FANWORK > Fanfiction > Xenina - Das Gottesurteil Teil 1

Disclaimer: alle namentlich genannte Figuren mit Ausnahme von Achillaeus Maximus sind Eigentum von MCA/Universal and Renaissance Pictures und wurden ohne Genehmigung verwendet. Eine Urheberrechtsverletzung ist nicht beabsichtigt und es wird nicht versucht, mit der Geschichte Profit zu machen. Der Mythos vom Kugelmenschen entstammt Platons "Gastmahl" (Symposion 189c-191d). Der Text lag der Verfasserin in der Übersetzung von Schleiermacher(1807) vor und wurde von ihr frei wiedergegeben.
Subtext: ja, auch Maintext.
Gewalt: ja.
Sex: andeutungsweise.
Zeitliche Einordnung: zwischen "Najaras Rückkehr" und "Die Iden des März." (Staffel 4)
Anmerkung: das Absetzen der Xena-Ausstrahlung bei RTL 2 hat mich so geärgert, dass ich diese Geschichte einfach schreiben musste….. Über ein Feedback würde ich mich sehr freuen!
Xenina im August 2008

Xena die Kriegerprinzessin
Das Gottesurteil Teil 1

By Xenina

I

Allmählich wurde es Abend aber viel war davon nicht zu merken, da es schon den ganzen Tag so dunkel gewesen war wie normalerweise erst in der Dämmerung. Seit einer Woche regnete es nun Bindfäden über dem Flachland, der Vorhang aus Wasserschnüren erstreckte sich bis zum Horizont - aber so weit konnte man mitnichten sehen, es war schon ein Glück wenn man den aufgeweichten Weg vor sich erkennen konnte. Auch die vereinzelt am Wegrand stehenden Büsche und wilden Olivenbäume waren nur schemenhaft wahr zu nehmen. Zu allem Überfluß wehte auch noch ein scharfer Wind, der die ohnehin schon niedrige Temperatur noch um einige Grad tiefer erscheinen ließ als sie tatsächlich war.

Xena die berühmte Kriegerprinzessin, groß und dunkelhaarig, und ihre Freundin, die kleine, blonde Bardin Gabrielle saßen mißmutig auf Xenas mit hängendem Kopf dahintrottender Isabellstute Argo, deren Schritte die beiden Reiterinnen schon bis zu den Knien mit Schlamm bespritzt hatten. Das Wasser hatte längst die Kleidung der beiden durchnässt. Gabrielles indischer Sari war für ein solches Wetter sowieso nicht geschaffen aber sogar Xenas Lederkleid hatte die alles durchdringende Feuchtigkeit nicht mehr abhalten können. An den nackten Unterschenkeln der beiden Frauen klebten nasse Pferdehaare und piekten entsetzlich. "Ihr Götter! So naß war ich noch nicht mal bei unserem letzten Bad!" seufzte Gabrielle, die hinter Xena saß und sogar außerstande war, zu genießen, sich an ihrer starken Freundin festzuhalten. "Aber was gäbe ich jetzt nicht für einen Zuber schönes, heißes, duftendes Badewasser!" "Oh ja! Diese verdammte Kälte ist mir bis ins Mark gekrochen - es graut mir schon vor einer weiteren Nacht in einer Schlammpfütze unter unseren nassen Decken - was für ein elendes Wetter!" schimpfte die Kriegerprinzessin. Gabrielle wischte ich zum x-ten Mal die nassen Haare aus dem Gesicht. "Leider wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben. Wir müssen uns langsam nach einem Schlafplatz umsehen, man sieht ja fast nicht mal mehr die eigene Hand vor den Augen …….." Sie stockte und rief plötzlich aus: "Xena! Schau mal, da! Ist das nicht ein Licht?" "Wo?" brummte hoffnungslos die Kriegerin und hob halbherzig ihre leuchtendblauen Augen gegen den schneidenden Wind. "Da vorne - ja, es ist wirklich ein Licht!" Jetzt wurde auch Xena lebendig und versuchte, den Regenvorhang mit den Blicken zu durchdringen. "Das ist kein Feuer", sagte sie, " dafür leuchtet es zu gleichmäßig. Außerdem würde es bei diesem verfluchten Regen sowieso nicht brennen - wie wir ja leider ganz genau wissen." "Vielleicht ist dort eine Taverne, wo wir wenigstens etwas Heißes zu trinken bekommen können!" Gabrielles Stimme zitterte sehnsüchtig. "Oder gar eine Herberge! Mit heißem Essen, heißen Getränken - und einem warmen, weichen und vor allem trockenen Bett!!" ergänzte Xena aufgeregt und trieb Argo zu einem leichten Galopp ohne darauf zu achten, dass der Schlamm nun bis zu ihren Scheiteln spritzte. Gabrielle protestierte nicht.

II

Nach kurzer Zeit schälten sich aus Dunkelheit und Dunst die Umrisse eines ziemlich großen Gebäudes und als die beiden Reiterinnen davor hielten, sahen sie über dem Eingang ein im Wind gegen die Hauswand schlagendes Schild mit der Aufschrift: "Herberge zur reisenden Amazone". Argo stieß ein erfreutes Wiehern aus und Gabrielle stöhnte: "Eine Fata Morgana!" "Nein, das muß das Elysium sein!" Die Kriegerin stieg so hastig vom Pferd, dass Gabrielle beinahe in den Matsch gefallen wäre, nur ein schneller Griff Xenas um ihre Hüfte bewahrte sie davor.
Warmes Licht schien durch die Fenster der Herberge und man hörte gedämpft Stimmengewirr. "Zuerst müssen wir mal die arme Argo versorgen", sagte Xena und Gabrielle folgte den beiden zum Stall. Argo wieherte wieder und Xena meinte: "Da sind Pferde drin. Wir werden wohl nicht die einzigen Gäste sein." Ein mehrstimmiges Wiehern antwortete Argo aus dem Anbau. " Oh nein! Was wenn nun kein Zimmer mehr frei ist! Selbst ich könnte jetzt morden für Essen, Trinken und ein warmes Bett!"
Xena reagierte nicht auf die Klagen der Bardin, denn sie hatte die Stalltür geöffnet und sah gebannt auf das Bild, das sich ihr bot: die Boxen waren voller Pferde aber nicht das war es, was derartig die Aufmerksamkeit der Kriegerprinzessin fesselte. Vor den Boxen, in der Stallgasse lag das Zaumzeug der Tiere und dieses wies eindeutig auf deren Besitzer hin. "Römer! Und zwar hochrangige!" zischte mit schmalen Augen die Kriegerin. Für einen Moment vergaß sie Müdigkeit, Hunger, Durst, Nässe und Kälte. Nicht so jedoch Argo. Das ungeduldige Pferd schnaubte und drängte die beiden Freundinnen in die Wärme und Trockenheit des Stalls hinein. "Was, bei den Göttern, haben die Römer in Griechenland zu suchen?" fragte Xena, "das müssen wir unbedingt herausfinden!" "Oh ja! Und dafür müssen wir natürlich hier bleiben, nicht wahr?" Für Gabrielle war die Vorstellung, wieder hinaus in die kalte, nasse, dunkle Nacht zu stolpern und einen eben so kalten, nassen und dunklen Schlafplatz aufsuchen zu müssen unerträglich. Xena sagte: "ja, wir bleiben hier. Aber wir müssen sehr vorsichtig sein! Mit Römern ist nicht zu spaßen!"
Die beiden Frauen fanden noch eine leere Box am Ende der Gasse. Dort bereiteten sie Argo ein trockenes Nachtlager, versorgten sie mit Futter und Wasser und rieben sie ab, bis sie trocken war. "So, mein Mädchen", sagte Xena zu der dankbar schnaubenden Stute und klopfte ihr auf die Kruppe, " jetzt laß' es dir gut gehen und ruh' dich aus. Das hast du dir verdient!" Erst als das Pferd versorgt war, dachten die beiden Frauen an sich selbst.

III

Als Xena und Gabrielle die Tür zum Schankraum öffneten, schlug ihnen mit Essensduft geschwängerter warmer Dunst entgegen. Den beiden wurde ganz schwummrig vor Hunger und Müdigkeit als sie eintraten.
An den einfachen Holztischen des gemütlichen Raums saßen überall Römer und Xena zog Gabrielle am Ärmel schnell an einen leeren Tisch in einer dunklen Ecke. Diese Vorsicht war allerdings ziemlich überflüssig, denn die beiden waren so durchnässt und verdreckt, dass man sie wohl kaum erkannt hätte.
Der stämmige Wirt kam an ihren Tisch und fragte nervös nach ihrem Begehren. "Gut und reichlich zu essen und zu trinken und ein warmes, sauberes Bett", antwortete Gabrielle mit leuchtenden Augen und fügte hinzu: "und ein heißes Bad wäre elysisch!" Der Wirt erwiderte: "Zu essen und zu trinken sollt ihr bekommen und auch ein Bad sollte drin sein, bei eurem erbärmlichen Zustand. Aber ich habe nur noch ein Zimmer mit einem Einzelbett." "Macht nichts!" Xena lächelte erleichtert. " Wir sind es gewohnt, "beengt" zu schlafen." Und sie warf ihrer Freundin einen schelmischen Blick zu unter dem diese leicht errötete; die Lebensgeister der Frauen kehrten sichtlich zurück, Römer hin, Römer her.
Xena und Gabrielle stopften an Essen in sich hinein was irgend möglich war und sprachen auch dem heißen Gewürzwein ordentlich zu. Als der Wirt etwas später an ihren Tisch trat um sich zu erkundigen, ob es ihnen schmecke und sie noch weitere Wünsche hätten fragte Xena ihn: "was sind das für Römer, Wirt?" "Diese Römer sind Gaius Julius Cäsar, Prokonsul von Rom, höchstpersönlich und ranghohe Offiziere. Ihr Heer lagert unweit von hier im Schlamm und diese Herren hatten wohl genauso die Nase voll vom schlechten Wetter wie ihr, so dass sie den Befehl für die Nacht einigen Zenturionen übertragen haben um hier im Trockenen zu nächtigen. Die blauen Augen der Kriegerin weiteten sich. " Cäsar ist hier? Und wo ist er jetzt, ich sehe ihn nirgends?" Der Wirt beugte sich vor und flüsterte:" Er befindet sich in seinem Zimmer - zusammen mit einer Frau. Da er aber Essen für sie beide bestellt hat, werden sie wohl später noch herunter kommen." "Immer noch der alte Schwerenöter" murmelte Gabrielle in ihren Becher.
Der Wirt sah sich Xena jetzt genauer an und erkannte sie schließlich unter all dem Dreck. Seine Augen wurden groß: " Du bist Xena die Kriegerprinzessin, nicht wahr? Ich habe schon viel von dir gehört, es gibt eine Menge Leute hier in der Gegend, denen du im Kampf gegen mordgierige Kriegsherren und anderes Gesindel beigestanden hast. Ihr zwei seid heute Abend meine Gäste!" Xena lächelte. " Vielen Dank! Du weißt nicht zufällig, was die Römer in diese Gegend verschlagen hat?" Während sie das fragte lehnte die große Frau sich locker zurück und strich sich ihr langes schwarzes Haar in den Rücken so dass es den Anschein hatte, als führte sie mit dem Wirt ein harmloses Schwätzchen. Selbst der reichlich genossene Wein konnte ihre Wachsamkeit nicht beeinträchtigen. Der Wirt schüttelte bedauernd den Kopf:" ich habe versucht, etwas von ihren Gesprächen aufzuschnappen aber es ist mir nicht gelungen, etwas Wichtiges zu erfahren. Offensichtlich befinden sie sich auf der Durchreise." "Wer's glaubt" murmelte Gabrielle weiter vor sich hin.
"Ja, wer's glaubt!" wiederholte Xena, als der Wirt gegangen war. "Wir müssen unbedingt herausfinden, was Cäsar im Schilde führt! Vielleicht bedeutet seine Anwesenheit Unheil für diesen Landstrich, oder gar für ganz Griechenland!" Gabrielle nickte: "und wie willst du das anstellen?" "Als erstes nehmen wir unser Bad. Und dann werden wir Cäsar begrüßen!" Gabrielle starrte die Freundin entsetzt an: "Spinnst du? Der Gewürzwein ist dir wohl zu Kopf gestiegen! " Xena grinste: "Keine Sorge, ich bin ganz klar im Kopf. Ich werde Cäsar nach Strich und Faden aushorchen, wart's nur ab!

IV

Das heiße Bad, welches ihnen in ihrem einfach eingerichteten aber behaglichen Zimmer bereitet worden war, dampfte verführerisch! Blitzschnell war Xena aus ihren nassen Kleidern geschlüpft und in den Bottich gestiegen, dessen heißer Inhalt ihr ein wohliges Ächzen entlockte. Langsam ließ sie sich ins duftende Wasser gleiten. "Xena!" rief Gabrielle, noch halb angekleidet, entrüstet. "Was ist mit mir?? Soll ich etwa warten, bis du fertig bist und das Wasser nur noch lauwarm ist? Ganz zu schweigen von dem Schmutz, der dann darin schwimmt!" Xena grinste sie an: "Ach was! Komm' rein, hier drin ist genug Platz für uns beide. Aber wehe, du setzt dich wieder auf die Seife!" "Oh du freche ….!" Xena duckte sich lachend unter einem heran fliegenden Schwamm und Gabrielle entledigte sich ihrer restlichen Kleider. Dann stieg sie zu ihrer Freundin in den Zuber.
Das Wasser vertrieb nun endgültig die klamme Kälte aus den Gliedern der beiden Frauen. Und da sie sich gegenseitig gründlich schrubbten, verfügte sich auch der Dreck bald hinein ins Badewasser. Schließlich saßen sie aneinander gelehnt in der Enge der Wanne und entspannten sich. Schweigend genossen sie die gegenseitige Nähe, selbst die sonst so redselige Bardin sagte nichts.
Leider konnten sie das Bad nicht allzu lange auskosten, da sie ja vorhatten, Cäsar zu treffen aber immerhin wuschen sie noch ihre verdreckten Reisekleider und hängten sie zum Trocknen über den freundlich das Zimmer erwärmenden Kamin, auch breiteten sie zum gleichen Zweck ihre Decken und Schlaffelle auf dem Fußboden aus. Aus den Tiefen ihrer Satteltaschen förderten sie dann halbwegs trockene Kleidung hervor und zogen sie an. Xena bedauerte nur, dass sie ihr Lederkleid und folglich auch ihre Rüstung nicht anziehen konnte - bei Cäsar konnte man schließlich nie wissen- aber das ließ sich nun nicht ändern.
Zwar steckte eine bleierne Müdigkeit in ihren Knochen, so dass sie am liebsten sofort in das einladende Bett gestiegen wären aber im Vergleich zu ihrem Zustand draußen fühlten sich die beiden Frauen wie neugeboren. Xena schulterte ihr Schwert und Gabrielle steckte ihre Dose mit Pfefferpuder ein, dann gingen die beiden die Treppe hinab, zurück in die Schankstube.

V

Während Xena und Gabrielle sich den Schmutz der Reise von ihren müden Körpern gewaschen hatten war Cäsar zusammen mit seiner Begleiterin in den Schankraum gekommen. Er hatte den Leuten, die dem wärmenden Kamin am nächsten saßen und tranken befohlen, sich woanders hinzusetzen. Als die beiden Freundinnen den Raum betraten, schlemmten der zukünftige Herrscher Roms und die Frau in seiner Begleitung im Feuerschein nach Herzenslust, der arme Wirt hatte ihnen unter Androhung von Strafe das Beste servieren müssen, was seine Küche hergab.
Xena und Gabrielle traten an den Tisch. Gabrielle fiel plötzlich auf, dass der kräftige dunkelhaarige Mann mit den starken Augenbrauen und großen schwarzen Augen sie irgendwie an einen Fischotter erinnerte und unterdrückte ein Kichern. Ihre grünen Augen blitzten belustigt. "Hallo Cäsar", sagte Xena salopp und sah auf ihn herunter. Und dann überstürzten sich die Ereignisse. Während Cäsar Xena anstarrte als wäre sie ein Gespenst rief seine Begleiterin mit freudigem Erstaunen: "Gabrielle!" Und darauf Xena und die Bardin fast gleichzeitig völlig verblüfft: "Najara! Wo kommst du denn her?!"
Cäsar hatte sich schnell wieder gefasst und sagte mit aalglattem Lächeln: "Hallo Xena! Wer hätte gedacht, dass wir uns hier wieder begegnen? Und das ist deine geliebte Freundin Gabrielle, nicht wahr? Meine Begleiterin, Naraja, "Botin des Lichts", kennt ihr offenbar schon, wenn ich auch nicht weiß, woher. Aber egal, kommt und setzt euch zu uns. Zu essen ist auch noch da." "Danke, wir haben schon gegessen. Aber einen Becher Wein können wir schon noch vertragen, was, Gabrielle?" Während die Bardin sprachlos auf Cäsars blonde Begleitung herabsah, die ihrerseits den Blick eindringlich erwiderte, ließ Xena sich Cäsar gegenüber auf die Bank fallen, schenkte für sich und ihre Gefährtin einen Becher Würzwein ein und legte die Füße auf den Tisch. "Deine Manieren haben sich seit unserer letzten Begegnung nicht gerade gebessert" bemerkte der Kaiser. Xena grinste: "warum sollten sie auch?"
Gabrielle setzte sich nun langsam neben Xena auf die Bank und betrachtete Naraja, die wie immer stolz und aufrecht dasaß. Die Frau war sichtlich gealtert, in ihr kurzes blondes Haar mischten sich erste graue Strähnen und eine feine weiße Narbe zog sich diagonal über ihr Gesicht. Gabrielle konnte sich noch gut an die Verletzung erinnern, deren Folge diese Narbe war, da sie selbst sich damals hingebungsvoll um die Heilung bemüht hatte. Aber trotz alldem war Naraja immer noch schön.
Aus irgendeinem Grund vermochte Gabrielle den Blick nicht von den blaugrauen Augen Narajas zu lösen, sie hatte buchstäblich das Gefühl, als würden diese die ihren ansaugen. Und es lag etwas im Ausdruck dieser Augen, was Gabrielle tief in der Seele berührte, ein Ausdruck von Schmerz, Verlust und Einsamkeit. Gabrielle schluckte schwer.

VI

Während Cäsar und Xena einander in höflichem Ton kleine Gemeinheiten sagten und dabei versuchten, sich gegenseitig auszuhorchen, entwickelte sich die Unterhaltung zwischen Naraja und der Bardin in ganz anderer Weise.
Ohne den Blick von Gabrielle zu wenden sagte Naraja lächelnd und voller Wärme: "Gabrielle! Du ahnst ja nicht, wie froh ich bin, dich wieder zu sehen!" Irritiert runzelte Xenas Freundin die Stirn. In ihr regte sich ein längst vergessenes Gefühl, welches ihr gar nicht willkommen war. Zurückhaltend erwiderte sie: "Ich finde es auch schön, dich wieder zu sehen, Naraja. Allerdings bin ich erstaunt, dir, die du dich doch dem Frieden und der Gewaltlosigkeit zugewendet hattest - so sagtest du bei unserer letzten Begegnung zumindest - in der Gesellschaft eines solch grausamen und kriegerischen Mannes wie Julius Cäsar wieder zu begegnen." Ein Schatten schien über das Gesicht Narajas zu huschen und einen kurzen Moment lang senkte sie den Blick. Dann aber sah sie Gabrielle wieder direkt in die Augen. "Das ist eine lange Geschichte, Gabrielle, und ich bin nicht sicher, ob sie dir gefallen würde." Gabrielle stützte das Kinn in die Hand. "Ich bin bereit, sie zu hören."
Naraja saß einen Moment in sich gekehrt da, dann fuhr sie sich mit allen zehn Fingern durchs Haar, seufzte und sagte:" Also gut. Du erinnerst dich, dass unsere letzte Begegnung mit einem Kampf zwischen Xena und mir endete, der zur Folge hatte, dass ich in ein Koma fiel." Gabrielle nickte bedauernd und Najara fuhr mit gesenktem Blick fort: "Es tut mir übrigens leid, dass ich damals so unsanft mit dir umgegangen bin, ich war außer mir weil du nicht bereit warst, mit mir zu gehen." "Das weiß ich, Najara", sagte Gabrielle leise. Dankbar sah die "Botin des Lichts" Gabrielle wieder an: "Mein Zustand besserte sich lange nicht, obwohl die Schwestern im Gefängnis, wie ich später hörte, ihr Äußerstes taten um mich wieder ins Bewusstsein zurück zu holen. Nach Monaten dann hatten ihre Bemühungen endlich Erfolg, meine vollständige körperliche Heilung dauerte jedoch noch fast ein Jahr. In dieser Zeit der Genesung und Gefangenschaft hatte ich viel Zeit zum Grübeln. Und das tat mir gar nicht gut. Ohne Unterlaß musste ich an dich denken, stellte mir vor, wie du mit Xena, der ich mein ganzes Elend zu verdanken hatte, durch die Lande streifst, Tag und Nacht an ihrer Seite, während ich im Gefängnis saß, einsam und verlassen und die von ihr zugefügten körperliche und seelische Höllenpein ertragen musste. Ich betete zu meinen Dschinn um Erlösung, selbst wenn diese meinen Tod bedeutet hätte, aber die Dschinn blieben stumm. Irgendwann fing ich an, die Schwestern dafür zu verfluchen, dass sie mein Leben gerettet hatten. Ich wünschte mir nur noch das Vergessen im Tod, den ich auf die eine oder andere Weise selbst herbeizuführen versuchte - jedoch ohne Erfolg, wie du siehst."
Die Erzählerin hielt inne, als sie die Tränen in Gabrielles Augen sah. "Ich habe dir ja gesagt, dass dir meine Geschichte nicht gefallen wird." Ein schmerzliches Lächeln verzog Narajas schönen Mund. Gabrielle machte eine Bewegung als wolle sie die vor sich auf dem Tisch liegende Hand der Frau ergreifen. Mit einem Blick auf Xena und Cäsar unterließ sie es jedoch und sagte nur: "nein, nein, ist schon in Ordnung. Bitte erzähl' weiter."
"Als ich endlich aus dem Gefängnis entlassen wurde, hatte ich jegliche Hoffnung auf ein Leben mit dir aus meinem Herzen verbannt und damit auch meine Gefühle für dich - wie ich bis heute glaubte." Gabrielle wurde rot und machte eine abwehrende Handbewegung. Naraja lächelte wieder ihr schmerzerfülltes Lächeln und sagte:" Auch wenn du es nicht hören willst, es ist wie es ist. - Nun, wie auch immer, als ich wieder frei war, dachte ich mir, wenn ich mein Leben schon nicht an deiner Seite verbringen durfte, so wollte ich wenigstens die materiellen Freuden dieser Erde genießen, Geld, Macht und Luxus und was noch so dazugehört. Da meine Dschinn nicht mehr zu mir sprachen sagte ich mir, dass es dann auch nicht mehr meine Pflicht sei, auf dem Weg des Guten zu wandeln. Mein Herz war völlig verstockt. Und so kommt es, dass du mich heute in der Begleitung des grausamen und kriegerischen römischen Prokonsuls antriffst, weil er gleichzeitig der mächtigste und reichste Mann der Welt ist und noch viel mächtiger werden wird. Wie es dazu kam, möchte ich dir lieber nicht näher beschreiben. Aber für eine einigermaßen gut aussehende Frau ist es ja bekanntlich nicht schwer, ihn für sich zu gewinnen."
"Oh nein! Das darf doch nicht wahr sein! Das alles tut mir so unendlich leid!" Wieder und wieder schüttelte die Bardin mit Tränen in den Augen den Kopf. Gut, Naraja war schon immer etwas verrückt gewesen. Aber Gabrielle hätte nie gedacht, dass es so weit kommen würde mit der "Botin des Lichts" wie Naraja sich bei ihrer ersten Begegnung selbst genannt hatte. Und irgendwie fühlte sich daran schuldig…..
Najara sah Gabrielle über den Tisch hinweg mit ihren graublauen Augen, in denen immer Licht zu sein schien, an. Ihr Gesichtsausdruck war unendlich traurig und unendlich zärtlich und leise fügte sie hinzu:" auch wenn ich inzwischen ganz sicher weiß, dass du immer an Xenas Seite bleiben wirst, bin ich doch überglücklich, dich noch einmal getroffen zu haben denn diese Begegnung hat mein eisiges Herz erwärmt. Und so sehe ich jetzt, dass es falsch war, vom Weg des Guten abzuweichen. Ich bin froh, dass es für diese Erkenntnis noch nicht zu spät für mich war, fühle ich doch seit kurzem, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt. Ich bin dir unendlich dankbar, Gabrielle. Trotz aller Schmerzen, die ich deinetwegen durchgemacht habe warst du für mich und mein Leben doch die "Botin des Lichts". Ich liebe dich, Gabrielle. Ich habe dich immer geliebt, seit unserer ersten Begegnung!"
Gabrielle bewegte sacht den Kopf hin und her wobei sie Naraja unverwandt ansah. Voll Mitleid, Schmerz und einem vagen Gefühl, welchem sie jedoch lieber nicht genauer nachging versenkte sie ihren Blick in die traurigen Augen der Frau gegenüber und versuchte, dieser auf diese Weise zu geben was sie auf anderem Wege weder durfte noch konnte noch wollte. Und Naraja verstand und war ihr dankbar.

VII

Obgleich Xena mit dem römischen Prokonsul sprach und eigentlich dringend herausfinden wollte, was dieser in Griechenland im Schilde führte, war ihre Aufmerksamkeit doch durch das Geschehen zwischen Gabrielle und Najara abgelenkt. Es war zwar zu laut in der Schankstube, als daß sie dem Gespräch der beiden Frauen hätte folgen können aber sie bemerkte sehr wohl deren Blickkontakte, Gabrielles Ergriffenheit und auch deren unwillkürliche Bewegung hin zu Najaras Hand. Xenas Mund wurde trocken und das Herz klopfte schmerzhaft in ihrer Brust. Erinnerungen an die Begegnungen mit der "Botin des Lichts" kamen in ihr hoch obwohl sie sie zurück zu drängen versuchte. Erinnerungen an Naraja - und Gabrielle. Hastig stürzte die sonst so gelassene Kriegerin einen Becher Gewürzwein hinunter und verbrannte sich dabei die Zunge an dem heißen Getränk.
Cäsar, der nicht dumm war und Xena schließlich von früher her kannte, bemerkte, dass die Kriegerin nicht bei der Sache war und hatte auch schnell den Grund dafür herausgefunden. Er sah die schöne Frau hinterhältig an und sagte mit einer Kopfbewegung hin zu Najara und Gabrielle: " die beiden scheinen sich ja prächtig zu verstehen, findest du nicht? Eifersüchtig?" Xena ging nicht auf diese Stichelei ein, zog aber eine Augenbraue unmerklich in die Höhe. Cäsars Gesicht verzog sich zu einem wissenden Grinsen.
Im Übrigen machte dem Konsul die ganze Sache zunehmend Spaß. Der Wein tat seine Wirkung und er bemerkte, dass ihn die ihm gegenüber sitzende große, dunkelhaarige Frau mit den eisblauen Augen immer noch körperlich anzog. Er erinnerte sich an die Stärke und Geschmeidigkeit ihres Körpers, ihren Stolz und ihre Wildheit. Also versuchte Cäsar, die Bissigkeiten in einen Flirt übergehen zu lassen und warf der Kriegerin mit seinen dunklen Augen feurige Blicke zu. Zu seinem Bedauern ging Xena nicht darauf ein. In seiner Eitelkeit gekränkt schob Cäsar seine Erfolglosigkeit darauf, dass sich Xenas Aufmerksamkeit zunehmend auf die beiden blonden Frauen am Tisch richtete. Aber sein Jagdinstinkt war geweckt und er war weit entfernt davon, aufzugeben. Immerhin war er der fast schon der Imperator Roms und schließlich hatte er die Kriegerprinzessin schon einmal für sich gewinnen können, auch wenn er zugeben musste, dass das lange her war und sie sich seitdem gewaltig verändert hatte. Sie haßte ihn offensichtlich aber gerade das reizte ihn. Und es kam ihm ja schließlich nicht darauf an, ihre Zuneigung zu gewinnen, sondern er wollte lediglich wieder einmal eine Nacht mit ihr verbringen. Bei diesem Gedanken wurde dem Konsul noch wärmer, als es ihm ohnehin schon war. Er suchte nach einer geeigneten Gelegenheit, um an alte Bande anzuknüpfen und lud Xena schließlich für den nächsten Tag zu einem Fest in sein Heerlager ein, seine Leute würden es schon kurzfristig für ihn auf die Beine stellen können: "Selbstverständlich ist auch deine kleine Gabrielle eingeladen. Als meine Gäste ist euch natürlich freies Geleit zugesichert.", fügte er hinzu als er Xenas skeptischen Blick bemerkte. Gerne hätte er Xena eine Spitze mit der Erwähnung von Narajas Anwesenheit auf dem Fest verpasst, aber er verbiß sich die Bemerkung aus Sorge, sie könne die Einladung dann ablehnen. Es war offensichtlich, dass die Kriegerprinzessin seine Begleiterin nicht ausstehen konnte.
Xena, die sich darauf besann, dass sie eigentlich hier saß um die Pläne des Prokonsuls zu erfahren, musste feststellen, dass sie mit diesem Vorhaben noch nicht allzu weit vorangekommen war. Und irgendwie fühlte sie sich jetzt auch nicht mehr in der Lage, es weiter zu verfolgen. Sie war müde und außerstande, ihre volle Konzentration auf das Gespräch mit dem Mann zu richten. Außerdem tat tief in ihr irgendetwas schrecklich weh, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte. Ein Fest, auf dem unweigerlich viel Wein fließen und auch sonst so einiges außer Kontrolle geraten würde, würde eine gute Gelegenheit sein, Cäsar und seine Gefolgsleute auszuhorchen. Und so nahm Xena die Einladung an.

VIII

Cäsar, aufgeheizt vom Wein und den Gedanken an eine Nacht mit Xena legte den sehnigen Arm um Narajas Schultern und zog sie dicht an sich. Najara, plötzlich voller Abscheu vor ihrem Leben mit Cäsar und ihren Motiven dafür und eben noch versunken in Gabrielles Augen sträubte sich gegen ihn. Ihr Mund verzog sich vor Ekel, Ekel vor sich selbst und dem Mann neben sich. Flehend sah sie Gabrielle an, doch die senkte nur traurig ihren Blick. Cäsar bemerkte die Veränderung Narajas: "was ist los, meine Liebe? Magst du den alten Julius plötzlich nicht mehr? Da hatte ich vorhin auf dem Zimmer aber noch einen ganz anderen Eindruck!" Und er verstärkte den Druck seines Arms. Najara wurde blutrot im Gesicht, vor lauter Scham wäre sie am liebsten im Boden versunken. "Laß' mich!" sagte sie leise, "ich kann dich nicht mehr ertragen!" Cäsars Augen verengten sich zu Schlitzen. So hatte noch niemand mit ihm, dem mächtigen Feldherr und Konsul des großen Römischen Reiches, zu sprechen gewagt, schon gar keine Frau! Und dazu auch noch in der Öffentlichkeit!
Gabrielle und Xena sahen Naraja erschrocken an. Dieser wurde bewusst, dass sie den mächtigen Mann gerade tödlich beleidigt hatte aber anstatt sich zu fürchten, geriet sie immer mehr in Fahrt. Mit zunehmender Lautstärke sagte sie zu Cäsar: " Laß' mich sofort los! Du widerst mich an! Dein Körper, deine Art, deine Habgier, dein ganzes verdammtes Römisches Reich ekeln mich! Wenn meine Angelegenheiten im Lager geregelt sind, werde ich dich verlassen!" Mit ungeheurer Energie fegte Naraja Cäsars Arm von ihren Schultern und sprang auf. Hoch aufgerichtet stand sie da, ganz die alte "Botin des Lichts", voller Stolz und Todesverachtung. Selbst Xena konnte ihr einen anerkennenden Blick nicht verweigern. Die Leute im Schankraum drehten ihre Köpfe um zu sehen, was es gab.
Bei Narajas Worten war Cäsar kreidebleich geworden, seine Lippen waren nur noch ein Spalt und die Kiefermuskeln mahlten. Als sie geendet hatte, schoß er von der Bank empor und schlug seiner ehemaligen Begleiterin mit der Faust brutal ins Gesicht. Najaras Wange schwoll sofort an, aber sie wankte nicht, ja zuckte nicht einmal mit der Wimper. Im Gegenteil: auf ihrem geschundenen Gesicht erschien ein erleichterter Ausdruck, als habe sie die Mißhandlung nicht nur von Cäsar sondern überhaupt von allem irdischen Leid befreit……. "Das wirst du bereuen, Hure Roms" zischte der zukünftige Diktator und warf mit herrischer Geste seinen Umhang um seine Schultern. An Xena gewandt presste er zwischen zusammen gebissenen Zähnen noch leise ein "Gute Nacht. Bis morgen!" hervor, dann rauschte er die Treppe hinauf in sein Zimmer.

IX

Gabrielle starrte die immer noch stehende Naraja sprachlos aus großen grünen Augen an und auch Xena brachte nicht mehr zustande als ein beeindrucktes "Wow!" Die "Botin des Lichts", mochte sie auch verrückt sein, war beträchtlich in ihrer Achtung gestiegen und es erfüllte sie mit diebischer Freude, den arroganten Cäsar so gedemütigt gesehen zu haben. Allerdings war auch der Kriegerin klar, dass der Konsul eine solche Beleidigung nicht ungesühnt lassen würde und so wich ihre momentane Bewunderung schnell einer sorgenvollen Ahnung. "Komm', Naraja. Setz' dich erst mal wieder." Und während diese der Anweisung Xenas halb betäubt vom Schlag Cäsars und dem Adrenalinstoß, den ihre Tat ausgelöst hatte, Folge leistete, bestellte Xena noch einmal Wein für sie alle drei.
Als die Becher vor ihnen standen und sie einen tiefen Schluck genommen hatten, fasste Gabrielle sich und sagte: "Du musst sofort verschwinden, Naraja! Du hast Cäsar tödlich beleidigt, dafür wird er sich fürchterlich rächen!" Mit leuchtenden Augen sah Naraja die Bardin an: "Oh nein, Gabrielle! Das werde ich nicht tun, nicht so ohne weiteres!" Xena sagte insistierend: "Gabrielle hat recht. Dein Leben ist in Gefahr! Am besten reitest du noch heute Nacht so weit weg von hier wie möglich!" Den wahren Grund für die Eindringlichkeit ihres Rates, der schon beinahe ein Wunsch war, mochte sich die Kriegerprinzessin nicht eingestehen. Aber alles Zureden nützte nichts. Fast starrsinnig beharrte Naraja darauf, erst ihre Sachen aus Cäsars Lager zu holen und ein paar Schriftrollen zu vernichten, bevor sie dem baldigen Kaiser Roms für immer den Rücken kehrte. Es schien fast, als sei ihr die Gefahr, in der sie schwebte gleichgültig, ja als suche sie sie sogar……

X

Gaius Julius Cäsar, zukünftiger Herrscher des mächtigen Römischen Reiches, ging rastlos in seinem Zimmer in der Herberge "Zur reisenden Amazone" auf und ab. Er war außerstande, in seiner Bewegung inne zu halten, so sehr brannten Zorn und Demütigung in ihm. In seinem Kopf pochte es dumpf und vor seinem inneren Auge sah er ununterbrochen das von Ekel verzogene Gesicht seiner ehemaligen Begleiterin. In ihm wallte ein solcher Haß auf, dass er meinte ersticken zu müssen und hilflos ballte er seine kräftigen Fäuste.
Doch auf einmal wurde er ganz ruhig. Glasklar war plötzlich sein Verstand, er kannte dieses Gefühl aus Zeiten, in denen er seine strategischen Meisterleistungen bei Feldzügen vollbrachte. In solch einem Zustand arbeitete sein Gehirn mühelos und ersann Taktiken, über die er hinterher selber nur staunen konnte.
Die Fäuste des Mannes entspannten sich und er blieb regungslos mitten im Raum stehen. Eine ganze Weile stand er so da, ohne sich zu rühren. Dann trat ein gefährliches Funkeln in seine Augen. Da war sie, die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, einerseits Rache an der unverschämten Hure Naraja zu nehmen, von der er wusste, dass sie noch einmal zurück in sein Lager kommen musste um ihre Sachen zu holen und gleichzeitig Xena für immer loszuwerden, ohne sie zur Märtyrerin ihres Volkes werden zu lassen. Aber natürlich erst, nachdem er sich mit ihr vergnügt hatte. Cäsar hatte schon oft vergeblich versucht, Xena zu beseitigen, immer wieder war sie davongekommen, immer wieder hatte sie ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wäre Xena nicht gewesen hätte Griechenland längst zum Römischen Reich gehört und seinen Tribut an Gütern und Sklaven geliefert wie die anderen Provinzen auch.
Ein teuflisches Grinsen erschien auf Cäsars Gesicht, dann öffnete er vorsichtig die Tür seines Zimmers und horchte. Lautes Stimmengewirr drang aus der Schankstube nach oben, aber im Flur und auf der Treppe war alles ruhig. Lautlos schlich der Konsul Roms zum Zimmer von Gabrielle und Xena und huschte durch die unverschlossene Tür hinein. Schon nach kurzer Zeit kam er wieder heraus und ging ungesehen zurück in seinen eigenen Raum. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen entkleidete Cäsar sich, wobei er einen kleinen Gegenstand aus den Falten seines Umhangs nahm und in eine Satteltasche steckte. Dann stieg er in das große Doppelbett und fiel unmittelbar in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

XI

Die drei Frauen in der Schankstube waren inzwischen verstummt, da ihre Diskussion doch zu nichts führte. Mißmutig starrte Xena vor sich hin und dachte darüber nach, wo Naraja jetzt wohl nächtigen solle, bei Cäsar im Zimmer oder gar Bett war das ja nun nicht mehr möglich. Als hätte sie die Gedanken ihrer Freundin gelesen, sagte Gabrielle: "Xena, wo soll Naraja eigentlich schlafen? Bei Cäsar ja wohl kaum, oder? Und die Herberge ist rappelvoll. Ich schlage vor, dass sie mit bei uns im Zimmer schläft." Xena verbarg ihr Missfallen hinter einem Gähnen. Es war wirklich unglaublich: immer wenn Naraja auftauchte, gelang es ihr irgendwie, sich zwischen sie und Gabrielle zu drängen oder zumindest, ihre Zweisamkeit nachhaltig zu stören. Aber man konnte sie ja schlecht in die Nacht und den Regen hinaus schicken, das sah auch Xena ein. Trotzdem machte sie noch den lahmen Versuch eines Einwandes: "und wo soll sie schlafen? Das Bett ist schon für uns zwei zu schmal." Den Göttern sei Dank fügte Xena in Gedanken hinzu. Najara sagte: "Ich will euch wirklich keine Umstände machen….." aber Gabrielle fiel ihr ins Wort: " Wir haben doch noch unsere Felle und Decken. Vielleicht sind sie noch etwas feucht aber besser als nichts. Naraja, keine Widerrede, du schläfst mit bei uns im Zimmer!" Wenn die kleine Bardin diesen Ton anschlug, hatte es keinen Sinn, ihr zu widersprechen wie Xena genau wusste und so hielt sie ihren Mund. Die gutmütige Gabrielle hätte Naraja gerne ihren eigenen Platz im Bett angeboten und selbst mit den klammen Fellen vorlieb genommen, aber sie wusste, dass die Kriegerprinzessin nicht im Traum daran denken würde, das zuzulassen. Darum unterließ sie den Vorschlag. Naraja, für die es sowieso keine ernsthafte Alternative zu dem Zimmer der beiden Freundinnen gab und die heimlich froh darüber war, auf diese Weise wenigstens noch ein Weilchen in Gabrielles Nähe sein zu dürfen, bedankte sich bei den beiden.
Doch Gabrielle war noch nicht fertig: " Da wäre noch was. Es ist klar, dass Cäsar sich an Naraja rächen will. Darum schlage ich vor, dass sie uns begleitet, bis wir uns in sicherer Entfernung von dem Kerl befinden." Beinahe hätte Xena die Augen verdreht, das ging ihr langsam wirklich zu weit! Und es versetzte ihr erneut einen Stich, dass Gabrielle sich so um diese verrückte Frau sorgte. Najara warf einen Blick auf Xena und meinte: "Er wird mir schon nichts tun", aber ehe eine der beiden Blonden noch etwas hinzufügen konnte, beendete die dunkelhaarige Frau das Thema: "Laßt uns darüber morgen reden, ja? Ich bin hundemüde!" Und sie gähnte ausgiebig.

XII

Da es nichts mehr zu sagen gab und die Müdigkeit allmählich ihren Tribut forderte, leerten die drei Frauen nun ihre Becher und gingen hinauf in Gabrielles und Xenas Zimmer, nicht ohne dabei einen wachsamen Blick auf Cäsars verschlossene Zimmertür zu werfen.
Gabrielle stapelte die Felle neben dem Bett zu einem Nachtlager für Naraja, redlich bemüht, das trockenste herauszusuchen und obenauf zu legen. Najara beobachtete sie dabei mit einem schmerzhaften Ziehen in der Brust. Inzwischen suchte Xena nach ihrem Brustdolch, der zwar als ernsthafte Waffe nicht taugte aber hervorragend zum Durchschneiden von Fesseln geeignet war - oder als Zahnstocher und genau dafür brauchte die Kriegerin ihn jetzt. Doch sie fand das Gesuchte nicht. "Gabrielle! Wo hast du denn meinen Brustdolch versteckt?" fragte sie und Gabrielle antwortete leicht genervt: "Mensch Xena! Nie findest du deine Sachen! Ich habe deinen Brustdolch nicht angerührt. Bestimmt hast du wieder mal nicht richtig hingeguckt…!" Xena wurde rot und biß sich auf die Lippen, es war ihr sehr unangenehm, dass Naraja diesen kleinen Disput mit angehört hatte. Die sah diskret woanders hin, konnte aber eine leise Freude darüber, die große Kriegerprinzessin ausgerechnet von Gabrielle so abgekanzelt zu sehen, nicht völlig unterdrücken. Schließlich seufzte Gabrielle ergeben und tat, was sie in all den Jahren ihrer Reisen mit der großen Frau schon so oft getan hatte: sie half dieser beim Suchen…. Allein, auch das förderte den Dolch nicht zutage. "Laß uns morgen weitersuchen, ja?" sagte Gabrielle müde und Xena bohrte grummelnd mit den Fingern in den Zähnen.

XIII

Die Frauen legten sich jetzt zum Schlafen nieder: Naraja auf die Felle unter einer halbwegs trockenen Decke, das Gesicht dem Bett zugewandt und Gabrielle und Xena quetschten sich zusammen auf die schmale Matratze. Da an ein Liegen auf dem Rücken wegen der Enge nicht zu denken war, legten sich die beiden Frauen auf die Seite, Gabrielle mit dem Gesicht hin zu Naraja und Xena in gleicher Richtung dahinter.
Xena fühlte die Wärme von Gabrielles Körper an ihrer Vorderseite und diese schien auf sie über zu gehen wie ein fließender Strom. Sie rückte noch dichter an die Bardin heran um dieses Gefühl zu verstärken und dachte: "wie warm und weich sie doch ist!" Genauso intensiv fühlte Gabrielle Xena in ihrem Rücken und ihre Lippen öffneten sich leicht, als die Kriegerprinzessin besitzergreifend von hinten den Arm um sie legte und sie leicht an sich drückte. Das war bisher noch nicht allzu oft geschehen.
Najara hatte das alles genau beobachtet und wieder zog es schmerzhaft in ihrer Brust. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken und wünschte den beiden Freundinnen eine gute Nacht, nicht ohne Gabrielle dabei tief in die grünen Augen zu sehen. Gabrielle lächelte Najara voller Wärme an: "Schlaf' gut, Najara!" und Xena hinter ihr brummte mit schon geschlossenen Augen: " Nacht!" Dann blies die blonde Bardin die Kerze auf dem Nachttisch aus.

XIV

Xena und Gabrielle fielen unmittelbar in einen tiefen Schlaf, groß war ihre Erschöpfung nach der langen Reihe unruhiger Nächte in Regen, Kälte und Schlamm. Najara aber konnte keinen Schlaf finden, zu sehr beschäftigten sie die Ereignisse des vergangenen Tages, zu sehr war sie sich der Nähe Gabrielles bewusst. Angestrengt starrte sie in der Dunkelheit zum Bett hinüber, aus dem Gabrielles leise Atemzüge zu hören waren, durchmischt von Xenas lauteren, die manchmal in ein leises Schnarchen übergingen.
Da rissen nach einer Woche Dauerregen plötzlich die Wolken auf. Der fast volle Mond kam zum Vorschein und tauchte das Bett in silbernes Licht. Naraja richtete sich auf ihrem Lager auf. Gabrielles Gesicht war übergossen von Mondschein und erschien der Beobachterin wie nicht von dieser Welt. "Wie das Gesicht eines Engels" dachte Naraja und konnte den Blick nicht von der Schlafenden wenden. Dieses Bild füllte erst Najaras gesamtes Gesichtsfeld aus und dann ihr ganzes Bewusstsein. Sie nahm nichts anderes mehr wahr, nicht Xenas Arm um die Bardin, nicht ihre eigenen taub werdenden Gliedmaßen, nicht die Schmerzen in der geschwollenen Wange. Die Zeit verrann und auch das bemerkte die blonde Frau nicht. Stunde um Stunde saß sie da und schaute das Gesicht der schlafenden Gabrielle an, jede Kontur, jede Pore, jedes Härchen, jedes Fältchen brannte sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis ein.
Als der Morgen graute stieß Naraja einen tiefen Seufzer aus. Zu sich kommend streckte sie ihre steifen Glieder, dann stand sie leise auf und zog sich an. Als sie damit fertig war, beugte sie sich über das Bett mit den beiden Frauen und hauchte der immer noch tief schlafenden Gabrielle, auf deren Gesicht jetzt ein rosiger Schimmer lag, einen zarten Kuß auf die Wange. "Leb' wohl, Gabrielle!" flüsterte sie. Sie hatte nicht vor, den beiden Freundinnen auf der Reise mit ihrer Anwesenheit zur Last zu fallen…. Dann nahm die "Botin des Lichts" ihre wenigen Habseligkeiten und schritt entschlossen zur Tür. Doch bevor sie das Zimmer verließ, warf sie noch einen wehmütigen Blick zurück.

XV

Einige Zeit später erwachte Xena aus erholsamem Schlaf. Noch bevor sie ihre Augen geöffnet hatte, roch sie den vertrauten Duft von Gabrielles Haar und fühlte den warmen Körper der Bardin an ihrem. Ein wohliges Gefühl durchrieselte die Kämpferin und sie lächelte glücklich. Dann bemerkte sie ihren immer noch um Gabrielle geschlungenen Arm und erschrak beinahe über ihre Kühnheit. Nur selten hatte sie es gewagt, die Freundin vor dem Schlafen derartig zu umarmen, immer war es eine besondere Situation gewesen wenn es dazu kam, etwa weil Gabrielle über irgendetwas schrecklich traurig gewesen war. Das war gestern jedoch nicht der Fall gewesen, soweit sie sich erinnerte. Und da fielen Xena wieder alle Ereignisse des Vorabends ein, sie dachte: "Naraja!" und riß abrupt die Augen auf. Aber das Lager der "Botin des Lichts" war leer. "Aphrodite sei Dank!" dachte die Kriegerprinzessin spontan und hatte nicht die geringste Lust darüber nachzudenken, wohin die kurzhaarige Frau verschwunden war - und auch nicht dazu, Gabrielle zu wecken. Sie schmiegte sich wieder an die schlafende Gefährtin und genoß deren Nähe doppelt weil Naraja nicht mehr da war und störte. Und ihren Arm ließ sie auch dort, wo er sich befand …..

Endlich erwachte auch Gabrielle. Ihr Blick fiel auf das verlassene Nachtlager vor dem Bett und ihre ersten Worte waren: "wo ist Naraja?" Xena bekam schlechte Laune. "Wie wär's, wenn du mir erst mal guten Morgen sagen würdest" murrte sie in Gabrielles Ohr. "Tut mir leid, Xena! Guten Morgen also! Hast du gut geschlafen?" Xena brummte etwas Unverständliches und Gabrielle wiederholte sorgenvoll: "Weißt du vielleicht, wo Naraja steckt?" "Nein, keine Ahnung. Als ich aufgewacht bin, war sie schon fort." Xena nahm den Arm von Gabrielle. "Warum hast du mich dann nicht gleich geweckt? Vielleicht ist ihr was passiert!" schimpfte Gabrielle die Kriegerin und wendete sich ihr zu, so gut es eben in dem schmalen Bett ging. Xenas blaue Augen blitzten ärgerlich. "Ihr wird schon nichts passiert sein, sie kann ganz gut auf sich selber aufpassen. Außerdem wirst du sie vielleicht schon heute bei Cäsars Fest wieder sehen." "Cäsars Fest?? Was redest du da?" Gabrielle stützte sich auf einen Ellenbogen und sah Xena verständnislos an. Diese überlief es siedendheiß: bei den sich überstürzenden Ereignissen des Vorabends und nach all dem genossenen Würzwein hatte sie vollkommen vergessen, Gabrielle und auch Najara von Cäsars Einladung zu erzählen!
Das holte sie jetzt nach und schloß ihren Bericht: "ich habe die Einladung angenommen, weil es mir gestern nicht gelungen ist, herauszufinden was Cäsar in Griechenland vorhat. Auf so einem Fest gibt es sicherlich Gelegenheit, ihn oder seine Berater auszufragen." Gabrielle wiegte bedenklich den Kopf. "Und was ist, wenn er uns nicht wieder gehen lässt? Du hast schon so oft seine Pläne zunichte gemacht, dass er dich nur zu gerne loswerden würde wie du weißt. Im Lager sind wir ganz in seiner Gewalt." "Er hat uns freies Geleit zugesichert." Xena verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Aber es ist nicht so, dass ich seinem Wort trauen würde. Uns schützt die Tatsache, dass wir einer Menge Leute in Griechenland gegen Cäsars Soldaten und auch sonst beigestanden haben. Passiert uns etwas in seinem Lager in diesem Land so werden wir für die Griechen zu Märtyrerinnen und das stachelt den Widerstand an. Das weiß Cäsar genau und das kann er sich nicht leisten." Und sie fügte grinsend hinzu: "ich hatte gestern Abend den Eindruck, dass der gute Julius mit mir an alte Zeiten anknüpfen will, zumindest für eine Nacht. Was der sich so alles einbildet……" Gabrielle meinte: "wenn Cäsars Verstand durch solche Gelüste von anderen Körperregionen beherrscht wird, ist er sicher unvorsichtig und leichter auszuhorchen. Aber er ist ein gefährlicher Mann. Wir müssen vorsichtig sein!" "Das werden wir" sagte Xena und stieg bedauernd aus dem warmen Bett.

XVI

Die beiden Frauen verbrachten den Vormittag damit, ausgiebig zu frühstücken. Dann ordneten sie ihre inzwischen getrockneten Habseligkeiten und suchten zusammen, was sie auf Cäsars Fest anziehen wollten. Das Übrige packten sie wieder in die Satteltaschen.
Es hatte tatsächlich dauerhaft aufgehört zu regnen. Zwar zogen noch immer dunkle Wolken eilig über den meist grauen Himmel aber immer öfter zeigten sich blaue Löcher und dann lugte die Sonne hervor und entfaltete ihre volle Kraft. In solchen Momenten wurde es richtig behaglich im Freien. Xena setzte sich daher auch zum Schwertschleifen hinaus auf die Bank vor die Herbergstür.
Nach einiger Zeit gesellte sich Gabrielle zur Kriegerin und blinzelte in die warme Sonne. "Wenn Cäsar nicht wäre, hätten wir heute endlich mal wieder einen richtig schönen, ruhigen Tag haben können, nach dieser schrecklichen Woche. Ich könnte den ganzen Nachmittag hier auf der Bank sitzen, neben dir." Die Bardin lehnte den Kopf an Xenas Schulter. Diese hielt mit dem Schleifen ihres Schwertes inne und lehnte es aufrecht an die Bank. Dann legte sie den Arm um Gabrielle. "Glaub' mir, das täte ich auch allzu gerne! Aber wir müssen Cäsars Pläne erfahren." Und sie konnte sich nicht verkneifen, hinzuzufügen: " Vielleicht tröstet dich ja die Aussicht, eventuell Naraja auf dem Fest wieder zu sehen……" Unmittelbar bereute die Kriegerin ihre Worte und biß sich auf die Lippen. Wie dumm von ihr, diesen schönen Moment derart aufs Spiel zu setzen! Aber Gabrielle war nicht in der Stimmung, mit Xena zu streiten. "Oh du große, starke, schöne, dumme Kriegerprinzessin! Du hast es wirklich nicht nötig, auf Naraja eifersüchtig zu sein!" dachte sie. Laut seufzte sie: "Ach Xena!" und drückte ihren Kopf fester an deren Schulter. Heilfroh erwiderte die dunkelhaarige Frau den Druck mit ihrem Arm.
So saßen sie lange und schwiegen. Keine von ihnen erwähnte noch einmal Naraja, auch wenn sich beide so ihre Gedanken um die "Botin des Lichts" machten und sich fragten, wie es ihr wohl gerade erging. Aber es war ihr jetzt sowieso nicht zu helfen, warum also die schöne Stimmung zerstören?
Später gingen die beiden Frauen zu Argo in den Stall, wo sie mit freudigem Wiehern begrüßt wurden. Die Stute war gut versorgt worden und genauso ausgeruht wie ihre beiden Reiterinnen. Xena führte das Pferd nach draußen in die Sonne und striegelte sein honigfarbenes Fell, bis es glänzte. Gabrielle reinigte derweil den Sattel und das Zaumzeug mit Schwamm und Bürste. Sie konnten ja schlecht auf einem verdreckten Reittier in Cäsars Lager auftauchen.

XVII

Am späten Nachmittag machten sich die beiden Frauen, herausgeputzt aber auch bewaffnet, auf den Weg in Cäsars nicht weit entfernt liegendes Lager. Sie hatten es nicht eilig und so rupfte Argo hier und da ein Büschel Gras vom Wegrand und verzehrte es im Weitergehen. Xena ließ ihr Pferd gewähren. Doch obwohl die drei äußerlich so ruhig wirkten, waren die beiden Freundinnen innerlich angespannt. Das konnte aber nur erkennen, wer die beiden kannte, und zwar daran, dass sie schwiegen, was besonders für Gabrielle ungewöhnlich war. Bei dieser steigerte sich die anfangs vage Spannung allmählich bis hin zu einer großen Unruhe, die begleitet war von düsteren Vorahnungen. Schließlich rückte sie ihren feuerfarbenen Sari zurecht, räusperte sich und sagte: "Ich weiß nicht, Xena …… Ich hab' so ein schlechtes Vorgefühl! Vielleicht sollten wir lieber umkehren….." Die Kriegerin drehte sich halb zu ihrer Freundin um: "ist es wegen meiner Vision?" Gabrielle schüttelte den Kopf: "nein, ich glaube nicht. Jedenfalls nicht direkt….. irgendwie hat es mit Naraja zutun. Und Cäsar natürlich. Ich kann mir nicht helfen, ich habe das Gefühl, dass wir in unser Verderben reiten ……" Xena griff nach hinten und legte ihre Hand auf Gabrielles Oberschenkel: "du weißt, dass wir nicht umkehren können. Wir müssen herausfinden, was Cäsar vorhat", sie gab sich einen Ruck: " … und nachsehen, wie es Naraja geht. Aber ich verspreche dir, dass ich höllisch aufpassen werde!" Gabrielle nickte ergeben und lehnte die Stirn an Xenas Schulterblatt.

XVIII

Die Wachen am Eingang des Römerlagers waren über das Kommen Xenas und Gabrielles informiert worden und ließen sie ohne Formalitäten hinein. Überhaupt herrschte seit Cäsars Rückkehr am frühen Morgen und der Ankündigung des bevorstehenden Festes reger Betrieb. Wein und Lebensmittel waren herangeschafft worden, es wurde gekocht und gebraten. Auf dem freien Platz in der Mitte des Lagers hatten Legionäre ein großes Festzelt aufgebaut. Aufreizend gekleidete Frauen baten um Einlaß am Lagereingang und wurden unter dem Gejohle der einfachen Soldaten zu dem großen Zelt geleitet, in dem sie dann verschwanden. Die hochrangigen Untergebenen Cäsars freuten sich überaus über die willkommene Abwechslung, die das Fest ihrem eintönigen Lagerleben bot.
Gabrielle und Xena wurden zu Cäsar geführt, der die anwesenden Männer aus seinem vornehm eingerichteten Zelt schickte und die beiden Frauen dann mit übertriebener Freude begrüßte. In seinen Augen war ein lüsternes Flackern als er seinen Blick langsam über Xenas muskulösen, in ein seitlich geschlitztes schwarzes Kleid gehüllten Körper wandern ließ, ihr dann unters Kinn fasste und sagte: "Gut siehst du aus!" Die Kriegerprinzessin hob angriffslustig den Kopf, beherrschte sich aber. Gabrielles Anspannung nahm weiter zu.
Xena schob die Hand ihres Gastgebers beiläufig beiseite und fragte ihn herausfordernd: "wie geht es Naraja, Cäsar? Ich hoffe doch, dass ihr nichts zugestoßen ist?" Cäsar sah sie mit gespielter Entrüstung an: "Aber Xena! Was sollte ihr denn passieren, hier in der Obhut meines Lagers? Sie war gestern zwar entsetzlich unverschämt und müsste dafür eigentlich bestraft werden, aber es ist unter der Würde eines römischen Konsuls und Feldherren sich in irgendeiner Weise weiter mit dieser kleinen Hure abzugeben, die sich selbst großspurig "Botin des Lichts" nennt -dass ich nicht lache. Oh nein! Ich habe ihr bis heute Nacht Zeit gegeben, ihre Sachen zu packen und zu verschwinden. Und ich rate ihr, mir nie wieder unter die Augen zu kommen!" Der zukünftige Imperator hielt kurz inne, dann fügte er selbstgefällig hinzu: "ich denke, das ist Strafe genug!"
Xena machte ein zweifelndes Gesicht und Gabrielle sagte: "wo ist sie denn? Ich würd' mich gern noch richtig von ihr verabschieden, was heute m…. äh gestern nicht ging." Und sie warf Xena einen Blick zu, den Cäsar völlig missdeutete, denn er sagte anzüglich: "Aber natürlich, Gabrielle! Ich werde dich gleich zu ihr führen lassen. Inzwischen werden deine liebe Freundin hier und ich über alte Zeiten plaudern, nicht wahr, Xena?" Und er griff erneut nach der Kriegerprinzessin. Xena wich aus und sah den eingebildeten Mann von oben herab an. "Ich werde Gabrielle begleiten!" Cäsars schmieriges Grinsen verstärkte sich: "Ganz wie du willst, stolze Kriegerprinzessin. Geh' nur und paß' gut auf deine süße kleine Gabrielle auf. Nicht das Naraja sie dir noch wegnimmt!" Gabrielle wurde rot bis unter die Haarwurzeln. Xena aber ignorierte die frechen Worte, drehte sich um und marschierte von Gabrielle gefolgt aus dem Zelt. Im Eingang drehte sie sich noch einmal um und sagte: "Bis später, Cäsar. Wir sehen uns dann beim Fest." Der Feldherr gab der Wache draußen den Befehl, die beiden Frauen zum Zelt Najaras zu führen.

XIX

Najara war gerade damit beschäftigt, eine Tunika zu falten als Gabrielle und Xena ihr Zelt betraten. Drinnen herrschte ein sanftes, warmes Licht, welches alles in weiche Pastelltöne tauchte.
Najara sah sehr müde und traurig aus, dunkle Ringe umschatteten ihre grauen Augen und die Wange, auf die Cäsar sie am Vorabend geschlagen hatte, war stark geschwollen und bläulich angelaufen. Als sie aber Gabrielle hereinkommen sah, trat ein so strahlendes Lächeln auf ihr Gesicht dass es war als würde nach einer dunklen Nacht die Sonne aufgehen. "Gabrielle!" Die Angesprochene lächelte zurück und ihr Herz tat einen unbeabsichtigten Sprung während das Xenas sich wieder einmal schmerzhaft zusammen zog. Dann sagte Najara freundlich: "Hallo Xena! Schön, dich zu sehen." Xena brummte: "Hallo Najara!" Mehr brachte sie nicht heraus. "Wie geht es dir?" fragte Gabrielle die müde Frau. Najara bedachte die Bardin mit einem ihrer intensiven Blicke: "Es geht mir gut, keine Sorge. Cäsar geht mir den Göttern sei Dank aus dem Weg und hat nicht versucht, mir etwas anzutun. In ein paar Stunden werde ich das Lager verlassen." "Warum bist du heute Morgen ohne Abschied weggegangen?" fragte Gabrielle weiter und erntete dafür einen ungehaltenen Blick von Xena. Naraja lächelte angestrengt: "Ich wollte euch nicht auf eurer Reise zur Last fallen. Und ich wollte vermeiden, dass ihr euch deswegen streitet." Gabrielle sah Xena an, die jedoch plötzlich irgendetwas sehr Interessantes an der Zeltkuppel entdeckt zu haben schien.
Die drei Frauen ließen das Thema auf sich beruhen. Stattdessen erzählte Gabrielle Naraja leise vom Grund ihrer Anwesenheit im Lager, während Xena aufpasste, dass niemand sie belauschte. Dann standen sie noch eine Weile beieinander, aber keine wusste so recht, was sie sagen sollte. Gabrielle hätte gerne noch einmal vorgeschlagen, dass Naraja mit ihnen reist, traute sich aber wegen Xena nicht, es zu tun. Xena fühlte sich fehl am Platz und war eifersüchtig. Sie wartete sehnsüchtig auf den Moment, an dem sie mit Gabrielle das Zelt verlassen und Najara den Rücken kehren würde, hoffentlich für immer. Najara spürte die Spannung zwischen den beiden und ihre eigene schmerzhafte Sehnsucht nach Gabrielles Nähe quälte sie.

XX

Schließlich gab Naraja sich einen gewaltigen Ruck und sagte mit einem gezwungenen Lächeln: "ich denke, ich muß jetzt weiter packen, sonst komme ich vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr fort, selbst wenn die Sonne um diese Jahreszeit nicht mehr so früh untergeht. Ich habe noch einiges zutun. " Xena atmete hörbar auf: "Ja, natürlich. Dann wollen wir dich auch nicht länger aufhalten." Naraja senkte schnell den Blick um die Tränen die ihr plötzlich in die Augen traten zu verbergen. Gabrielle trat auf die "Botin des Lichts" zu und umarmte sie flüchtig. "Paß' auf dich auf, Naraja", sagte sie leise. Diese nahm das Gesicht der Bardin in beide Hände. Xena beobachtete die zwei blonden Frauen mit Argusaugen und mußte unwillkürlich denken, dass dieser Abschied in ihrer Abwesenheit vermutlich weitaus inniger ausgefallen wäre. Sie verfluchte sich selbst für diese Gedanken, die ihr selbst schrecklich weh und Gabrielle vermutlich Unrecht taten. Aber sie ließen sich einfach nicht beiseite schieben. Naraja sagte "Leb' wohl, Gabrielle!" und blickte diese noch einmal lange an. Dann ließ sie die Bardin mit sichtlicher Überwindung los und trat vor die etwas beiseite stehende Xena. Mit Tränen in den Augen sah sie zu der hoch gewachsenen Frau empor und sagte: "Mach's gut, Xena. Und versprich mir, dass du immer gut auf Gabrielle aufpassen und für sie sorgen wirst! Sie ist unendlich wertvoll für diese Welt!" "Darauf kannst du dich verlassen!", sagte Xena. Und plötzlich bekam die Kriegerprinzessin Mitleid mit Najara, fühlte deren hoffnungslose Liebe zu Gabrielle und bemerkte einmal mehr, dass sie doch einiges gemeinsam hatten. Sie streckte die Hand aus und berührte die Frau vor sich an der Schulter. "Mach's auch gut, Naraja. Ich wünsche dir eine gute Zeit." "Danke!" sagte Naraja überrascht und die Kriegerin wendete sich zu Gabrielle: "Komm', laß uns gehen. Cäsar wartet sicher schon." Sie legte der Freundin die Hand auf die Schulter und drängte sie sanft in Richtung Ausgang. Gabrielle wendete ein letztes Mal den Kopf. Sie sah wie Naraja dastand und ihr mit einem unbeschreiblichen Gesichtsausdruck nachsah, einer Mischung aus Liebe, Schmerz, Sehnsucht und eigenartigerweise - Erleichterung.

XXI

Als Gabrielle und Xena von ihrer allgegenwärtigen Eskorte zum großen Zelt geführt wurden, hatte das Fest dort bereits begonnen. An niedrigen Tischchen ringsum lagen Cäsar und seine Gefolgsleute in Gesellschaft von leicht bekleideten Damen und aßen, was das Zeug hielt. Es gab gebratene Zicklein vom Spieß, Spanferkel und wildes Geflügel aller Art. Eingelegte grüne und schwarze Oliven und Weinblätter mit Reis gefüllt bildeten die Beilage nebst frischem Käse und Brot. Auberginenauflauf füllte große Schüsseln und auch sonst gab es noch so manches, bei dessen Anblick und Duft einem das Wasser im Munde zusammen laufen konnte. Weintrauben, Melonen, Orangen und anderes Obst bildeten Farbtupfer, die mit fortschreitendem Abend immer kleiner wurden. Bevor sie jedoch ganz verschwinden konnten, wurde für Nachschub gesorgt. Gleiches galt für den schweren kretischen Rotwein, der in Strömen floß: nach griechischer Sitte wurde sorgsam darauf geachtet, dass bei keinem Becher jemals der Boden sichtbar wurde.
Ein diffuses, rötliches Licht erfüllte das große Zelt und die warme Luft war geschwängert vom Duft des Essens und dem Geruch bereits schwitzender Körper. Auf dem freien Platz in der Mitte bewegten sich halbnackt üppige nubische Tänzerinnen, eilig ausgeliehen aus einem einschlägigen Etablissement in der Gegend, dem im Übrigen auch die Mehrzahl der weiblichen Gäste entstammte. Eine Gruppe lustloser Musiker sorgte für die nötige Begleitung.
" Bei Dionysos!" entfuhr es Gabrielle im Eingang, als sie die Szenerie in sich aufnahm. "Das kann ja heiter werden!" Xena kratzte sich hinter dem Ohr und schürzte ihre Lippen. "Da magst du Recht haben…. Also Augen zu und durch!" Mit einem aufgesetzten Lächeln trat sie hinter ihrer Gefährtin in das Zelt und auf Cäsar zu. Der sprang mit vom Wein gerötetem Gesicht auf und nahm die beiden Frauen überschwänglich in Empfang. Dann nötigte er sie, sich in seiner Nähe an einem Tischchen nieder zu legen und winkte einen Sklaven mit nacktem Oberkörper zu ihrer Bedienung heran. Die stickigen Dünste im Zelt hatten den beiden Frauen den Appetit geraubt, aus Höflichkeit aßen sie jedoch ein wenig von den Speisen. Auch nippten sie nur sehr vorsichtig von dem servierten Wein, denn für ihr Vorhaben brauchten sie klare Köpfe. Da es kein Wasser als Alternative gab, plagte sie bald großer Durst. Cäsar legte es offenbar darauf an, seine Gäste in berauschten Zustand zu versetzen…..
Gerade deshalb fielen der alles genau beobachtenden Xena ein paar Männer auf, die etwas abseits vom allgemeinen Trubel speisten und einen sehr disziplinierten Eindruck machten. Die Uniformen spiegelten den hohen Rang ihrer Träger wieder. Es gab keine Frauen in der Nähe, auch schien man dort den Wein nur in Maßen zu genießen. Xenas Augen verengten sich, sie beugte sich zu ihrer Freundin hinüber und raunte ihr ins Ohr: "Schau' mal da drüben." Gabrielles Blick folgte dem der Kriegerin. " Die vier Herren dort verhalten sich ganz anders als die übrigen Gäste. Das hat gewiß nichts Gutes zu bedeuten!" Gabrielle nickte und sagte: "wir müssen sie im Auge behalten." Cäsar beobachtete die beiden Frauen unauffällig und als er ihre Blicke hin zu den abseits sitzenden Männern bemerkte, lächelte er zufrieden.

XXII

Im Zelt war es so laut, dass an mehr als ein paar Zurufe nicht zu denken war. Gabrielle und Xena waren dankbar dafür, denn sie hatten keine Lust auf ein Gespräch mit dem Prokonsul. Aber dem schien der Sinn sowieso nach ganz anderem zu stehen, denn nach einer Weile stand er auf und setzte sich ans Fußende von Xenas Liege. Gierig betrachtete er ihre Beine, von denen das Kleid gerutscht war, so dass man ihre makellose Form bewundern konnte. Dann legte er eine große Hand auf Xenas Knie und lächelte sie lüstern an. Die Kriegerin hatte Mühe, ihren Ekel zu unterdrücken und setzte sich eilig auf. Aber der von sich selbst überzeugte Kerl bemerkte nichts und so forderte er die Kriegerprinzessin dazu auf, mit ihm zu tanzen. Diese besann sich auf den Grund für ihre Anwesenheit auf dem Fest, biß die Zähne zusammen und willigte ein, nicht ohne Gabrielle einen verzweifelten Blick zuzuwerfen, den diese mit einer Grimasse beantwortete.
Cäsar zog Xena mit sich zur Tanzfläche. Dort angekommen schlang er seine haarigen Arme um sie und drückte sie fest an seinen kräftigen Körper. Xena würgte lautlos. Dann überwand sie sich und legte dem Konsul die Arme um den Hals. "Ha, nun werden der stolzen Kriegerin wohl die Knie weich. Kein Wunder denn welche Frau könnte einem Iulius Cäsar schon widerstehen?" triumphierte der arrogante Mann. Xena verdrehte die Augen. Um die Sache möglichst kurz zu machen kam sie gleich zum Thema: "was verschlägt denn den großen Feldherrn von Rom und sein Heer in diese abgelegene Gegend?" Aber Cäsar war nicht dumm: "Ach so, daher weht der Wind! Nun, dann will ich meiner ehemaligen Bettgenossin verraten, dass wir uns lediglich auf der Durchreise befinden. Von Mesopotamien geht's heim nach Rom!" Bei diesen Worten ließ er seine Hände Xenas Rücken hinab gleiten und schickte sich dann an, sie zu küssen. Die dunkle Frau, genauso groß wie der Kaiser, machte sich eilig los. Hinter ihrem Rücken ballte sie die Faust, am liebsten hätte sie sie dem unverschämten Kerl ins Gesicht gerammt, aber das wäre an diesem Ort einem Todesurteil gleichgekommen. Außerdem glaubte sie dem verschlagenen Mann kein Wort, es galt, auf anderem Wege herauszufinden, was er im Schilde führte.
Der weinselige Cäsar gab nicht so leicht auf, wieder versuchte er, Xena zu umarmen. Das war endgültig zuviel für die stolze Kriegerin! Sie wirbelte herum und nahm zielstrebig Kurs auf den Tisch, an dem Gabrielle immer noch lag und mit großen Augen das Geschehen verfolgte. "Komm' Gabrielle, steh' auf!" rief sie und als die Bardin sie verständnislos ansah: "dem schmierigen Kerl werden wir es zeigen! Ich weiß, wie wir ihn mir ein für alle Mal vom Hals halten können!" Die erzürnte Xena packte Gabrielle beim Handgelenk und zog sie hinter sich her auf die Tanzfläche, an deren Rand Cäsar immer noch stand und verständnislos zu ihnen hinüber glotzte. Da begriff Gabrielle, was ihre große Freundin vorhatte und es überlief sie heiß und kalt. Xena stellte sich in einigem Abstand gegenüber der Bardin auf und sah sie auffordernd an.

XXIII


Aller Augen waren nun auf die beiden Frauen gerichtet und das Stimmengewirr
verstummte. Die Nubierinnen traten beiseite und die Musiker schienen etwas zu ahnen denn sie stimmten einen langsamen Tanz voller Melancholie und unterschwelliger Erotik an.
Nun streckte Xena einen wohlgeformten Arm nach Gabrielle aus. Im Einklang mit dem langsamen Metrum der Musik bewegte die Bardin sich geschmeidig auf die wunderschöne Frau vor sich zu, die nun ihre ganze Konzentration derart fesselte, dass sie nichts anderes mehr wahrnahm. Dann berührte Gabrielles Hand Xenas Unterarm. Wie Feuer schien es diesen hinauf zu laufen und die Kriegerin innerlich in Flammen zu versetzen. Xenas Lippen öffneten sich, als ihre Freundin nun heran glitt und ihre Körper sich berührten. Die dunkelhaarige Frau hob mit ihren Fingerspitzen langsam das Kinn der blonden an und sie sahen sich innig an. Dann wanderte Xenas Blick von Gabrielles verschleierten Augen herab zu deren Mund. Der kleinen Frau stockte der Atem. Während sich ihre Körper aneinander geschmiegt weiter im Rhythmus der Musik bewegten, näherten sich Xenas halbgeöffnete Lippen allmählich denen der Bardin. Als sich ihre Münder endlich berührten, glaubten die beiden Tänzerinnen, sie müssten vergehen und vergaßen alles um sich herum.
Nach dem ersten schüchternen Kuß brach sich Bahn was beide Frauen so lange mühsam zurück gehalten hatten: ihre Münder trafen sich wieder, dieses Mal drängend und voller Leidenschaft. Sie schlangen die Arme umeinander und schienen miteinander zu verschmelzen in lang ersehnter Vereinigung. Ihre Lippen öffneten und ihre Zungen begegneten sich voll unbeschreiblicher Wonne. Die Welt schien zu versinken.

XXIV

"Göttliche Venus, das gefällt mir! Laßt mich auch mitmachen, ich nehm' euch alle beide!" Jäh zerbrach der Zauber, der die beiden Frauen in ein eigenes Universum versetzt zu haben schien. Ihre Lippen wurden auseinander gerissen und ihre Umarmung löste sich als Cäsar sich gewaltsam zwischen sie drängte und jeder einen Arm um die Schultern legte. Gabrielle versuchte ganz benommen, Cäsar abzuschütteln - und Xena verlor ausnahmsweise einmal die Fassung: "was bildest du dir eigentlich ein?" zischte sie den Störenfried an. "Weißt du eigentlich, wie widerlich ich dich finde?" Die eben noch so sinnlich weichen Lippen der Kriegerprinzessin verzogen sich voll Abscheu und Verachtung. "Du bist nicht mein Typ, das warst du nie! Ich war damals nur mit dir zusammen, weil ich Macht haben wollte!" Blanker Haß sprühte aus ihren Augen als sie mit ungeheurem Schwung Cäsars Arm von ihren Schultern fegte. Dann fiel ihr ein, dass sie ja immer noch nicht wussten, was Cäsar mit seiner Armee hier zu suchen hatte und sie fügte leise hinzu: "so, und nun feiern wir weiter, damit du vor deinen Leuten nicht das Gesicht verlierst. Aber wage es nicht, mich oder Gabrielle noch einmal anzufassen!" Dann ergriff sie die Hand der erschrockenen Freundin und kehrte mit ihr zu ihren Liegen zurück. Die Musiker spielten fieberhaft weiter.
Der baldige Kaiser Roms sah den beiden Frauen hinterher und sein Gesicht war verzerrt vor Wut. Zum zweiten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden war er öffentlich von einer Frau gedemütigt worden. Das war zuviel! Cäsar beschloß, seinen letzte Nacht geschmiedeten Plan unverzüglich in die Tat umzusetzen.

XXV

Cäsar gab den nubischen Tänzerinnen einen Wink, ihre Tänze fortzusetzen und alle Anwesenden bemühten sich eilig, den unterbrochenen Verlauf des Festes wieder aufzunehmen als wäre nichts geschehen. Während Xena und Gabrielle ihren inneren Aufruhr mit einem Becher Wein zu beschwichtigen versuchten, warf Cäsar in großer Geste seinen Umhang über die Schulter und ging zu dem Tisch, an dem jene vier Römer saßen, die nicht so recht am Rausch des Festes teilnehmen zu wollen schienen. Er war sicher, dass Xenas Blicke ihm folgten und damit hatte er natürlich vollkommen Recht.
Als ihr Befehlshaber herantrat, standen die Männer ehrerbietig auf und salutierten vor ihm. Cäsar befahl ihnen, näher zu kommen und steckte für eine ganze Weile die Köpfe mit ihnen zusammen. Xena beobachtete gebannt das Geschehen und wies auch Gabrielle darauf hin. Schließlich entließ Julius Cäsar seine vier Gesprächspartner und begab sich mit einer der anwesenden Damen, die er herbeibeordert hatte, zurück an seinen Tisch. Mit der Frau auf seinen Knien stürzte der Kaiser durstig einen Becher Wein hinunter und wartete, über dessen Rand spähend, ab, was nun passieren würde. Seinen Anweisungen folgend nahmen die Männer ihre Sachen und verließen gemeinsam das Zelt ohne besonders auf Unauffälligkeit Wert zu legen. Xena sah Gabrielle an: " ich muß hinterher und hören, was sie sprechen! Du hältst hier die Stellung bis ich wieder komme und beobachtest Cäsar." Die blonde Frau nickte. "Bitte sei vorsichtig, Xena!" sie sah der Kriegerin in die Augen und errötete leicht. Xena musste schlucken: "Klar, ich paß' schon auf. Bis gleich!" sagte sie mit rauer Stimme. Sie nahm ihr Schwert und warf einen Blick auf den Gastgeber, der ganz mit der leicht bekleideten Dame auf seinem Schoß und seinem Wein beschäftigt war und auf nichts anderes zu achten schien. Dann schlüpfte sie aus dem Zelt. Cäsar grinste in seinen Becher.

XXVI

Als Xena draußen war nahm sie einen tiefen Atemzug von der frischen, klaren Abendluft, die nach den Dünsten im Zelt ein wahres Labsal war. Die Sonne schickte sich an, unterzugehen und bemalte das Lager und die ganze Umgebung mit feurigen Farben. Doch die Kriegerin hatte jetzt keine Augen dafür. Sie orientierte sich schnell und sah gerade noch den Zipfel eines Umhangs hinter einer Zeltwand verschwinden. Vorsichtig schlich sie hinterher. Als sie um die Ecke schaute, sah sie den zuletzt gehenden Mann in ein besonders vornehmes Zelt gehen, an dem die Insignien Cäsars prangten.
Xena sah sich nach etwaigen Wachpatrouillen um, aber es war keine zu sehen. Cäsar hatte auch die einfachen Soldaten an diesem Abend vom Dienst freigestellt und ihnen ein paar Fässer Wein bringen lassen. Schließlich musste er auch sie bei Laune halten. Nur am Eingang zum Lager standen zwei Wachen und hielten mit gekreuzten Speeren Ausschau. Die Römer schienen sich sehr sicher zu fühlen.
Xena huschte hinter Cäsars Zelt und bezog dort Position. Einmal mehr verfluchte sie ihren unauffindbaren Brustdolch, der sich jetzt wunderbar dazu geeignet hätte, ein kleines Loch in die Zeltwand zu schneiden. Sie zog ihr Schwert und säbelte unbeholfen damit an dem dicken Stoff herum, wobei sie sich zu allem Überfluß auch noch in die Finger schnitt. Verdammt!
Als das Loch endlich groß genug war, spähte Xena hindurch auf die Szenerie im Inneren. Darin standen drei der Männer aus dem Festzelt und sprachen so laut, dass die Lauscherin ihre Worte problemlos verstehen konnte. Die aber dachte zuerst: "Wo, bei Ares' Bart, steckt der vierte Kerl?" wachsam sah sie sich um, konnte den Vermissten aber nirgends entdecken. Xena zuckte die Schultern, horchte aber im Folgenden mit einem Ohr scharf auf die Umgebung des kaiserlichen Zelts.
Die drei Römer beugten sich nun über einen reich geschnitzten Tisch aus dunklem Holz, auf dem ausgerollt eine Landkarte lag. Trotz der Erlesenheit der Einrichtungsgegenstände war das Zelt des römischen Feldherren spartanisch eingerichtet. Außer dem Tisch und einem Feldbett enthielt es lediglich ein paar Hocker, einen Ständer für Schriftrollen und eine Ablage, auf der ein Krug mit Wein und ein Becher sowie eine Schale mit Trauben standen.
"Zurzeit befinden wir uns hier." Der älteste der Männer, schon ergraut, wies mit dem Finger auf einen Punkt auf der Karte. "mein Vorschlag wäre, dass wir bis zu diesem Ort über Land ziehen und uns dort nach Rom einschiffen." Sein Finger wanderte zu beschriebener Stelle. "Das ist eine gute Idee", meinte ein kleiner, drahtiger Römer mit scharfen schwarzen Äuglein. "Allerdings bin ich nicht sicher, dass dort genug Galeeren im Hafen liegen, um das ganze Heer aufzunehmen." "Wir könnten eine Brieftaube nach Rom schicken um noch ein paar Galeeren anzufordern", sagte der dritte Mann, dessen Gesicht von einer hässlichen Narbe entstellt war. "Da wir keine Eile haben, schont Cäsar die Kräfte der Soldaten und so kommen wir sowieso nur langsam voran. Außerdem wiegen die Schätze von unserem letzten Feldzug ziemlich schwer, die Ochsen haben kräftig daran zu ziehen."
Die Römer besprachen weitere Einzelheiten ihrer Reise aber Xena konnte kaum glauben, dass Cäsar und seine Legionen sich tatsächlich lediglich zur Durchreise in ihrem Heimatland befanden. In der Hoffnung, doch noch Wichtiges zu erfahren, verharrte sie an ihrem Platz bis die Männer ihr Gespräch beendeten und das Zelt verließen. Sie hatten wirklich nur die Reise geplant und nun kehrten sie zurück auf das Fest um endlich auch am allgemeinen Rausch teilzunehmen.
Die Kriegerprinzessin hätte gerne Erleichterung darüber verspürt, dass der Grund für Cäsars Aufenthalt in Griechenland offensichtlich so harmloser Natur war, aber es wollte ihr nicht recht gelingen. Beunruhigt fragte sie sich, warum der Konsul seine Gefolgsleute ausgerechnet während des begehrten Festes fortgeschickt hatte, nur um so unwichtige Dinge wie eine Reiseroute zu besprechen. Das hätte doch wohl wirklich bis zum nächsten Morgen Zeit gehabt! Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Xena schüttelte den Kopf und dachte: "die spinnen, die Römer!" Dann folgte sie den Männern in sicherem Abstand zurück zum Festzelt.

XXVII

Inzwischen war das Fest immer mehr in Schwung gekommen. Gesättigt und alkoholisiert wendeten sich die Gäste nun den Frauen zu. Gabrielle lag immer noch auf ihrer Liege und fühlte sich zunehmend unwohl in ihrer Haut. Sie versuchte, das Gefühl von Xenas Lippen auf ihrem Mund zurück zu holen, was ihr aber wegen des Treibens um sie herum nicht gelingen wollte. Außerdem musste sie ja Cäsar beobachten was ihr unangenehm war, weil er sich immer intimer mit seiner Gespielin beschäftigte. Die Bardin wünschte sich nichts sehnlicher als die Rückkehr ihrer großen Freundin und mit ihr hinaus zu reiten in die stille, klare Nacht…..
Plötzlich löste Cäsar sich vom Objekt seiner momentanen Begierde und kam zu Gabrielle herüber. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht als er mit schwerer Zunge so laut, dass die Leute in der Nähe es hören konnten, fragte:" Na, meine Kleine? Wohin ist denn deine starke Freundin verschwunden?" Gabrielle überlegte fieberhaft. "Ähm ….. Xena musste mal dringend auf die Latrine" sagte sie in ihrer Not. Cäsar grinste unverschämt, dann meinte er, genauso laut wie vorher: " ja dann ist es ja kein Wunder, dass sie so lange fortbleibt. Die Latrinen liegen am Ende des Lagers. Und wer kann schon wissen, was für Auswirkungen das gute Essen auf Xenas sicher zartes Verdauungssystem hat." Der Konsul lachte schallend über seinen eigenen Witz, kehrte zu seiner Liege zurück und widmete sich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung. Gabrielles grüne Augen blitzten zornig. "Was für ein Idiot!" schimpfte sie vor sich hin.

XXVIII

Endlich kamen die vier Männer zurück ins Festzelt und Gabrielle wusste, dass nun auch Xena nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Ihr Herzschlag beschleunigte sich erheblich, als die Kriegerin kurz darauf das Zelt betrat und auf sie zukam.
Xena nahm das Schwert von ihrer Schulter und ließ sich auf die Liege fallen. Nach einem Schluck aus ihrem Becher und einem Blick hinüber zu Cäsar, der jetzt in den Armen der Frau lag, berichtete sie Gabrielle knapp und unauffällig von ihrer Erkundung. Dann fiel ihr Blick auf die kurz zuvor zurückgekehrten Männer und sie machte große Augen. "Bei Medusas Schlangenhaupt!" entfuhr es ihr. "Wo kommt denn plötzlich der vierte Kerl her? Ist der etwa die ganze Zeit hier gewesen?" Gabrielle sah die Freundin erstaunt an: "Nein, wieso? Es waren doch vier Männer, die das Zelt verlassen haben. Und sie sind auch alle vier gemeinsam zurückgekommen." Xenas ungutes Gefühl verstärkte sich. "Dann müssen sie sich kurz vor dem Hineingehen vor dem Eingang wieder getroffen haben. In Cäsars Zelt waren nur drei Männer. Aber wo hat der vierte Mann die ganze Zeit gesteckt?" Gabrielle fiel auch nichts dazu ein. "Das alles gefällt mir nicht! Diese unwichtige Beratung ausgerechnet während das Fest in vollem Gange ist, das Verschwinden des vierten Mannes….." meinte Xena und rutschte unbehaglich auf ihrer Liege herum. Gabrielle sah sie ängstlich an: "Mir hat das alles hier von Anfang an nicht gefallen! Komm' Xena, laß' uns endlich verschwinden. Mehr kriegst du heute sowieso nicht ‚raus." Xena nickte zustimmend und richtete sich auf.
Da ertönte ein lauter Ruf von draußen: "Mord, Mord!" Im Festzelt brach ein Tumult aus als die anwesenden Männer aufsprangen und nach ihren Waffen griffen. Die Frauen kreischten und flüchteten Richtung Eingang während die Musiker verzweifelt versuchten, ihre Instrumente davor zu bewahren, zerdrückt oder zertreten zu werden. Die nubischen Tänzerinnen drängten sich an der hinteren Zeltwand zusammen. Xena und Gabrielle saßen wie erstarrt auf ihren Liegen. Xena dachte: "wußte ich doch, dass hier irgendwas nicht stimmt!" und Gabrielle, die sich an ihre düsteren Vorahnungen erinnerte: "jetzt nimmt das Unheil seinen Lauf!"
Da stand der plötzlich völlig nüchtern wirkende Feldherr von Rom auf, hob die Hand und rief mit donnernder Stimme: "Ruhe! Keiner verlässt das Zelt!" Er befahl einigen seiner Leute den Eingang zu sichern und dafür zu sorgen, dass die Anwesenden sich ruhig verhielten. Dann winkte er Xena, Gabrielle und den sechs ranghöchsten Soldaten ihm nach draußen zu folgen.

XXIX

Aufgeregt lief ein einzelner Soldat vor dem Zelt auf und ab. Er hatte den Mord entdeckt und Alarm geschlagen. Als er seinen Befehlshaber erblickte, fiel er auf die Knie und rief außer sich: "Mein Herr! Ein Mord! Es ist schrecklich!" Cäsar sah auf den armen Kerl hinab und sagte verächtlich: "komm' schon, Mann! Reiß' dich zusammen und bring' uns zum Ort der Tat!" "Natürlich, mein Feldherr!" der Legionär sprang auf und führte sie durch das inzwischen dämmrige Lager. Gabrielle blieb fast das Herz stehen als sie begriff, wohin der Mann die Gruppe brachte. Und auch auf Xenas Gesicht erschien ein entsetzter Ausdruck. Der Soldat führte sie direkt zu Najaras Zelt…..

XXX

Cäsar schlug den Eingang zu Najaras Quartier zurück und alle traten ein. Die einzige rußende Fackel im Zelt war fast heruntergebrannt und spendete nur noch wenig Licht. Trotzdem konnte man Najaras Körper deutlich in der Mitte am Boden liegen sehen, völlig reglos und still. Gabrielle stiegen heiße Tränen in die Augen.
"Macht Licht!" befahl Cäsar mit unbewegter Stimme und eilig wurden weitere Fackeln entzündet, bis der ganze Raum hell erleuchtet war. Ehe jemand sie aufhalten konnte stürzte Gabrielle vor, fiel neben der Leiche auf die Knie und flüsterte mit erstickter Stimme: " Oh Naraja!" Tränen liefen ihr übers Gesicht als sie das Haupt der Toten in die Arme nahm und ihr Haar streichelte. Najaras Augen waren geschlossen und das Blau der geschwollenen Wange stach brutal von der wächsernen Blässe der übrigen Haut ab. Im Kontrast dazu aber lag ein unendlich friedlicher Ausdruck auf dem geschundenen Gesicht und ein Lächeln auf den leicht geöffneten Lippen erweckte den Eindruck als wäre die "Botin des Lichts" endlich erlöst von all ihrem Leid. In der Herzgegend der Toten klaffte ein kleines, blutiges Loch. Naraja war erstochen worden.
Die Bardin beugte sich vor und drückte der Toten einen innigen Kuß auf die Stirn, dann ließ sie deren Kopf behutsam zurück auf den festgestampften Lehm des Zeltbodens sinken. Reglos stand Xena da. Sie sah auf Najaras Körper und die weinende Gabrielle herab und ihre quälende Eifersucht war verschwunden. Sie fühlte nur noch Bedauern über das scheinbar vergeudete Leben dieser Frau, die so talentiert und besonders gewesen war aber leider so schrecklich fehlgeleitet.

XXXI

Cäsar trat vor, packte Gabrielle am Arm und zog sie von der Leiche fort. "Was fällt dir ein? Du vernichtest ja alle Spuren! - Oder sollte genau das vielleicht deine Absicht sein?" Verständnislos sah Gabrielle den Sprecher an. Xena aber begriff sofort und ihre Augen weiteten sich in plötzlicher Erkenntnis. Dieser Schuft von einem Römer! Sie wollte die Muskeln anspannen um sich zur Verteidigung bereit zu machen, aber da war es schon zu spät! Im Nu hatten Cäsars Männer, allesamt erfahrene Kämpfer, auf sein Zeichen hin die Kriegerin in dicke, eiserne Fesseln gelegt, die selbst die außergewöhnlich starke Frau nicht sprengen konnte. Xena knirschte hilflos mit den Zähnen. Gabrielle erschrak: "Cäsar, was soll das?" rief sie, doch der ging gar nicht auf die Bardin ein. Mit lauter Stimme verkündete er: "Im Namen des Volkes von Rom verhafte ich Xena die Kriegerprinzessin wegen des dringenden Verdachts, Naraja, die "Botin des Lichts" ermordet zu haben. Bis zur Verhandlung verbleibt sie in Gewahrsam bei der römischen Armee!" "Nein!" schrie Gabrielle. "Das darfst du nicht! Du hast nicht das geringste Indiz für deinen Verdacht!" Cäsar warf der Sprecherin einen unergründlichen Blick zu. "So?" Dann bückte er sich und hob vor aller Augen einen Gegenstand auf, der halb unter der Leiche verborgen gelegen hatte. "Und was ist das hier? Das gehört doch wohl Xena?" Zu Gabrielles äußerstem Entsetzen hob Cäsar Xenas vermissten Brustdolch empor. Die kleine Waffe war bis zum Heft mit Blut verschmiert. Xenas Kinnlade klappte herunter. Cäsar lächelte grimmig. "Damit gibt es wohl Grund genug, Xena zu verhaften. Du, Gabrielle, bist eine wichtige Zeugin. Da Gefahr besteht, daß du deine Aussagen mit Xena abstimmst, darfst du bis zum Verhandlungstag nicht mit ihr sprechen. Du hast unverzüglich das Lager zu verlassen und in der Herberge darauf zu warten, dass man dich als Zeugin zur Verhandlung ruft." Gabrielle wollte protestieren aber Xena warf ihr einen flehenden Blick zu und sagte: "geh' ruhig, Gabrielle. Da ich unschuldig bin brauchen wir nichts zu befürchten. Ich werde gewiß bald wieder frei sein." Der Bardin war klar, dass Xena versuchte, sie mit diesen Worten zu beruhigen und dass die Kriegerin sie aus dem Weg haben wollte, weil sie um ihre Sicherheit besorgt war. Und so hielt sie ihren Mund.
"Abführen!" befahl Cäsar "Die Gerichtsverhandlung ist morgen Abend!" Die sechs Soldaten nahmen die Kriegerin in ihre Mitte. Der Feldherr kannte die Kraft und Gewandtheit der Kriegerin und ging kein Risiko ein. Erschüttert sah Gabrielle ihrer Gefährtin nach. Bevor sie aus dem Zelt geführt wurde, drehte Xena sich noch einmal zu ihrer Freundin um und nickte ihr liebevoll zu. Wieder füllten sich die Augen der Zurückbleibenden mit Tränen.
Als Xena fort war, drehte Gabrielle sich zu Cäsar um und wollte doch noch ihrem Zorn Luft machen. Aber dazu ließ der es gar nicht kommen. Er winkte den Soldaten, der sie zu Narajas Zelt geführt und die ganze Zeit still etwas abseits gestanden hatte heran und sagte: "Geh' mit dieser Frau zu ihrem Pferd und führe sie unverzüglich aus dem Lager. Du haftest mit deinem Kopf dafür, dass sie es ohne Umschweife verlässt." Der Soldat salutierte gehorsam und griff nach Gabrielles Arm. Wütend schüttelte die Bardin seine Hand ab und marschierte wortlos mit ihm aus dem Zelt, jedoch nicht ohne den Konsul noch mit einem vernichtenden Blick bedacht zu haben. Aber Cäsar war nicht im Geringsten davon beeindruckt. Alleine zurückbleibend sah er ein Weilchen zufrieden auf Narajas leblosen Körper hinunter. "So ergeht es einem wenn man es wagt, den zukünftigen Kaiser des Römischen Reiches zu beleidigen! Das wird die verdammte Xena auch noch erfahren!" Dann steckte er den Kopf aus dem Zelt und rief nach den Wachen, damit sie die Leiche entfernten.

XXXII


Argo wieherte empört und legte die Ohren an als Gabrielle sich auf ihren Rücken schwang und sie aus dem Lager lenkte. Nur widerwillig ging die Stute mit steifen Beinen vorwärts. Sie erinnerte sich ganz genau daran, dass sie Gabrielle und Xena hierher getragen hatte und sah nicht ein, ohne ihre Herrin fort zu gehen. Es war in der Vergangenheit zwar schon vorgekommen, dass die Blonde alleine auf ihr geritten war aber dann hatte Xena sich meistens auch von ihrem braven Pferd verabschiedet. Nein, Argo war gar nicht einverstanden mit der Entwicklung der Dinge und das zeigte sie deutlich!
"Ach komm' schon, Argo!" sagte Gabrielle und fügte mit schwankender Stimme hinzu: "es tut mir leid! Ich wollte doch auch so sehr, dass Xena bei uns wäre! Du hast ja keine Ahnung……" Sie schluckte. " Xena wird sicher bald wieder bei uns sein und dann reiten wir auf dir zusammen in den Sonnenuntergang!" versuchte die Bardin sich selbst und das Pferd zu trösten. Aber die Stute ließ betrübt ihren Kopf hängen.

XXXIII

In der Herberge "Zur reisenden Amazone" angekommen ging die Bardin, nachdem sie ihr Reittier versorgt hatte, mit einem kurzen Gruß an dem verwunderten Wirt vorbei direkt auf ihr Zimmer. Sie hatte nur noch das Bedürfnis, alleine zu sein. Gierig trank sie aus dem Krug mit abgestandenem Wasser, der noch vom Morgen her auf der Anrichte stand.
Dann warf sie sich auf das verwaiste Bett und vergrub den Kopf in den Kissen. Sofort füllte Xenas vertrauter Geruch ihre Nase und Gabrielle fing hemmungslos an zu schluchzen. Die ganze Anspannung des Tages machte sich bemerkbar und in ihr tobte ein wahrer Sturm an Gefühlen: der Zorn auf Cäsar, die Trauer um Naraja, die Sehnsucht nach und die Angst um Xena. Gleichzeitig stieg die Erinnerung an ihren Tanz mit der Freundin übermächtig in ihr empor, an ihren Kuß, ihre Leidenschaft …… Es dauerte lange, bis Gabrielle sich mit Xenas Kopfkissen im Arm in den Schlaf geweint hatte.

XXXIV

Xena saß angebunden am dicken Mittelpfeiler des schwer bewachten Gefängniszeltes. Ihre Hände und Füße steckten in massiven Schellen, deren Schlösser zu knacken wohl selbst dem König der Diebe, Autolycus, schwer gefallen wäre. Rings um das Zelt standen bis an die Zähne bewaffnete Legionäre und alle Viertelstunde sah einer zu ihr herein um festzustellen, ob sie noch da und richtig gefesselt war.
Xena seufzte. Dieses Mal saß sie richtig in der Patsche! Sie sah keine Möglichkeit, zu entkommen und wusste, dass sie wegen ihres bei der Leiche aufgefundenen Brustdolchs schlechte Karten hatte. Sie bereute, nicht vorsichtiger gewesen zu sein, eigentlich kannte sie die Verschlagenheit Cäsars doch viel zu gut als daß sie ihm wie ein Schaf in die Falle hätte laufen dürfen.
Die Kriegerin zermarterte sich das Hirn auf der Suche nach einem Ausweg. Auf Gabrielle wollte sie nicht hoffen, Cäsar würde schrecklich aufpassen und Xena hatte Angst, dass die Freundin etwas Unbedachtes tat und sich in Gefahr begab um ihr zu helfen. Gabrielle! Siedendheiß fiel der gefangenen Frau ihre Vision von ihrer beider Tod an römischen Kreuzen ein. Sie schienen auf dem besten Weg dorthin zu sein! Verzweifelt zerrte Xena an ihren Fesseln und wand sich hin und her um sich zu befreien. Vergeblich. Das einzige, was sie mit ihren Bemühungen erreichte waren aufgeschürfte Hand- und Fußgelenke, die Schellen wurden glitschig von ihrem Blut.
Erschöpft gab die stolze Kriegerin auf, ihr Kopf sank matt zur Seite. Mit halb geschlossenen Augen saß sie in einer Art Dämmerzustand da und Bilder stiegen aus ihrem Inneren empor. Sie sah Gabrielles liebes Gesicht mit den freundlichen Augen und dem weichen Mund. Sie hörte die warme Stimme der Freundin, die so manches Mal zu ihr gesagt hatte: "ich liebe dich, Xena!" Ein Schauer lief über die Haut der Gefesselten. Dann fühlte sie wieder Gabrielles nachgiebige Lippen auf den ihren und die liebkosende Zunge in ihrem Mund. Und auch den Druck des kleinen, festen Körpers an dem ihren. Ein sehnsuchtsvolles Stöhnen drang dumpf aus Xenas Kehle.

XXXV

Am nächsten Morgen erwachte Gabrielle nach unruhigem Schlaf mit bohrenden Kopfschmerzen. Ohne Vorwarnung brach die Erinnerung an die gestrigen Ereignisse über sie herein und wieder sah sie sich in den Turbulenzen ihrer vielfältigen Gefühle gefangen. Am Ende blieb jedoch eines, das übermächtig war, übrig: die ungeheure Angst um Xena! Diese trieb die Bardin eilig aus dem Bett und in ihre Kleider.
Gabrielle sah entsetzt in den Spiegel. Sie sah schrecklich aus mit ihren wirren Haaren und den rot geweinten, dunkel umränderten Augen. Aber dann fiel ihr Blick auf das Spiegelbild ihres geschwungenen Mundes. Sie strich mit den Fingern über ihre Lippen und stellte sich für einen kurzen Moment vor, wie diese sich wohl für Xena angefühlt haben mochten. Die Bardin bekam eine Gänsehaut.
Obwohl Gabrielle nicht den geringsten Appetit hatte - was für sie eigentlich ungewöhnlich, den Umständen entsprechend wohl aber verständlich war - ging sie hinunter in die Schankstube und bestellte beim Wirt ein Frühstück. Sie würde Xena wohl kaum nützen können, wenn sie nicht bei Kräften war. Der Wirt sah den Zustand seines Gastes und mühte sich redlich, ein leckeres Mahl für die so offensichtlich mitgenommene Frau zuzubereiten. Dann sah er zu, wie Gabrielle lustlos auf ihrem Teller herumstocherte und sich zum Essen zwang.
Schließlich wagte er die Frage zu stellen, die ihn beschäftigte seit die blonde Frau am vergangenen Abend alleine in die Herberge zurückgekehrt war: "darf ich fragen wo sich die Kriegerprinzessin befindet?" Gabrielle hob ihre geschwollenen Augen zu dem Mann empor. Eine Weile forschte sie in seinem breiten Gesicht, konnte darin aber nichts als Sorge und Anteilnahme entdecken. Und da flackerte ein winziges Fünkchen Hoffnung in ihrer Seele auf. Sie erzählte dem Wirt in knappen Worten von den Ereignissen im Römerlager - wobei sie allerdings die Episode über Cäsars Aufdringlichkeit und ihren Tanz mit der Kriegerprinzessin ausließ.
Am Ende war der Wirt bestürzt über Narajas Tod und Cäsars Heimtücke. Dem Griechen erschien es als sonnenklar dass Gabrielle die Wahrheit sprach und Xena unschuldig war. Die Bardin sagte: "Cäsar will nun auch Xena verderben! Er wird ihr in der Gerichtsverhandlung heute Abend den Mord an Naraja anhängen und sie dann hinrichten lassen!" Auf einmal hatte Gabrielle das Gefühl als würde der Boden unter ihr weggezogen: jetzt fiel auch ihr die Vision ein, die Xena schon so lange plagte und auch sie sah, wie nahe sie deren Erfüllung waren. Betäubt fasste sie sich an die Stirn. Dann nahm sie sich zusammen und fuhr fort: "Wir müssen so viele Griechen wie möglich dazu bringen, heute Abend zu der Verhandlung zu gehen. Cäsar wird nicht wagen, offen ein ungerechtes Urteil zu sprechen wenn so viele von Xenas Landsleuten anwesend sind. Ein bisschen Hoffnung setzte ich auch auf die Geschworenen. Cäsar muß dafür Griechen nehmen, da es ein Zivilgericht ist, dessen Urteil nicht von Soldaten gesprochen werden darf. Hier in dieser abgelegenen Gegend dürfte es wohl kaum römische Bürger geben, oder?" Der Wirt verneinte und sein besorgtes Gesicht hellte sich auf. Gabrielle nahm ihr Frühstück jetzt etwas beherzter in Angriff.

XXXVI

Etwas später ging die Bardin zur Tür um sich draußen einen Kampfstock zu schneiden. Sie hatte sich zwar zu einem Leben in Gewaltlosigkeit entschlossen aber die besonderen Umstände der Situation ließen es ihr ratsam erscheinen, da einmal eine Ausnahme zu machen. Sie kam jedoch nicht weit. Kaum hatte sie ihre Nase zur Tür herausgestreckt, da kreuzten sich zwei Lanzen davor und eine barsche Stimme sagte: "Halt!" Draußen standen zwei Legionäre und verweigerten ihr das Verlassen der Herberge. "Im Namen Cäsars ist es dir verboten, dieses Haus zu verlassen bis wir dich zur Verhandlung im Mordfall Naraja begleiten werden." Der Sprecher war groß und kräftig und sah auch gar nicht dumm aus, wie Gabrielle bedauernd feststellte. Der war nicht so leicht auszutricksen! Ein Blick in die nähere Umgebung zeigte dann allerdings auch, dass sie selbst dann keine Chance gehabt hätte das Haus zu verlassen: an jeder Tür und unter jedem Fenster des Gebäudes standen zwei wachsame Legionäre, selbst der Stall wurde bewacht. Mit einem ärgerlichen Schnaufen zog die Bardin sich in die Herberge zurück.
Dem Wirt aber konnten die Römer das Verlassen seines Hauses nicht verbieten und so mobilisierte er nicht nur seine Nachbarn, am Abend zahlreich zur Verhandlung ins Römerlager zu kommen, sondern schnitt auch einen kräftigen Stock für Gabrielle, den diese dann drinnen für ihre Zwecke weiter bearbeitete.

XXXVII

Auch Xena hatte keine gute Nacht gehabt was nicht weiter verwunderlich war wenn man an ihre unbequeme Position am Mittelpfeiler des Gefängniszeltes dachte. Aber die Kriegerprinzessin war an Unbequemlichkeit und körperliche Schmerzen gewohnt.
Nicht gewohnt war sie jedoch an das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, welches sie ergriffen hatte und nicht mehr losließ. Immer noch sah sie keinen Ausweg aus ihrer bedenklichen Lage und die Vision tat ein Übriges, ihre Willenskraft zu lähmen. Die starke Kriegerin war inzwischen beinahe überzeugt davon, dass ihr Ende nahte. Endgültig verzweifeln ließ sie aber die schreckliche Angst um das Leben Gabrielles denn ihr war klar, dass diese nicht tatenlos zusehen würde wie man ihre Gefährtin zum Tode verurteilte. Xena fühlte sich schuldig, die friedliche Bardin vielleicht zu einem grausamen Tod geführt zu haben. Narajas Prophezeiung, dass sie, Xena, Gabrielle wehtun und schaden und womöglich ihren Untergang herbeiführen würde quälte die Kriegerin unendlich. Sie liebte ihre kleine Freundin doch von ganzem Herzen! Und sie wünschte sich gerade jetzt nichts sehnlicher als weiter zu leben, an der Seite von Gabrielle. Sie zu umarmen und zu küssen, wieder und wieder und immer wieder….. Xena konnte sich nicht daran erinnern, sich je zuvor so schwach gefühlt zu haben…..

XXXVIII

Der Tag verging schleichend und Gabrielle war heilfroh, als die wachhabenden Legionäre endlich an die Herbergstür klopften um sie zur Gerichtsverhandlung abzuholen. Sie nahm ihren Stock und ritt eskortiert von zwanzig Soldaten auf einer sehr nervösen Argo zurück zum Lager.
Der Prokonsul Roms hatte nicht mit solch einem Publikumsansturm gerechnet. Da er nicht im Traum daran dachte, einen solchen Haufen Griechen in sein Lager zu lassen, ließ er auf dem Platz davor eilig hölzerne Gerüste für das Gericht und die Geschworenen aufbauen. Für die Angeklagte ließ er einen eisernen Käfig auf die Tribüne schaffen, die Zuschauer würden auf der inzwischen von der Sonne getrockneten Erde sitzen müssen. Bis zum Abend füllte sich der Gerichtsplatz immer mehr mit Zuschauern. Blauer Himmel und strahlende Sonne versprachen angenehme Temperaturen bei der abendlichen Verhandlung.
Als Gabrielle mit ihrer Eskorte am Gerichtsort ankam, wurde sie von einem hochrangigen Offizier in Empfang genommen, der sie zu ihrem Sitz auf der Tribüne führte. Als sie Platz nahm setzte er sich neben sie: selbst jetzt ließ Julius Cäsar sie nicht aus den Augen. Auch die Geschworenen, bestehend aus einem griechischen Ältestenrat, waren schon an ihrem Platz.
Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge: an Händen und Füßen gefesselt und schwer bewacht wurde Xena auf die Tribüne geführt. Gabrielle zog scharf den Atem ein als sie ihre Freundin sah: so schwach und mutlos hatte sie die große Kriegerin in all den Jahren ihrer gemeinsamen Reisen und Abenteuer noch nie gesehen! Xena hielt den Kopf gesenkt und ihre Schritte waren ohne jeglichen Schwung. Es schien als hätte sie bereits mit dem Leben abgeschlossen. Gabrielle war fassungslos!
Die Kriegerprinzessin ließ sich widerstandslos in den eisernen Käfig sperren. Erst dann hob sie den Kopf und suchte mit ihrem Blick zwischen den Menschen auf der Tribüne nach Gabrielle. Die Bardin, die ihre Freundin keinen Moment lang aus den Augen gelassen hatte, hob eine Hand und winkte ihr sehnsüchtig zu. Xena sah es und hob ihrerseits in einer müden Geste den Arm zum Gruß. Gabrielle hatte das Gefühl als müsse ihr Herz vor Schmerz und Mitleid zerspringen.
Dann betrat der zukünftige Kaiser Roms das Gerüst und ließ sich mit einem herrischen Blick in die Runde auf dem etwas erhöht stehenden Richterstuhl nieder. Die Verhandlung über den Mord an Najara begann.

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