das Ganze fasziniert. Der Scheinwerfer beleuchtete ihre Liebste mit scharfem Strahl, goldene Muskeln bewegten sich, glänzend vor Nässe, während diese mit der primitiven Stärke dieses Ungeheuers in ihren Händen kämpfte. Es war wie ein Flashback aus einer längst vergangenen Zeit. Die wilde Schönheit dieser Szene erreichte sie und berührte etwas in ihrem Inneren, das sich Morgan nicht erschließen wollte, aber es schien ihr, als wäre es ein zarter Erinnerungsfaden daran, dass sie etwas ähnliches schon erlebt haben könnte.
Kris spürte Morgans Augen auf sich und setzte sich ihr gegenüber auf den Boden. Morgan schaute in das starke, kantige Gesicht, umrahmt von dunklem, nassen Haar. Begehren durchströmte sie wie eine Welle und verfing sich in ihrem Bauch. Kris warf ihr ein lässiges, sexy Lächeln zu, beugte sich vor und fing Morgans Lippen ein. Oh Gott! Genau hier. Gleich auf der Stelle! Schrien Morgans Sinne.
"Würdet ihr beide das lassen!" grollte Peter und Kris wich zurück und zwinkerte ihrer Liebsten mit den Augen ein Versprechen zu.
"Zur Hölle, habt ihr Frauen vergessen, dass hier ein Mann ist, der ein Gelübde abgelegt hat!"
Morgan und Kris schauten den schroffen und fluchenden alten Mann an und brachen in Gelächter aus.
Peter grummelte noch eine Weile gutmütig herum. "Das habe ich davon, dass ich euch beide getraut habe. Jetzt rächt ihr euch dafür an mir!"
Sie paddelten durch die Nacht und markierten etwa ein halbes Dutzend weitere Kaimane, bevor sie zurückkehrten. Morgan half den beiden 'Kroko'jägern die Ausrüstung in Petes Lagerhütte zu schaffen. Dann spazierte sie Hand in Hand mit Kris zurück zu ihrem Quartier. Sie wusste, dass ihre Kriegerin müde war. Auch kleine Alligatoren konnten sehr stark sein und das Wasser hatte den Körper ihrer Liebsten ausgekühlt.
"Ich werde nur schnell duschen und den Krokodilgeruch abspülen." Gähnte Kris. "Warum gehst du nicht vor und wärmst das Bett für mich an?!"
Morgan küsste die Freundin sanft auf die Lippen. "Lass mich nicht zu lange warten, meine Jägerin. Du brachst Ruhe." Kris nickte und verschwand in der Dunkelheit.
Sie kam nicht zurück.

weiter zu Teil 5